Freitag, 27. Januar 2023

Eine Schülergeschichte ... mit A m o r c e s [-Zündplättchen-Beilage]

 


V  s  s  s    #  04







I c h oder K a r l M ay
Schlag auf Schlag

Eine Lehrer-Ge-schich-te -

Rosenmontag? Karneval in G.? Treibender Ulk? Schweigend Uninteressierte, bis zum Dämmer saufender Pöbel? Kümmerte sie nicht mehr. Doofes Getue, da besaufen sich einige! Ein Nachbar fuhr mit seinem rotkatzigen Blag auf einer Schubkarre im Zug mit! Natürlich verkleidet, als Hexenkind und Fliegengott! Und kassierte 20 Mark Mitlaufprämie! Konnte der in Rüben und Kartoffeln und Suff umsetzen.
Alternative, hatte sie sich ausgedacht: Karl May lesen! hieß ihr Programm für die Äuglein, die Lesebeißerchen. Da liegen noch zwei Grüne aus der Raiffeisen-, pardon: Karl-Borromäus-Bibliothek. Allein im Haus, kein Mensch konnte sie zu einer Beschäftigung treiben: Du mußt noch einkaufen, du mußt noch Brennholz schlagen, du mußt die Suppe umrühren, warum hast du die Milch überkochen lassen! Du mußt die Eier aus dem Hühnerstall holen! Lauf, bevor ich dir Beine mache.
Jezz kann er lesen. Huch. Der Schut. Zum Zweiten. Liest sich in die Täler, die Spuren, die Mäner, die Bösewichter – und legt endgültig den Karl M. mit seinen 78 Bänden weg. Futsch. Ende der ars legendi triviali, des Schnüffelns im Anal-Banalen (das wusste sie noch nicht so trivialdrastisch, aber es war so).
Aber am Dienstag, Veilchendienstag, wieder Schule, wollte der Kalender schmuck- und garten&grätenfrei das nennen. Langweiliger Religionsunterricht. Katechismus. Kirchengebote: zehn Stückerl  Sie saß hinter den Zwillingen, die ein bißchen zusammengerückt sind. Zisch, er reißt ein Plättchen von dem Papierzündstreifen der Munition für ihren Spielzeugrevolver. Amorces, hieß das so? Kinderei sagte Mutter immer zu, und läßt die Dinger verschwinden, wenn wir sie rumliegen lassen. Ich ratste da, paff, das qualmt und steigt hoch und verrät sie! Sie  versuchte den Qualm zu vertreiben, wegschieben unterm Tisch.  Der Dechant kommt herangestürzt - bleibt vor meinem Vormann stehen und greift sich den linken Zwilling. Drischt und prügelt und schlägt zu, der Junge rutscht vom Stuhl und liegt auf dem Boden, der Tisch verrutscht, stößt gegen seine Bank. Ich seh in sein verquältes, hochrotes Gesicht: der Gottesmann drischt weiter. Trittundtritt! Er schwitzt und stöhnt und schlägt und schreit: Du gottloser Murkel! Dir muß ich es zeigen! Du verwahrloster Gottloser! Du heruntergekommenes Säuferkind! Sein hochrotes Gesicht über seinem verrutschten Priesterkragen: er sieht es genau. Wie lange schlägt der denn noch zu? Der beruhigt sich ja gar nicht. Das Kerlchen rutscht auf den Boden, zieht den Stuhl über sich.
Nein, auch später, er wagt es nicht, sich zu melden und sich selbst anzuzeigen. Er hat Angst, tot geschlagen zu werden.
Nein, zusammenschlagen lassen mußt du dich nicht, tröstet ihn sein Bruder auf dem Schulhof. Ist gut! Melde dich bloß nicht! Und Gerd, hat der Gerd denn gemerkt oder gefragt, warum er verprügelt wurde? Er wußte es nicht. Und er weiß es nicht. Er hat ihn nie gefragt. Ob seine Mutter ihn ausfragte? Ob er es seiner Mutter zu sagen wagte? Du hast bestimmt wieder was ausgefressen. Jaja, dann war es eben für was du nicht erwischt worden bist. Jetzt halt schon den Mund, Schluß jezz, Klappe, Gerdchen, das Gerdchen. Und du, halt die Klappe. Der darf dich nicht schlagen. sonst sag ich's Paps!
Aber ich muss doch die Wahrheit sagen. Grd weiss nich, warum -

Und dudu, warum hast du das Zündplättchen aufgshlagen.
Es war in meiner Hoe. Das musstes raus. Und, der Efffendi, macht dann bums!
Bums? Du willst doch nicht eine Karl-May werden. Mit Schlag und Bums!
*

Nein … ich hatte, nichts von Fontane gelesen, als ich diese Zündplättchen-Geschichte schrieb:

Hier, bitte: die bei Thedor Fontane gelesene Geschichte von den Amorces in Kinderhand, in KriegsgefangenTheodor Fontane

"Waren wir dann ermüdet von dem vielen Spielen, so wußte cher Louisdurch eine Art ernsteren Sport die Nerven wieder zu beleben. Er hatte ein kleines Pistolet, dessen Lauf nur etwa die Dicke einer Rabenfeder besaß, und gegen welches die rostigen Schlüsselbüchsen meiner Jugend wahre Monstrekanonen waren. Dieses Pistolet handhabte cher Louisnun mit ebensoviel Kühnheit wie Geschick. Er holte eine Schachtel mit Amorces, d. h. also mit Knallpapieren, deren jedes nur die Größe eines kleinen Stückchens englischen Pflasters hatte. Diese Amorces verwendete er doppelt: zunächst als Zündpulver, indem er eins der Stückchen Papiere auf die Pfanne legte, dann aber namentlich auch als eigentliche Explosionsmasse, indem er aus etwa sechs oder acht Amorces die Knallsubstanz sandkorngroß herausschälte und mit diesen sechs oder acht Körnchen die Waffe lud. Ein Schrotkorn, das dem Kaliber entsprach, wurde aufgesetzt. Nun hefteten wir eine Papierscheibe an die Wand, und während Papa Bourgaut unten in seinem entlegenen Bureauzimmer Listen schrieb und revidierte, standen wir hier oben mit unserer Mordwaffe und feuerten auf fünf Schritt ins Schwarze, daß der Kalk von den Wänden flog."
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Soweit meine Armoeces-Geschichtchen mit einem Lehrer....- lange, bevor ich als Lehrer für Deusch&Pädagogik mich etablierte – und andere Stories erlebt kriegt ...


            Noch daheim auf einem stolzen Ross, 

            Rosa genannt, einem kinder-gertreuen Ackergaul -



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