Donnerstag, 1. Juni 2023

Zu Ehren von Gudrun Pausewang, einer europäischen Erzählerin


M e i n  

u k r a i n i s c h e s    T a g e b u c h  I I


Aus: Gudrun Pausewang: Wiedersehen mit Anna. 1997. S. 85. 

> Frau Pausewang hat nicht nur die Geschichte ihrer Familie verfolgt; nicht nur die deutsche Geschichte mit Ihren Prosawerken beeinflusst - sondern europäische Geschichten und Geschichte geschrieben:- 


Ein Brief von Anna nach Gudrun (übersetzt aus dem Russ.)

:

Richtici, den 29.4.94


Meine liebe Gudrun, ich war sehr aufgeregt und glücklich, daß Du mich gesucht und grifunden hast. Nachdem ich Deinen Brief bekommen hatte, war ich zwei Tage krank. Ich habe Dich seit mehreren Jahrzehnten gesucht, habe einige Male ans Rote Kreuz und nach Wichstadtl geschrieben. Aus Wichstadtl hat man mir geantwortet, daß man Euch von dort deportiert hat. Damit habe ich den Faden verloren, mit dem ich hätte weitersuchen können. Du fragst mich, wie ich heimgekommen bin. Ganz unterschiedlich: mal zu Fuß, mal auf den Zisternen von Güterzügen. Drei Wochen waren wir unterwegs. In Ceczowo hat man Anna Baisa und mich auf das Polizeirevier gebracht. Dort nahm man uns alles Wertvolle, was wir noch bei uns hatten, weg. Wir sind nach Grab gekommen und waren dort nur einen Tag. Dann hat man das ganze Dorf, darunter auch meine Familie, in den Kreis Stalin (stalinskaja oblast) umgesiedelt. Dort haben wir eineinhalb Jahre in einer Kolchose gewohnt und gearbeitet. Danach wollten einige Familien wieder in die Heimat, nach Grab, zurückkehren. Aber in L'vov hat man uns angehalten und nicht nach Polen durchgelassen. So sind wir im Gebiet L'vov gelandet. Meine Familie siedelte sich in Richtiii an, das ist hundert Kilometer von L'vov entfernt. 

Anna Baisa lebte in L'vov (russ.). (Oder: Lwiw, ukrainsich gesprochen)



 

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