Freitag, 7. April 2023

Studien zu W a s s e r, zu Gefässen: B r u n n e n, K e l c h, K r u g -

 


Von Krügen ... und ,,, Schalen - 

den Inhalten und bergenden Formen für die G a b e n

von Strukturen, Bildern und ihren Bedeutungen:

 

M o t i v -S t u d i e n II - zu  G e f ä s s e n  des  L e b e n d i g e n



Ad initium:

Paul Celan:

MARIANNE

Fliederlos ist dein Haar, dein Antlitz aus Spiegelglas.

Von Auge zu Aug zieht die Wolke, wie Sodom nach Babel:

wie Blattwerk zerpflückt sie den Turm und tobt um das Schwefelgesträuch.

Dann zuckt dir ein Blitz um den Mund   jene Schlucht mit den Resten der Geige.

Mit schneeigen Zähnen führt einer den Bogen: O schöner tönte das Schilf!

Geliebte, auch du bist das Schilf und wir alle der Regen;

ein Wein ohnegleichen dein Leib, und wir bechern zu zehnt;

ein Kahn im Getreide dein Herz, wir rudern ihn nachtwärts;

ein Krüglein Bläue, so hüpfest du leicht über uns, und wir schlafen ...

Vorm Zelt zieht die Hundertschaft auf, und wir tragen dich zechend zu Grabe.

Nun klingt auf den Fliesen der Welt der harte Taler der Träume.

(Aus: Mohn und Gedächtnis. [Im Zyklus "Der Sand aus den Urnen"] In: Gesammelte Werke. Bd. 1. S. 15)

*

Wilhelm Lehmann:

Genüge


Zwar glühen noch die Essen

Der Kapuzinerkressen  

Doch süchtig, auszuruhn

Von langem Sommertun.


Die zeugenden Gewalten,

Da sie den Schritt verhalten,

Wird Feuer der Verschwendung

Zu Kühle der Vollendung.


Wie sich die Früchte bilden,

Geriefte, glatte, runde,

Als folgten sie dem milden

Zuspruch aus Geistermunde!

Behälter sie der Zeit,

Napf, Schale, Urne, Kanne.


Springt auf die Lust der Kerne,

Im Inneren gereiht,

Zu nächsten Jahres Ferne,

So ficht ihr Dann

Mich nicht mehr an.

Ich lebte diese Spanne.

(WL.I. 271)


Gottfried Benn:

Kelche


Unfasslich sind die Kelche

der Blumen im Gewind,

man fragt sich, wo und welche

die rätselvollsten sind.


Sie stehen flach und gläsern

doch auch mit Knoll und Stab,

sie stammen von den Gräsern

doch auch vom Fleische ab


Man kann sie nie erfassen

zweideutig, wesenlos

Erglühen und Erblassen

aus kaum verdeckten Schoss.

(G.B.: Gedichte. In der Fassung der Erstdrucke. Frankfurt/M. Fitabu 5231.1993.S. 367)

*




Lutherbibel - Fragen&Antworten

Motivsuche nach Krügen

1.Mose 24,14 : 24,14 Wenn nun ein Mädchen kommt, zu dem ich spreche: Neige deinen Krug und laß mich trinken, und es sprechen wird: Trinke, ich will deine Kamele auch tränken -, das sei die, die du deinem ...

1.Mose 24,15 : 24,15 Und ehe er ausgeredet hatte, siehe, da kam heraus (a) Rebekka, die Tochter Betuëls, der ein Sohn der Milka war, die die Frau Nahors, des Bruders A...

1.Mose 24,16 : 24,16 Und das Mädchen war sehr schön von Angesicht, eine Jungfrau, die noch von keinem Manne wußte. Die stieg hinab zum Brunnen und füllte den Krug und stieg herauf. 24,1...

1.Mose 24,17 : 24,17 Da lief ihr der Knecht entgegen und sprach: Laß mich ein wenig Wasser aus deinem Kruge trinken. 24,18 Und sie sprach: Trinke, mein Herr! Und eilends ließ sie...

1.Mose 24,18 : 24,18 Und sie sprach: Trinke, mein Herr! Und eilends ließ sie den Krug hernieder auf ihre Hand und gab ihm zu trinken. 24,19 Und als sie ihm zu trinken gegeben hat...

