Mittwoch, 3. Januar 2024

... von der Funktion der K a n z e l n in den K i r c h e n ...

                                   In Wien: im Stephans-Dom: Die Kanzel ist eingehüllt in abgeschiedenem Plexiglas. [Aufnahme: Rey]



... abseits von grossstäditschen Domen:

Von  K a n z e l n  herab; ergo:  A b k a n z e l u n g e n:


Diese Gestühl habe ich nie betreten (müssen): diese engtreppige, diese kleine Luke, den schmalen Raum: ich war eigentlich in allen Räumen oder Nebengemächern: im Beichtstuhl (wohin man sich rettete [sich erlöste von den Symptomen der Selbstbefriedigung], wenn man abends oder nachts oder früh-morgens gewichst hatte). Später, in der Sakristei (wo ich dreier Jahre lang, täglich (schul-mässig) stand und aufpassen musste, ob die bestellten Messdiener erschienen waren; oder man selbst in dem Kapellenkranz zum Dienst ausrücken musste; um den GeSchwinddienst bei Zelebranten Pütti absolvieren konnte:ein Messfeierchen in 5,5 min.) - Aber lassen wir das Individuelle, wie es selektive Einsamkeiten hervorbringen können.

Aber eine Doktorarbeit (in Kunst&Religionswissenschaften) will ich nicht leisten; jedes Kirchlein stellt sie aus: https://www.google.com/search?q=Kanzeln+Fotodaratellung+im+Barock&client=firefox-b-d&sxsrf=APq-WBuO2Com1WYPqBGFoNhzyOoHRUoyFQ:1650637748607&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ved=2ahUKEwiq86Hl8Kf3AhUHSfEDHdZOAN4Q_AUoAnoECAEQBA&biw=1024&bih=666&dpr=1.25

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Aber heute (wie vor den Jahren bis 1965): Gaesdonck: Die Kanzel in der Stiftskirche: Die hölzerne Kanzel von 1621 zeigt die Formen der Spätrenaissance.“ (Das einzige, was man hört iu der Site Gaesdonck.de -)

Zum Wort Kanzel: Es stammt von lat. und ital. cancelli „Gitter, Schranken“. In der Frühzeit des Christentums war nämlich als Predigtort der Ambo in der Nähe der Schranken zwischen Chorraum und Kirchenschiff aufgestellt.

Die Kanzel als Empore im Dienst der Homilie ist eine Erfindung der Prediger-(Bettel-)Orden des 13. Jahrhunderts. Je größer die Kirchen wurden und je mehr Bedeutung man der Predigt zumaß, desto höher wurden die Kanzeln und desto kunstvoller wurden sie figürlich und ornamental ausgestaltet. Grundbestandteile sind der mitunter mit einem Lesepult versehene, dekorativ gestaltete Kanzel-Korpus (auch Kanzelkorb genannt) von polygonalem, meist oktogona-lem Grundriss, der auf einem Fuß oder Träger ruht und zu dem entweder im Kircheninnern selbst oder an der Außenwand eine Treppe hinaufführt, und der ebenfalls oftmals dekorativ gestaltete Schalldeckel, der optisch durch eine Rückwand mit dem Kanzel-Korpus verbunden sein kann.

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 Im Literarischen ist die Kanzel ein seltener Gast als Mobiliar samt Predigttempelchen; hier:  In: Bernhard Schlinks: Der Vorleser, Zürich: Diogenes 1995, S. 117): „Dann tropften auch schon die Flammen herab und entzündeten Kleider, herabstürzende brennende Balken setzten das Gestühl und die Kanzel in Brand, und binnen kurzem krachte der Dachstuhl ins Kirchenschiff und brannte alles lichterloh."

Die Kanzel … (sie steh'n immer noch in allen Kirchen; wie die dogmatische Struktur vou Bau&Lehre]:

„ (…) haben die Predigerorden des Mittelalters erfunden, also die Dominikaner und Franziskaner. Damit ihre Ansprachen an das Volk besser zu verstehen waren, bestiegen sie ein überdachtes
Podest, das mitten im Kirchenschiff angebracht war. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil ist der Ort der Predigt nicht mehr die Kanzel. Erhalten blieben sie dort, wo sie ein markantes und künstlerisch besonders gestaltetes Element des Kirchenraums sind, aus Holz, Sandstein oder Marmor. Geblieben ist von früheren drohenden Kanzelreden außerdem das Wort vom gewohnheits-mässigen 'Abkanzeln' [obwohl man der Liebe verpflichtet ist]“.


< Gaesdonck: in der Stiftkirche, die schülerweise nur 'de Kerk' heisst: erleuchtet die Apsis, mit der (wahrhaft kleinen) hölzernen Kanzel, vorne links, im Schatten der Scheinwerfer: direkt unten dem hohen Lichtschein der normalen Funzel, die von der Kirchendecke herunter brennt) > kaum sichtbar ...

