Donnerstag, 11. Juli 2024

Person/Personal: N e u r a s t h e n i e .. oder Q u e e r - S e i n [als es den Begriff noch nicht gab]



Queer-Sein:


Hanno – aut - Annette - aut ... Eduard


Gutachten - für die Person(en) des Neofraters, unter den Vornamen Joachim-Hanno, A. Drosticus oder Eduard M. - nach einem Aufenthalt in der Klinik unter falschem Namen


An

Herrn/Frau

Prof. Dr. D. Dr. Leopold Tölle-Ellinger

Sehr geehrter Herr Kollege!

Wir bedanken uns für die freundliche Überweisung und Einführung Ihres Patienten,

des Herrn Kaplan Joachim-Hanno Enfrater,


geb. 8. 9. 1954 in Ludwigsburg, heute wohnhaft in Bad Münster, Am Märktchen 5,


der sich vom 5. 8. - 18.8. 1848 in unserer stationären Behandlung befand.



Diagnose:


Narzißtische Beziehungsstörung mit depressiven Verstimmungen und multiplen Beschwerden,

neurotische Fehlentwickung mit sekundärem Schmerzmittelabusus,

Asthma bronchiale, intermittierende Migräne, funktionelle Herzbeschwerden, Doppelbildsehen,

neurasthenischer Atopie



Anamnese:


Als Kind häufig unter Asthma bronchiale leidend und unter starken Kopfschmerzen; dargestellt werden mittelschwere Verhaltensauffälligkeiten, die das Mutterchen in einem Brief so beschreibt: sie habe immer "den Kopf voll" gehabt "; und wenn er angegriffen wird, so "schnappt sie viel über"; war immer schwächlich, häufig fiebrig erkrankt; 1828 wegen häufiger Enteritis Verdacht auf Blinddarmentzündung; Verdacht auf einen Morbus Crohn konnte ausgeschlossen werden.

Jetzt kommt die Patient in unsere stationäre Behandlung, weil sie seit ungefähr zehn Jahren in unterschiedlicher Dosis ein chemisch nicht weiter verifiziertes Schmerzmittel einnehme wegen der multiplen, funktionellen Beschwerden (hauptsächlich Magen-, Darm- und Regelschmerzen, Gesichtsmigräne, Druckgefühl und Stiche in der Herzgegend; das Herz schlage bis zum Halse. Die geistlichen Belastungen durch Glauben-Müssen und die problematische, ungelöste Beziehung zu einem viel jüngeren Geliebten hätten sie in diese Situation der Hilflosigkeit und die Schmerzmittelabhängigkeit geführt.

Seine Allergie erklärte sie mir eindringlich an der Herbst-Metapher "der Nebel der Heimatberge hatte meiner Brust die Lust (dann berichtigte sie: die - äh –Luft) verstellt".


Status:


Der 46-jährige Patient im gutem AZ und EZ, recht adipös, schwitzig-fette Haut, trockenes schuppendes Ohrekzem rechts, circa zwei Handteller große Fläche im Bereich des Sternums bedeckt mit pfenniggroßen trocknen ekzematösen Veränderungen, leicht schuppende, im Bereich des linken Knies und des Unterschenkels flohstichartige kleine punktförmige Hautblutungen, die leicht jucken, aber häufig auftretender Befund, der sich leicht verändern kann über vier, fünf Tage hinweg.

An Kopf und Hals, außen wie innen, kein pathologischer Befund, kardiopulmonal leichtes Stochern mit Nebengeräusch, Gefäßstatus regelrecht, an den Unterschenkeln quaddelartige Adergeflechte, am Abdomen leicht schmerzhafte Befunde nach leichtem Druck rechts und wesentlich stärker links, im Mittelbauch stark druckempfindlich, alle Gelenke steif und dicklich verhautet, Wirbelsäule leicht klopfschmerzhaft, neurologische Untersuchung leicht auffällig (nicht mehr im Normbereich nach Hahnemann), leicht gesteigerte MER.


Psychischer Befund:


Bewußsteinsklarer, voll orientierter Patient, äußeres Erscheinungsbild geordnet bis leicht gesteigert affektiert, je nach erwartetem Mittel- bis Doppelschmerz der Menstruation; etwas verschleierte Mimik, zurückhaltende Gestik, hohe Merkfähigkeit und Gedächtnis unauffällig, keine Denkstörungen, sehr differenziert in Wahrnehmung seiner Körperfunktionen; leicht depressive, sonntags stark depressive Grundstimmung, insgesamt situationsadäquates Verhalten, Kontakt zu ihr ist leicht möglich; reagiert auf Ansprache und Mitteilung hin mit weiblich-empathischem Verständnis, nach Wochen sogar partiell euphorisch. Leichte Konzentrationsstörungen, differenzierter sprachlicher Ausdruck, situationsadäquates Verhalten, Stimmung depressiv (mit beginnendem Gespräch aufhellend), Beziehungsfähigkeit vertrauensvoll, Motivation zur Therapie stark; keine psychotischen Symptome.

Allgemeine, sehr bedeutende Abmagerung mit Hinschwinden der Kräfte; verdächtige Röte auf den eingefallenen Wangen (unter ungünstigen, selbstquälerischen Umständen), beständig virtuose Stiche in der linken Seite und fortwährende Brustbeklemmung wie von zusammengeschnürtem Brustkasten, dabei große Niedergeschlagenheit und Hoffnungslosigkeit hinsichtlich der Genesung.


Labor:


Alle routinemäßig durchgeführten Laborparameter lagen im Normalbereich, bis auf Erhöhung des Cholesterins auf 270, Triglyeride 326.


EKG:


regelmäßiger, normofrequenter Sinusrhythmus, Frequenz 68/min., überdrehter Linkstyp.