1.Mose 24,20 : 24,20 Und eilte und goß den Krug aus in die Tränke und lief abermals zum Brunnen, um zu schöpfen, und schöpfte allen seinen Kamelen. _24,21 Der Mann aber betrac...

1.Mose 24,43 : 24,43 siehe, so stehe ich hier bei dem Wasserbrunnen. Wenn nun ein Mädchen herauskommt, um zu schöpfen, und ich zu ihr spreche: Gib mir ein wenig Wasser zu trinken aus deinem Krug, ...

1.Mose 24,45 : 24,45 Ehe ich nun diese Worte ausgeredet hatte in meinem Herzen, siehe, da kommt Rebekka heraus mit einem Krug auf ihrer Schulter und geht hinab zum Brunnen und schöpft. Da sprach ich zu ih...

1.Mose 24,46 : 24,46 Und sie nahm eilends den Krug von ihrer Schulter und sprach: Trinke, und deine Kamele will ich auch tränken. Da trank ich, und sie tränkte die Kamele auch. 24,47...

2.Mose 16,16 : 16,16 Das ist's aber, was der HERR geboten hat: Ein jeder sammle, soviel er zum Essen braucht, einen Krug voll für jeden nach der Zahl der Leute in seinem Zelte. 16,17...

2.Mose 16,32 : 16,32 Und Mose sprach: Das ist's, was der HERR geboten hat: Fülle einen Krug davon, um es aufzubewahren für eure Nachkommen, auf daß man sehe das Brot, mit dem ich euch gespeist habe in der...

2.Mose 16,36 : 16,36 Ein Krug aber ist der zehnte Teil eines Scheffels. 17. Kapitel Israel in Massa und Meriba 17,1 Und die ganze Gemeinde der Israelite...

2.Mose 29,40 : 29,40 Und zu dem einen Schaf einen Krug feinsten Mehls, vermengt mit einer viertel Kanne (a) zerstoßener Oliven, und eine viertel Kanne Wein zum Trankop...

1.Sam 1,24 : 1,24 Nachdem sie ihn entwöhnt hatte, nahm sie ihn mit sich hinauf nach Silo, dazu (a) einen dreijährigen Stier, einen Scheffel Mehl und einen Krug Wein u...

1.Sam 10,1 : 10,1 Da nahm Samuel den Krug mit Öl und goß es auf sein Haupt und küßte ihn und sprach: Siehe, der HERR hat dich zum Fürsten über sein Erbteil gesalbt. 10,2 Wenn d...

1.Sam 10,3 : 10,3 Und wenn du von da weiter gehst, wirst du zur Eiche Tabor kommen; dort werden dich drei Männer treffen, die hinaufgehen zu Gott nach Bethel. Einer trägt drei Böcklein, der andere drei ...

1.Kön 14,3 : 14,3 Und nimm mit dir zehn Brote, Kuchen und einen Krug mit Honig und geh zu ihm, damit er dir sagt, wie es dem Knaben ergehen wird. _14,4 Und Jerobeams Frau tat...

1.Kön 17,12 : 17,12 Sie sprach: So wahr der HERR, dein Gott, lebt: ich habe nichts Gebackenes, nur eine Handvoll Mehl im Topf und ein wenig Öl im Krug. Und siehe, ich hab ein Scheit Holz oder zwei aufgel...

1.Kön 19,6 : 19,6 Und er sah sich um, und siehe, zu seinen Häupten lag ein geröstetes Brot und ein Krug mit Wasser. Und als er gegessen und getrunken hatte, legte er sich wieder schlafen. ...

2.Kön 9,1 : 9,1 Aber der Prophet Elisa rief einen der Prophetenjünger und sprach zu ihm: Gürte deine Lenden und nimm diesen Krug mit Öl mit dir und geh hin nach Ramot in Gilead. 9,2...

2.Kön 9,3 : 9,3 und nimm den Krug mit Öl und gieß es auf sein Haupt und sprich: So sagt der HERR: (a) Ich habe dich zum König über Israel gesalbt! - und dann soll...

Ps 56,9 : 56,9 Zähle die Tage meiner Flucht, sammle meine Tränen in deinen Krug; ohne Zweifel, du zählst sie. 56,10 Dann werden meine Feinde zurückweichen, wenn ich dich an...

Ps 80,6 : 80,6 Du speisest sie mit Tränenbrot und tränkest sie mit einem großen Krug voll Tränen. 80,7 Du lässest unsre Nachbarn sich um uns streiten, und unsre Feinde ver...