Ergo: Abkanzeln: „Auch wenn die Kanzel heute im Alltag der meisten Menschen keine Rolle mehr spielt, so haben sich doch damit verbundene Redewendungen erhalten, etwa „jemanden abkanzeln“, das heißt: jemanden mit deutlichen Worten und unter Ausnutzung von Autorität zurechtweisen, ohne ihm die Möglichkeit zum Widerspruch zu geben.“ -

Anderswo, auch im Niederdeutschen: "In den Innenraum ist eine flache Holzbalkendecke eingezogen. Das schlichte Kirchengestühl lässt einen Mittelgang frei, der auf den um eine Stufe erhöhten Altarbereich führt. Ein spitzbogiger Triumphbogen gewährt den Blick auf die Mensa, die durch Spitzbogennischen verziert wird, und das Rundfenster der Apsis mit Buntglas in der ansonsten fensterlosen Nordseite. Auf der rechten Seite steht die hölzerne oktogonale Kanzel auf einem kleinen Fuß. Sie ist mit Beschlagwerk und Profilen versehen und wird über eine Kanzeltreppe betreten." (Hans Joachim Albers: Im Zeitenstrom. Ostfriesische Geschichte. Völlen|Völlenerfehn| Völlenerkönigsfehn. Gemeinde Westoverledingen, Kreis Leer, Ostfriesland, Bunde-Wymeer 2006)

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https://www.dwds.de/wb/Kanzel

Weitere Beispiele:

Einem Bawern ward auff ein zeit ein ketten gestolen/ der Dieb aber/ so es gethan hatte/ war jm bekant/ doch mocht er jm keinen schandflecken anhengken/ bitt deßwegen den Pastor/ daß er den Dieb auff der Cantzel vermahnen wolt/ die Ketten von sich selbst wider zugeben.“

(Als ein sehr frühes Sprachxemplum (1605): Melander, Otto: [Joco-seria] Das ander theil dieses Schimpff vnd Ernsts. Bd. 2. Lich, 1605.)

Und, wiederum: Menader:Darauff ein groMelander, Otto: [Joco-seria] Das ander theil dieses Schimpff vnd Ernsts. Bd. 2. Lich, 1605.sser Wind vnnd Prasseln in der Kirchen worden/ vnd hat ein schwartzer Mann den Pfaffen von der Cantzel hinweg geführet.


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Ob ich da jemals hätte stehen wollen – um Mensch(en) abzukanzeln, eine Frau: „Femina est mas occasionatus." (Ach, IHRE Heiligkeit, Thomas von Aquin, ein pseudo-philosophisches Männlein.) -  Auch, wenn man es nicht übersetzen mag: „Die Frau ist ein missglücktes Männchen.“ – Thomas von Aquin  referiert Aristoteles (Summa theologica Ia 92,1) und stimmt ihm zu: „Es sagt der Philosoph in der Schrift de generatione animalium, dass die Frau ein missglückter Mann sei. Aber bei der ersten Einrichtung der Welt durfte es nichts Missglücktes und Defizitäres geben. Also durfte bei jener ersten Einrichtung der Welt die Frau nicht erschaffen werden.“ - Na, der jüdische Gott hatte anderes versprochen, im Schöpfungsbericht, Gen. 18,1.: ... als Mann und Frau schuf er sie [die Menschlein], wie er selbst es war ...

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Ach, so. die schematische Dreiecksbedeckungen in Glas, äh, in den großen, hellgesichti-gen Fensterflächen der ChorGesichter - auch wohl in schwarz, rot, hell-silber, äh: ich vergass: das dräuend hoffende Blau - entsprachen dem dezenten, ehrwürdig zurückhaltenden  'Ambiente' [so würde man in 'Büttenwarder' sagen] ... 

In vielen Kirchen des Christentums gibt es Mosaikfenster. Als ich in die Kirche der Gaesdonck kam, dachte ich mir: „Dieses Mosaikfenster hat nur drei Farben.“ Das fand ich zuerst ziemlich schlicht, weil die Fenster in den meisten Kirchen bunter sind. Die Funktion der Mosaikfenster ist eigentlich die gleiche wie bei normalen Fenstern. Sie machen die Kirche heller und durch die Farben bunter. Die Farbenpracht erzeugt aber auch eine geheimnisvolle bis feierliche Stimmung und wird deshalb überwiegend im sakralen Bereich verwendet. Die Gaesdoncker Mosaikfenster bestehen aus dreieckigen Glasplatten, die zusammen gefügt wurden. Sie sollen das Pfingstereignis darstellen. (Jannis Groesdonk, 6c; in den Gaesdoncker Blättern) - Äh, ja: die Glasentwürfe nach Prof. Georg Meistermann:(16.06.1911-12.06.1990). Die ridig-sterilen Farbkombinationen hat er später aufgeben; aber diese hohe, erhabene Klosterkirche, hehr&einschiff: zauberhaftige Gotik wurde später mit rausigen Aplomt fertiggestellt ... mit der unwürdigen Einfalt von Farbschattierungen, die im hinteren Teil immer mehr einem düsteren Grabeskirchlein ähneln:

 

 Eine Kirche, pardon: alle Kirchen, katholischen Ursprungs, die sich nicht bereit finden, diese unwürdigen Kanzel-Herrschaften (ob nur baulich-strukturell oder von ihrem ewig-währenden Dogmatismus der Lehre (ob  Frau/Sklave/Krieg/zölibäter Geistigkeit [ergo: Sublimation]/todeswütiger Apokalypse ...) Abstand zu nehmen - stirbt den Tod jeglichen Lebens; weil sie auf un/wür/di/gen Visionen zählt&festhält.  

"Eine Kirche ist ein Gebäude, wo der Pfarrer Gott verehrt und die Frauen den Pfarrer." (Ambrose G. Bierce 1842-1914); genannt Bitter Pierce, US-amerikanischer Journalist und Satiriker.


Innenraum der Gaesdoncker Klosterkirche;
in neuer Gestaltung, die die
ridig-stark zurückhaltende Schmucklosigkeit der Neugründung in den 60er Jahren
zu übertünchen sucht.
Berichtigung: 
Die Chorfenster der Klosterkirche schuf "Pof. Anton Wendling" (vgl. in  Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Anton_Wendling


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