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Stichwort: T o d e s a r t e n
>> Suizid >> Hier genannt: „Selbstmord“
Wolfdietrich S c h n u r r e: DER SELBSTMORD
[Eins meiner scönsten Geschichten aus meiner Schulzeit; ich lernte Schnurre kenneen; vetknsllte mich in ihn, äh: in seine Themen&Fiiguren ...]
Einmal wollte ich
Selbstmord machen; das kam so. Der Förster hatte eine neue
Haustochter genommen, die hieß Hanni. Ich weiß nicht, ob Hanni
schön war; für mich war sie so schön, daß ich zitterte, wenn ich
sie sah. Ich wunderte mich immer, daß man sie so anschreien konnte,
wie das die Försterin tat, oder daß man Hanni überhaupt in die
Küche tun konnte; sie war so zart.
Ich habe bis dahin nie mit
Hanni gesprochen, sie hatte immer zu tun; und ich hätte ja auch
nicht gewußt, was ich sagen sollte, ich war doch erst neun.
Beim Forsthaus gab es auch
einen zahmen Kranich. Das heißt, er war gar nicht zahm, er hatte nur
einen gebrochenen Flügel; tags ging er auf dem Hof herum, und nachts
schlief er im Vorraum vorn Hühnerstall. Wir hatten alle Angst vor
ihm, weil er einem immer ins Auge hacken wollte, wenn man ihm nahkam.
Nur der Förster hatte
keine Angst vor dem Kranich. Hanni hätte auch keine Angst vor ihm zu
haben brauchen; sie hatte aber doch welche.
Dabei war sie die einzige,
die der Kranich gern mochte. Wenn sie über den Hof ging, gleich kam
er an und ging feierlich um sie herum und bewegte den Kopf rauf und
runter und öffnete den Schnabel und zischte ein bißchen.
Der Förster sagte: "Der
balzt, Mädchen, der ist in dich verknallt"; und alle lachten,
und Hanni bekam immer einen ganz roten Kopf.
Ich fand es nicht schön
vom Förster, daß er das sagte; es stimmte auch gar nicht. Der
Kranich verehrte Hanni nur; er wollte auf sie aufpassen und sie
beschützen.
Ich nahm mir oft vor, das
Hanni mal zu sagen, weil sie doch solche Angst vor ihm hatte; aber
ich dachte, sie würde mich auslachen, und da ließ ich es lieber.
Sonntags hatte Hanni den
halben Tag frei. Ich hatte nie achtgeben können, was sie da machte;
ich mußte immer den Gästen, die das Wild beobachten wollten, den
Hochsitz zeigen. Aber jetzt sagte ich einfach, ich wäre krank, und
da brauchte ich nicht.
Ich ging auf meine Kammer
und ließ die Tür etwas auf, denn ich dachte, Hanni würde
vielleicht reinkommen und fragen, ob ich nicht Lust hätte, mit ihr
spazieren zu gehen. (...)
Bitte weierlesen, in ivielen Ausgben; auh hies:
Aus: W. Sch.: Eine
Rechnung, die nicht aufgeht. Olten 1958.
List-TB 149, o. J. S. 9 - 14.
>>>> Hierzu gibt einen VorLauf,
in der Natur, aber auch in der Literatur:
Der Kranich
Rauh ging der Wind, der
Regen troff,
Schon war ich naß und
kalt;
Ich macht' auf einem
Bauerhof
Im Schutz des Zaunes halt.
Mit abgestutzten Flügeln
schritt
Ein Kranich drin umher,
Nur seine Sehnsucht trug
ihn mit
Den Brüdern übers Meer;
Mit seinen Brüdern, deren
Zug
Jetzt hoch in Lüften
stockt,
Und deren Schrei auch ihn
zum Flug
In fernen Süden lockt.
Und sieh, er hat sich
aufgerafft,
Es gilt erneutes Glück;
Umsonst, der Schwinge fehlt
die Kraft,
Und ach, er sinkt zurück.
Und Huhn und Hahn und
Hühnchen auch
Umgackern ihn voll Freud';
-
Das ist so alter Hühner -
Brauch
Bei eines Kranichs Leid.
[Fontane: Gedichte (Ausgabe 1898), S.
9. Die digitale Bibliothek der deutschen Lyrik, S. 17478 (vgl.
Fontane-NA Bd. 20, S. 10-11)]
*
Wer
sich hier einordnen kann … in der Suizidalitäten der Menschen
<beginnend schon vor der Pubertät >, tat Chancen, sich in
Verbindung mit der Natur [Austausch], mit Menschen [Dialog], mit
Gedichten/Geschichten [literarische Kommunikation] sich zu heilen.