Jer 19,1 : 19,1 So sprach der HERR: Geh hin und kaufe dir einen irdenen Krug vom Töpfer und nimm mit etliche von den Ältesten des Volks und von den Ältesten der Priester 19,2...

Jer 19,10 : 19,10 Und du sollst den Krug zerbrechen vor den Augen der Männer, die mit dir gegangen sind, 19,11 und zu ihnen sagen: So spricht der HERR Zebaoth: ...

Mk 14,13 : 14,13 Und er sandte zwei seiner Jünger und sprach zu ihnen: Geht hin in die Stadt, und es wird euch ein Mensch begegnen, der trägt einen Krug mit Wasser; folgt ihm, 14,14...

Joh 4,28 : 28 Da ließ die Frau ihren Krug stehen und ging in die Stadt und spricht zu den Leuten: 4,29 Kommt, seht einen Menschen, der mir alles gesagt hat, was ich getan hab...

Hebr 9,4 : 9,4 (a) (b) (c) Darin waren das goldene Räuchergefäß und die Bundeslade, ganz mit ...

*

Rainer Maria Rilke: Was wirst du tun, Gott, wenn ich sterbe?

Was wirst du tun, Gott, wenn ich sterbe?

Ich bin dein Krug (wenn ich zerscherbe?)

ich bin dein Trank (wenn ich verderbe?)

Bin dein Gewand und dein Gewerbe,

mit mir verlierst du deinen Sinn.


Nach mir hast du kein Haus, darin

dich Worte, nah und warm, begrüßen.

Es fällt von deinen müden Füßen

die Samtsandale, die ich bin.


Dein großer Mantel läßt dich los.

Dein Blick, den ich mit meiner Wange

warm, wie mit einem Pfühl, empfange,

wird kommen, wird mich suchen, lange  

und legt beim Sonnenuntergange

sich fremden Steinen in den Schooß.


Was wirst du tun, Gott? Ich bin bange.

(Aus: Stundenbuch. 1899. In: R. M. Rilke: Gesammelte Gedichte. Frankfurt/M. 1962. S. 51f.)

*

Zeitungsausriss  -  W.  L.


Wilhelm  Lehmann

Letzte  Tage

Ausgelaufen ist der Krug.

Erde spricht, es ist genug.

Chrysanthemen hat ein Freund vors Bett gestellt,

Lockenhäupter, Würzgeruch der Welt.

Ehe meine Finger kalten,

Fühlen sie die Lust, die Stengel festzuhalten.

Halt ich so das letzte Stück der Zeit noch aus,

Bringt das große Qualenlose mich nach Haus.

(Wilhelm Lehmanns letztes Gedicht, geschrieben im Krankenhaus am 4.10.1968; er starb am 17.10.68.)

**

Siegfried von Vegesack (1888-1974)

Krug und Quelle

Du bist nur das Gefäß, die leere Hülle,

die das Unsagbare umschließt.

Du selbst bist nichts,

und alles ist die Fülle,

die sich in dich ergießt.


S.v.V.

Gleichnis vom Lebendigen


Du bist das Glas,

du mußt verderben,

getrübt von Lippen

und von Gier besudelt.

Du bist der Krug,

zerbrichst in Scherben,

indes' die Quelle ewig sprudelt.

Dieses Wasser,  dieser Flusslauf -      hat mich immer begleitet, von Kindstagen an ....  -  M e i n e   N i e r s!

Paul Celan (1920-1970)

Die Krüge (Für Klaus Demus)

An den langen Tischen der Zeit

zechen die Krüge Gottes.

Sie trinken die Augen der Sehenden leer 

und die Augen der Blinden,

die Herzen der waltenden Schatten,

die hohle Wange des Abends.

Sie sind die gewaltigsten Zecher:

sie führen das Leere zum Mund wie das Volle

und schäumen nicht über wie du oder ich.


Aufgaben:

1. Interpretiere die zwei Gedichte von S. v. Vegesack; erarbeite verschiedene symbolische Bedeutungen! Definiere, was ein Symbol ist im Vergleich mit anderen bildlichen Stilmittel!

