Freitag, 6. Januar 2023

Stolpersteine aus L e h m

 

Aufregende Abende

Enn Lot Glöck es bäter, als een Pond Wissheit.


                                          >  Mutta und Vatta, feerabendlick. Twee Muuskonte >



Gab es diesen Abend jedes Jahr? Und keiner glich dem andern!


Irgendwaswie zwischen Ommer und Erbst (oder so): Die spielenden Kinder waren von der einbrechenden Dämmerung überrascht worden. Und spielten die Nacht.

Yeah, die Mutter hatte nicht gerufen: Was war da los. Sie versteckten sie, wo es am unheimlichsten war: in der Feldscheune unter dem alten Lanz-Bulldog, der mit

Strohballen zugepackt war und Unterschlupf bot. Im verbuddelten Sandhaufen, der mit ollen Klinkern vermischt war: Und unter der abgestellten Karre am Klettenbusch, in und zwischen den für Winters aufgestapelten Holzstapeln hinter dem Hühnerstall: Am Kleff in der alten Lehmkuhle. Oder in der Feldscheune oben unter dem Dach, auf dem höchsten Querbalken, wo noch olle Garben lagen, die auf den Drusch warteten.

Sie sind auf großer Tour, in allen Zeiten: im Lande von Kara Ben Nemsi oder in Russland, in den Weiten von Schnee und Eis und dem Amurtiger. Oder mit Rosa von Tannenbrg, als sie den Ritter verabschiedete: ins Land der UrVäter, nach Palästina. Sie genießen die leichte Dunkelheit, wo Freund und Feind beim Suchen nicht mehr unterscheidbar sind, wo die sinnhhaften Eindrücke neue Momente, gruseliger Gefühle speisen: Ihr seid nicht auf der Seite des Lichts geboren. Auch die Nacht gehört ihnen.

Sie überhörten die Rufe der Mutter zum Abendessen, weil in der Wüste Negev sind. Da war eine kleine Welt, ein kurzer Moment, dass der Atem anhielt, für eine kurze halbe Stunde ihnen erlaubte, in den Schlupflöchern der Dunkelheit zu wohnen und in den Höhlen der Wörter.

Bis die Mutter, ihre Hände an der Schürze abreibend, rund ums Haus lief und leise lachend drohte: "Jetzt macht aber einer schnell die Tür von innen zu!" Ach, Mutter du bist ganz nah an ihm vorbeigelaufen. Aber er wollte gefunden werden!

Der Lebensabend - nein, die Metapher bricht ihm ab - woher soll er das schon wissen?

Darüber redete Pastörke! Besondern wenn er die drei Messen zur Weihnacht abschnurrt! Ist das schon eine Form der Daaaaaaauerdemenz?

*

Oder sie mussten noch schnell den Lehm herbeibringen, für den nächsten Tag. Und dann die Knicker im Ofen - nachdem er das Mittagessen gekocht hat - backen:

Wir waren unser ersten Nachbarin nicht hold. Meine Geschwister hatten mir mal erzählt, dass sie dort abends eine Kniffte - mit Pudding vom Mittag drauf“ vorgesetzt bekamen, weil Mutter mit unserem letzten Brüderchen im Bett lag und die aus Kranenburg herbeigerufene Tante beschäftigt waren, Mutters älteste Schwester, beim Kinderkriegen war von Nöten; das ersparte die Hebamme. Der Junge der kann geboren wurde, war erstmal nur lästig! Er musste nicht zur Nachbarin.

Also, wo war ich, äh-Gott, beim Lehmbacken:

Zur Lehmkuhle! Da konnten wir an frischen, nicht zu trockenen Lehm kommen. Der Ententeich hatte immer Wasser: Meistens am Westufer, so dass wir uns nasse Füße sparten. Jeder rollte einen Flatschen Lehm aus, immer und; das sollten wohl für 50 Kügelchen reichen. Auf der Stufen unter dem Regendach gerollt, weil es dort platt und eben war: Dann kuckten, ob wir sie backen konnten. Neewarnicht! Mutter heizt erst abends ein. Dann, die am festen waren – so hatte wir unsere Lehmkugeln. Sie sollten als Knicker dienen.

Und, du zeigst du mir noch mal den Kicker.

Da ist eine Murmelliese.

Weiß ich ja nicht!

Und würdest du mal auf einen Bauernhof kommen. Wollen?

Warum? Soll ich da die Schafe zählen?

Depp! Ich meine: Ochsen!

Und du? - blökendes, zappelnder Kleintier -

Ich hört nicht mehr hin.

Grüne, strahlend, gläserne glänzende Murmeln habe ich nie mehr gewollt.

Ach, ja, natürlich. Meinen Kindern haben ich sie gekauft!

Vor dem Fest der Taufe.

Aber - wir haben nie mehr miteinander geredet – Ich und der Pitt. Kein Spiel - oder sonst!

(Aus: AStRey: Quetschungen. Kindheit&Jugend auf dem Pannofen. ErInnerungen. 2002)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen