Dienstag, 16. Juli 2024

W a s zum S t i l von T h e o d o r F o n t a n e

 



Goethes Braut-Ring


Diesmal nicht G o e t h e, aber F o n t a n e  mit seinem virtus-lebendigen  S t i l:

E i n ...  A  u  g  e  zudrücken:


„Und dann glaube mir, Luise, die 'Gesellschaft', wenn sie nur will, kann auch ein Auge zudrücken.“  
[Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896]


Da hat sich jemand eine Deutschlehrer-Seite aufgemacht – und weiss nix von diesen höchst-ambitionierten Beut- äh: Deutsch-Seiten bei Theodor Fontane, in „Effie Briest“ (Kapitel 34)

https://deutschlernerblog.de/ein-auge-zudruecken-redewendungen-mit-bildern-lernen-132

Jeder Deutschlehrer*in wäre befugt (– ja, von Amts wg. oder <Duden 2023<) diese Redensart im Zusammenhang mit kolleketiven Begriff(en) an-zu-streichen, tief-rot! - Und wenn man ihm dieses Zitate vorführen würde – er/sie käme nicht mehr aus dem Stauen heraus.


Beispiele für ein“'kollektives' Augen Zudrücken“ gibt es auch schon vor Fontane schon; hier 1689:

Nein/ nein/ großmüthiger Feldherr/ brach die Königin heraus/ wir lassen uns damit nicht besänfftigen/ daß er gegen uns zwey ein Auge zudrücken/ unserm Geschlechte aber die gantze Sache abzusprechen vermeinet.“ - (Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689)
*

 

<Theodor Fontane. 1885 >

Theodor Fontane. Effi Briest. Roman (34. Kapitel. Teil 1)

(...) Briest schwieg und trommelte mit dem Finger auf dem Teebrett. »Bitte, trommle nicht; sprich lieber.«

»Ach, Luise, was soll ich sagen. Daß ich trommle, sagt gerade genug. Du weißt seit Jahr und Tag, wie ich darüber denke. Damals, als Innstettens Brief kam, ein Blitz aus heiterem Himmel, damals war ich deiner Meinung. Aber das ist nun schon wieder eine halbe Ewigkeit her; soll ich hier bis an mein Lebensende den Großinquisitor spielen? Ich kann dir sagen, ich hab es seit langem satt ...«

»Mache mir keine Vorwürfe, Briest; ich liebe sie so wie du, vielleicht noch mehr, jeder hat seine Art. Aber man lebt doch nicht bloß in der Welt, um schwach und zärtlich zu sein und alles mit Nachsicht zu behandeln, was gegen Gesetz und Gebot ist und was die Menschen verurteilen und, vorläufig wenigstens, auch noch – mit Recht verurteilen.«

»Ach was. Eins geht vor.«

»Natürlich, eins geht vor; aber was ist das eine?«

»Liebe der Eltern zu ihren Kindern. Und wenn man gar bloß eines hat ...«

»Dann ist es vorbei mit Katechismus und Moral und mit dem Anspruch der 'Gesellschaft'.«

»Ach, Luise, komme mir mit Katechismus, soviel du willst; aber komme mir nicht mit 'Gesellschaft'.«

»Es ist sehr schwer, sich ohne Gesellschaft zu behelfen.«

Ohne Kind auch. Und dann glaube mir, Luise, die 'Gesellschaft', wenn sie nur will, kann auch ein Auge zudrücken. Und ich stehe so zu der Sache: Kommen die Rathenower, so ist es gut, und kommen sie nicht, so ist es auch gut. Ich werde ganz einfach telegrafieren: 'Effi komm.' Bist du einverstanden?« Sie stand auf und gab ihm einen Kuß auf die Stirn. »Natürlich bin ich's. Du solltest mir nur keinen Vorwurf machen. Ein leichter Schritt ist es nicht. Und unser Leben wird von Stund an ein anderes.«

»Ich kann's aushalten. Der Raps steht gut, und im Herbst kann ich einen Hasen hetzen. Und der Rotwein schmeckt mir noch. Und wenn ich das Kind erst wieder im Hause habe, dann schmeckt er mir noch besser ... Und nun will ich das Telegramm schicken.«

>> Aufgaben: Entschlüsseln Sie den Text nach den drei Strukturen 'Katechismus', 'Gesellschaft' und der 'Eltern-Kind-Beziehung' - inhaltlich und stilistisch!



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