2. Celans Text ist ein modernes, verrätseltes, hermetisches Gedicht (ähnlich einer Parabel)!

3. Fasse den Text thematisch kurz zusammen, erarbeite die Struktur und bestimme genau die Gegensätze, die die Symbolik Krug (einschließlich Trinker) kennzeichnen!

4. Versuche (mindestens) eine Deutung!


*

Wilhelm von Scholz (1874-1969): B r u n n e n-Inschrift

Ich bin der Erde kühles Blut.

Hier schöpft von meiner klaren Flut,

wo sie aus Dunkel kommt und quillt

und rauschend eure Krüge füllt.

Ihr hört, indes ihr schöpft, mein Wort:

Ihr tragt nicht Wasser mit euch fort;

den Schatten meines ewigen Fließens,

den Nachhall meines Sich-Ergießens

habt ihr in euren schweren Krügen.

Ihr trinkt - da faßt euch Sehnsucht an,

der keine Wanderfahrt genügen

und die keine Sturm verlöschen kann.

Ihr trankt das Fließen, trankt die Zeit:

mein ist die tiefste Trunkenheit.

**

Ernst Wiechert: Aus: "Eine Mauer um uns baue..."

Daraus: Der geschenkte Runbinkelch...

(...) Es ist wahr, daß ich mitunter seufze. Über Gedichte, die den Briefen beigefügt sind; über Bücher, in die ich etwas einschreiben und die ich wieder verpacken soll; über den Wunsch, eine genaue Biographie zu einer Reifeprüfung mitzuteilen, oder die Disposition eines Aufsatzes zu be­urteilen. Auch über denjenigen, der einen Briefwechsel mit mir wünscht, »um sich eine bessere Sprache anzueignen«.

Aber sollte ich nicht auch diese einfügen in die große Reihe der Liebenden, die den Weg zu mir suchen? Auch als unbedachte und anspruchsvoll Liebende? Ist nicht in fast allem ein bißchen Sehnsucht nach einer besseren und stilleren Welt, unterschieden von ihrem Alltag? Und was sind sie, in der Zahl gemessen, gegen die vielen, die Leid tragen und sich. eine Hilfe erwarten? Gegen die Unglück­lichen, die Verstoßenen, die Geächteten? Oder gegen die­jenigen, die nichts wollen als nur sagen, daß sie einen Trost empfangen haben? Dunkel und ohne Hoffnung war ihr Leben, und plötzlich haben sie ein Licht gesehen. Und diese sind es, die mich am meisten beschämen. Denn wer von der Gebrechlichkeit des menschlichen Wesens weiß, hat auch erkannt, daß es ihm nicht zukommt, für einen Helfenden und Heilenden gehalten zu werden. Weil ja niemals er hilft, sondern weil es in ihm zum Helfen und Heilen aus­ersehen und begnadet sein kann.

Ich kann sie nicht alle nennen, und viele würden es auch nicht wollen, daß ich sie nenne, und von den meisten weiß ich ja nur, daß sie sind. Aber von den beiden Menschen aus dem Thüringer Wald muß ich doch sprechen, und sie sollen hier für alle stehen. Sie besaßen ein schönes und ganz altes Familienerbe, einen Kelch aus Rubinglas, der ein Abendmahlskelch gewesen war. Sie besaßen auch ein einziges Kind, und dieses Kind starb ihnen. Da nahmen sie den Kelch von seinem Ehrenplatz und schickten ihn mir und schrieben dazu, ich sei ihnen ein Trost gewesen in ihrer schwersten Zeit, und nach dem Tode ihres Kindes wüßten sie nun keine Hand, in die der Kelch mehr gehöre, als die meinige.

Muß ich es sagen, wie diese Gabe mich beugte und er­hob? War sie nicht wie ein lebendiges Leben, das in meine Hände gelegt wurde? Und wurden diese Hände nicht ver­pflichtet und beschworen dadurch? Könnten sie jemals Un­reines tun oder schreiben danach?

Man wird nun verstehen, daß dieser Kelch mir ein Sinnbild geworden ist. In seinen roten Wänden, über die das Gold der Ornamente feierlich und zierlich spielt, ist nun aller Dank beschlossen, den man an mich gewendet hat, und aller Dank, den ich schulde. Wenn der Schein des Ka­minfeuers über die Wände geht, dann scheint alles Licht in dem sanften Rot sich mahnend zu sammeln. Ja, es ist, als ziehe der Friede des ganzen Hauses an jener Stelle sich zu­sammen, als schlössen in ihm alle Fäden sich leuchtend an­einander, die von diesem Hause in die weite Welt laufen, zu allen, mit denen ich verbunden bin, und als seien um ihn die Hände der Penaten feierlich und schweigend er­hoben als um das Unzerstörbare menschlichen und häus­lichen Seins.

Es ist in allen Zeiten viel vom Wesen und Wert der Dichtung gesprochen worden, und zu allen Zeiten ist es anders gesprochen worden. Mitunter ist der Ruhm wie eine Sonne erschienen, und die Sterblichen haben ihre Augen nur mit Schmerzen zu ihr erheben können. Mitunter aber ist er nichts gewesen als ein stilles Licht in der dunklen Nacht, das den Irrenden und Suchenden angezeigt hat, daß es noch Dach und Herd und Heimat für sie gab. Wir alle aber, meine Leser und ich, wir wollen uns gern zu dieser zweiten stillen und altmodischen Erkenntnis halten und sie bewahren, ob man uns auch darum schelten möge. So wie es uns unbenommen bleiben muß, ob wir unseren Trost des Sterbens aus der Bibel, der Edda oder aus einer östlichen Weisheit entnehmen, so muß es uns auch unbenommen bleiben, ob wir unseren Trost des Lebens aus diesem oder jenem Dichter schöpfen oder ob wir ihrer überhaupt nicht bedürfen.

Aber ich glaube, daß für jeden von uns die Zeit kom­men wird, in der es ihm »in die herbstlichen Jahre« sehn­lich herüberweht und mahnend und herb und süß ans alternde Herz rührt. Dann wird es gut sein, wenig versäumt und wenig vergessen zu haben und des Kinderglaubens gewiß zu sein, daß eine Mauer um uns gebaut sein wird, wann immer wir ihrer bedürfen. Mir aber ist früh ge­schenkt worden, daß ich dieses Glaubens gewiß sein darf. Und deshalb soll niemand sich um mich sorgen oder krän­ken. Denn selbst wenn ich in der Sorge und Kränkung tief versunken wäre, so würde doch die Mauer nicht aufhören, um mich zu sein und zu wachsen, und würde es auch keine Mauer der Macht oder der Gewalt sein, so würde es doch eine Mauer der Liebe sein. Könnte aber jemand vergehen, an dem die Liebe teilgenommen hat?

(Erschienen 1937, in der "Frankfurter Zeitung"; aus: E.W.: Sämtliche Werke. Bd. 10. S. 691 - 698)


***

Anthony de MelloJesu’ Pädagogik


Jesus und die Samariterin

Jesus begegnet der Samariterin (Joh 4,1 14)

Stellen Sie sich vor, Sie seien bei dieser Begegnung anwe­send, und beobachten Sie, wie das Gespräch die Samariterin nach und nach verändert:

  • Mißtrauisch: Wie kannst du als Jude mich, eine Samariterin, um Wasser bitten? (Vers 9).

  • Materialistisch: Herr, du hast kein Schöpfgefäß, und der Brunnen ist tief; woher hast du also das lebendige Wasser? (11).

  • Aggressiv: Bist du etwa größer als unser Vater Jakob, der uns den Brunnen gegeben und selbst daraus getrunken hat, wie seine Söhne und seine Herden? (12).

  • Egoistisch: Herr, gib mir dieses Wasser, damit ich keinen Durst mehr habe und nicht mehr hierher kommen muß, um Wasser zu schöpfen (15).

  • Frau von fünf Männern, aber ehrlich: Ich habe keinen Mann (17).

  • Religiös beunruhigt: Unsere Väter haben auf diesem Berg Gott angebetet; ihr aber sagt, in jerusalem sei die Stätte, wo man anbeten muß (20).

  • Sie merkt, daß ein Prophet vor ihr steht: Herr, ich sehe, daß du ein Prophet bist (19). Er hat mir alles gesagt, was ich getan habe (39).

  • Sie glaubt an Jesus und wird zur Missionarin: Viele Sama­riter aus Jenem Ort kamen zum Glauben an Jesus auf das Wort der Frau hin (39).

  • Die Bezeichnungen, die nacheinander verwendet werden: Jude (9), Herr (11), größer als Jakob (12), Prophet (19), Messias (26 und 29), Retter der Welt (42) zeigen, daß die Samariterin nach und nach Jesus erkennt.

Geh, ruf deinen Mann und komm wieder her! (16).

  • Er hält zu der Samariterin: Du hast richtig gesagt: Ich habe keinen Mann. Denn fünf Männer hast du gehabt, und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann. Damit hast du die Wahrheit gesagt (17 und 18).

  • Er spricht das Religionsproblem an, indem er auf die

Äußerung der Samariterin eingeht: Glaube mir, Frau, die

Stunde kommt, zu der ihr weder auf diesem Berg noch in -

Jerusalem den Vater anbeten werdet. Ihr betet an, was ihr

nicht kennt, wir beten an, was wir kennen; denn das Heil

kommt von den Juden. Aber die Stunde kommt, und sie

ist schon da, zu der die wahren Beter den Vater anbeten

werden im Geist und in der Wahrheit; denn so will der Vater angebetet werden (21 bis 23).

  • Er stellt sich als der Messias vor: Ich bin es, ich, der mit dir spricht (26).

  • Christus macht die Samariterin zur Missionarin: Viele Samariter aus einem Ort kamen zum Glauben an Jesus auf das Wort der Frau hin (39).


Der stehengelassene Wasserkrug

Die Samariterin war von Jesus fasziniert und vergaß darüber alles andere: Da ließ die Frau ihren Wasserkrug stehen, eilte in den Ort und sagte zu den Leuten: Kommt her, seht, da ist ein Mann, der mir alles gesagt bat, was ich getan habe: Ist er vielleicht der Messias? (28 und 29).

Die Quelle

Irgendwo in der Wüste, bei einem Brunnen,

bat Jesus eines Tages eine Frau um etwas Wasser,

aber jene Sünderin war schnippisch und behandelte ihn,

als sei er irgendein Jude.

Und er sprach: Nenn du wüßtest, welche Gabe ich bin, Frau,

würdest du mich um Wasser bitten,

und ich würde dir nicht irgendein Wasser geben,

sondern das Wasser, das den Durst in uns

für immer löscht..."

Und die Worte des Lebens wurden von

der Sünderin aufgenommen wie Wasser

von der ausgedörrten Erde, das die Sünden in ihrem Inneren geschaffen hatten ...

Schließlich ließ sie den Krug und die Sünden

am Brunnen stehen,

lief in den Ort und rief voll Freude:

Kommt, Freunde,

ich habe eine Quelle der Liebe gefunden!"

(Aus: Jesus 2000. Was zählt ist, Liebe. Hrsg.v. v. L. Hohn-Morisch. Freiburg 2000: Herder-Sonderband. S. 58ff.)

**

Werner Bergengruen:  D I E   E W I G E  S C H A L E


Wie sich der goldenen Stunden

Süß Versäumnis dehnt!

Wie die Ringe sich runden -

Alles ist wiedergefunden:

Blüten flammen wie Wunden,

Garben stehen gebunden,

Sanft zuhaufe gelehnt.


Von den schwellenden Beeren

Lodert der rote Schein!

Bäume erwarten mit schweren

Ästen das trunkne Begehren.

Nie wird die Schale sich leeren!

Und die Toten, sie kehren,

Leuchtende, wieder ein.

W. B.: Figur und Schatten. Gedichte. München 1958.


Gert 0.E.Sattler https://www.seniorenportal.de/seniorentreff/de/autoren/Gert_Sattler/Biografie.htm

Brunnenträume

Er ist es nicht, der Brunnen von Carossa,

auch nicht der Quel von Rilke oder Meyer,

er ist nicht marmorn, hat auch keine Schalen

und ist kein Wunderspiel und Wasserspeier.


Der Backsteinschacht, er wurde rund gemauert,

das Eichenholz, man mußte es entriegeln,

und standen Lichter hoch und hehr am Himmel,

dann sah man Sterne sich im Wasser spiegeln.


Der Eimer schwebte an der Winde nieder,

um durstig Wasser aus dem Grund zu heben,

es ist das Blut der Erde, immer kreisend

denn ohne Wasser kann der Mensch nicht leben.


Der Deckel fehlt, verwahrlost ist der Brunnen;

denn aus der Menschen Nähe wurde Ferne,

der Eimer und die Winde sind verschwunden

und tief im Wasser glänzen nachts die Sterne.

< Aus dem Ms.gedruckt. >

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