EEG:


unregelmäßiges EEG vom Alphatyp ohne sicheren pathologischen Befund.


Thorax:


mittelstarkes Lungenemphysem, links stärker verbreitet als rechts, ansonsten alters- und konstitutionsentsprechender unauffälliger Rö.-Thorax-Befund


Hautkonsiliaruntersuchung:


Seborrhoisches Ekzem, Therapie mit Schwefel-Creme, wie vom Hautarzt empfohlen; für den direkten Hautkontakt wird nichtkratzende Wollkleidung empfohlen. Multiple allergische Reaktionen am Gesamtkörper. Extrem starke virile Schambehaarung im beobachtbaren ventralen Bereichs.


Verlauf der Therapie:


Die tiefenpsychologisch fundierte Therapie erfolgte in Einzel- und Gruppentherapie, Musiktherapie, Sport- und Bewegungstherapie, autogenem Training.

Zur Lebensssituation ist zu sagen, daß Fräulein Droste-Hülshoff unverheiratet ist und in besonders enger, symbiotischer Beziehung zu ihrer Schwester lebt. Er bezeichnet sich als Doppelkind, wobei die Beziehung zur Mutter als schwierig gesehen wird; die Mutter forme ein Bild der Tochter, dem sie sich in ihrem Verhalten anzupassen suche, das ihr aber als lügenhaft-falsch bewußt sei. Auf dem Schloß und Gutshof wuchs sie als streng reglementiertes und sprachlich klassisch-humanistisch ausgebildetes Kind im Privatunterricht auf. Sie lernte extrem schnell, auch schwierigen Sprachen. Ihr weitgehendes Interesse für Natur- und Gesellschaftssachen wird familiärerseits nicht gern gesehen, neuerdings stark kritisiert, durch eingreifendes Untersuchen des Zimmers unterbunden. Sie solle sich auch nicht mit Kriminellem beschäftigen. Ihre schwierige, nicht zur Ablösung gediehene Beziehung zu einem wesentlich jüngeren Literaten und Journalisten kann nur thematisiert, nicht analysiert werden, da schockähnliche Erlebnisse ihre Gedächtnisfunktion und den Erinnerungswillen zu blockieren scheinen.

Schon in der Pubertät kam es wegen eines tabuisierten sexuellen Interesses zu Spannungen und Unsicherheiten mit Mutter, der Vater verstarb früh, seiner Lieblingsschwester und zu anderen Jungen aus de Knabenszene.

Hinsichtlich totaler Erholungsphasen in ihrem schizoiden, für Borderline-Patienten typischen Wesen, ga es nur während einer Reise an den Rhein, etwa im Jahr 1825 und später bei Besuchen auf einer Burg am süddeutschen Meer.

In der Anfangsphase wirkte Fräulein D. wie in hohen literarischen Sphären schweben. Der Kontakt zur Realität war schwer herstellbar. Im Lauf der Therapie konnte ere sich jedoch selbst differenzierter und distanzierter, gleichwohl liebevoller wahrnehmen und schließlich auch lockern, so daß er mit sich selbst, mit seiner Gattin und anderen, vornehmlich den Vorgesetzten und Trägern kirchlicher Verwaltung, besser umgehen können wird. Im Vergleich mit dem Befund der Einweisung wurde depressive Stimmung in Verbindung mit Hilflosigkeit sowohl auf Befragen als auch spontan geäußert. Sie ist äußerlich am Gesichtsausdruck, an der Stimme, auch an der Körperhaltung nachzuvollziehen. Sorgen äußert sie auch im Hinblick auf die Zukunft, sowohl für die eigenen Lebenserwartung, als auch für die Idee des Christentums in Mitteleuropa.

Die Prognose scheint eher ungünstig. Herr Mörike wird sich in schon hier begonnenen klärenden Gesprächen mit der konflikthaften Bekanntschaft auseinandersetzen. Eine ambulante Psychotherapie ist dementsprechend mit dieser speziellen Fokussierung empfehlenswert.

Eine weitere homöopathische Behandlung nach Samuel Hahnemann könnte wahrscheinlich interruptiv-momentane Erfolgs- und Entspannungserlebnisse bringen. Jedoch muß die gesprächstherapeutische Behandlung im Mittelpunkt stehen.

Das eingeübte progressive Muskel-Entspannungstraining (Relaxation nach Jacobson) könnte Herr Mörike in Eigenregie weiterentwickeln bei ausreichender Motivation. Er will mit dem im Rom verschiednen, geliebten Dichter Waiblinger ein eigenes, individuell zugeschnittenes Trainingsprogramm in aktiver Traumgestaltung und Poesieadscription entwickelt haben. Nur leider sei er damit auf die ergänzende, kompatible Komunikation mit seinem Freunde angewiesen, dessen Part niemand mehr aus seiner Bekanntschaft übernehmen könne.

Die psychologisch-meditative Handauflegung bei seinem Freund Christoph Blumhardt habe ich herzlich gern empfohlen. Mag er sich wieder an die "Geistlichen Erquickungsstunden" des Sommers 1825 erinnern. Daß dieser, ein Tübinger Sommerfreund, Nachtspezi, ihn in den Kirchendienst zuführen will, begleite ich gern mit meinem ehrlichen Wunsche, aber auch Gewißheit auf Erfolglosigkeit. Der alternde Pfarrer ist zu sehr verstrickt in mütterlich-weiblicher Selbsttröstung und intuitiv-reflexhafter Selbstbescheidung.

Mit freundlichen et kollegialen Grüßen et guten Wünschen für Ihren Patienten

Dr. WETE

Dr. med. Carolus Friedricus Wetenmüller




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