Dienstag, 21. Februar 2023

Von der "F r ü h l i n g s n a c h t ..." meines Alters :

 

 T o p  # 4

Von der Frühlingsnacht meines A l t e r s

>> „ … ach, des Lebens“

Der schönste, deutsche Roman-Anfang? Welchen würdest du auswählen?

Nur den ersten Satz bitte – sich erinnern, raussuchen; den Schmelz des Anfangs beschreiben…?

Da konnte man in einem vormalen Wettbewerb der „Stiftung Lesen“ mitmachen:


http://www.der-schoenste-erste-satz.de/1_derwettbewerb.php


.. welchen Satz ich einsenden werde?

Ich weiß es noch nicht: von Jean Paul oder von Siegfried von Vegesack oder Klaus Nonnenmann… - oder von Heinrich Böll??


Also: SvV: Ein poetischer Wunsch von Jean Paul:

Die kleine Frühlingsnacht des Lebens verfließe dir ruhig und hell - der überirdische Verhüllte schenke dir darin einige Sternbilder über dir - Nachtviolen unter dir - einige Nachtgedanken in dir - und nicht mehr Gewölk, als zu einem schönen Abendrot vonnöten ist, und nicht mehr Regen als etwa ein Regenbogen im Mondschein braucht!"


Ja, in dieser Zeichensetzung und Bedeutung: e i n Satz- ist es der erste Satz eines Romans, innerhalb eines anderen Romans: des ersten Bandes der „Baltischen Tragödie“ (1933- 1935) von Siegfried von Vegesack. (

(„Blumbergshof. Geschichte einer Kindheit“. Berlin 1932. S. 7)


Es gehe dir nie anders als wohl, und die kleine Frühlingsnacht des Lebens verfließe dir ruhig und hell. Der überirdische Verhüllte schenke dir darin einige Sternbilder über dir - Nachtviolen unter dir - einige Nachtgedanken in dir - und nicht mehr Gewölk, als zu einem schönen Abendrot vonnöten ist, und nicht mehr Regen als etwa ein Regenbogen im Mondschein braucht!"

So das Original; es ist natürlich von Jean Paul, im Roman „Leben des Quintus Fixlein. - Abschluß der Vorrede (geschrieben 22.08.1796. Aus: Jean Paul: Werke in zwölf Bänden. Bd. 7. München 1975: Hanser Verlag. S. 42.)


Aber als Zitat steht diese Rede „von der Frühlingsnacht des Lebens“ als Leitmotto zu lesen, als erster Satz des ersten Bandes der „Baltischen Tragödie“ von Siegfried von Vegesack; also in „Blumbergshof. Geschichte einer Kindheit“ (Berlin 1933: Universitas. Deutsche Verlags-Aktiengesellschaft. S. 7).


Dieser Band, zunächst unabhängig von späteren, ersten Teil der Trilogie, schildert auf der einen Seite das Herrenhaus derer von Blumbergshof - und die »Herren«, eingeschlossen die »Jungherren«, zu denen Siegfried von Vegesack selbst gehörte, samt der weitläufigen Verwandtschaft; und auf der anderen die „Instleute“, das »Gesinde«, die abhängigen Menschen, die Mägde, Knechte und deren Kinder...; sie gehorchten, und kriegten ärmliches Geld. >Geld spielt übrigens dort keine Rolle; man [nicht einmal die Herrschaftsdamen] hat es ...>


Der »Großherr«, der Vater, regiert seinen Hof wie ein Fürst: »Einmal hatte Aurel gesehen, wie zwei uralte Bäuerchen vor dem Vater auf der Veranda in die Knie gefallen, auf den Knien bis zu ihm gerutscht waren und kniend seine Hand küßten. Der Vater war wirklich fast wie der liebe Gott und auch wie Gott oft lange unsichtbar.«

„Aurel“ – war Siegfried selber. Er wurde Dichter, Demokrat, ging ins „Ausland“, also ins Deutsche Reich – und widersetzte sich auch der Hitlerei, ging noch weiter Ins Ausland – nach Chile – oder auch in die Ukraine – ging ein in die deutsche Literaturgeschichte – und wurde vergessen…


Deshalb erinnere ich nicht nur an Jean Paul – sondern auch von Siegfried von Vegesacks Lebensleistung, die vergessen wurde, weil sie nur partiell, von den ehemaligen Balten-Deutschen erinnert blieb.


... in der „Frühlingsnacht meines Alters“ ... lese ich jahrfürjahr diese Tragödie ...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen