Samstag, 12. November 2022

Ein suizidaler Fall: Virgina W o o l f in ihrer F r e i-Tod-Erklärung

Ad-Surdes &ProFessionelles zu V i r g i n i a W o o l f:  

Wahres, immerzu  W a h r e s <in stilo et in poeticis et in brevitate  v i t a e  litterae1]

 

Virginia Woolf und ihr Desaster <nach Freudscher Theorie>:


In führe weiter den AufSatz: Virginia Woolf und Sigmund Freud von Susanne Hatmann an:

https://www.ssoar.info/ssoar/bitstream/handle/document/31281/ssoar-1995-1-hartmann-virginia_woolf_und_sigmund_freud.pdf?sequence=1


Virginia  W o o l f s Suizid-Erklärung:

Von Virginia Woolf - https://www.brainpickings.org/, Bild-PD-alt, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=9397469


Ihr niederschmetterndes Ergebnis ihres Lebens mit ihrer Suizid-Erklärung gegenüber ihrem Mann lässt folgende Fragen ungeklärt:


  • Ihr künstlerisches SelbstVerständis (als Emotion): Es - als ihre literarische Psyche, war erschöpft. Alles, was V. W. in ihrem Werk erarbeitet hatte, endlos beschäftigt, immer wieder tastend und im Ergebnis (in summa:) unsicher, labil, lyrisch-verschmolzen: Alles ist in einer Banalität nieder-geschrieben,einzig für ihren Mann, dass ich mich fragen will, wie kann man am Finis mortis, realiter am Lebensende so viel banal aufschreiben, ohne Erklärungen zu geben?

  • Ihr peripheres Wissen um ihre Krankheit: Nie aufgearbeitet; immer nur erprobt, versucht, nicht substituiert, um von den normalen realistischen Erzählweisen (der englischen Tradition) zu abstrakten Formen der gekünstlerten Unterhaltung zu denken; die ihrem eigenen Gehirnstruktur zupaß kamen, als sie ehrlich von ihrem Ehemann Abschied nahm, ein völlig expositorisches Textlein, mit drei Paraphrasen, das in ihren  hoch-gestellten Ambitionen ihrer verbalen Künste völlig enthoben war. Spricht man so ad thantaos autos, wenn die eigene, so hart angestrebte Kunst versagt? (Nein, es gibt viele Abschiedsbriefe, die poetisch gestaltet sind; immer denk-kulturellen Zuschnitt der Familie oder dem/der Geliebten zugewandt, zu-getext ...). Hat sie sich völlig auf die verbalen Bedürfnisse ihres Mannes angepasst, sich ihm emotional-suzidal ergeben?

  • Ist sie hatte (leider) keine Kenntnisse von pharmokologischen oder anderen Arzneien (natürlichen Substraten!) Subtanzen, die bei Depressitvität, bei Neurasthenie, bei sublimen Formen der Erschöpfungszustandes hätten helfen können. (Warum gibt es da in der Gegend der Künstlerin Gärten und SpazierVerLäufe <auch heute> für Touristen in Gärten, die man erfassen/erfahren kann? Gab es in ihrem Bloomsbury-Kreisen keinem/keine, der/die sich erfahren war, andere Arzneien, in Jahrzehnter langer Tradition erprobten Natursubstanzen?

  • Ihre Formulierungen im Brief selbst sind so „beknaut“, so erschöpfend, so untauglich an künstlerischer Struktur, sich wiederholend – ohne eine wirkliche psycho-.logische Information: anders ausgerückt: ich mach, was ich kann - und stelle die Behauptung auf, die so minial unterschiedlich sind: Sie sind in dreifacher Hinsicht paraphrasenhaft. – Warum drückt mensch sich und dem anderen (Geliebten, Partner, Ehegatten) seine Liebe in dreifach gesteigerter Phrasierung aus? Muss mensch ihn über-zeugen? „I feel certain I am going mad again.“ - „mad'“; „mad again“; „I am going mad ...“ [Aber, wer kann schon wissen, was&wie&warum V.W. und ihr Ehemann L.W. unter „m a d“ verstanden haben; sie hatten ja auch eine gemeinsame Suizid-Vereinbarung im&wg. des Krieges geschlossen....]

  • Hier, wird von mehreren Suizid-Versuchen des V.W. berichtet: https://en.wikipedia.org/wiki/Virginia_Woolf

* ~ *

 

Liebster,

ich spüre mit Sicherheit, dass ich wieder verrückt1 werde. Ich glaube, dass wir diese schreckliche Zeit nicht noch einmal durchstehen können. Dieses Mal werde ich mich nicht erholen. Ich beginne, Stimmen zu hören, und ich kann mich nicht konzentrieren. Ich tue also, was das Beste zu sein scheint. Du hast mir das größtmögliche Glück geschenkt. Du bist mir in jeder Weise all das gewesen, was jemand sein kann. Ich glaube nicht, dass zwei Menschen hätten glücklicher sein können, bis diese schreckliche Krankheit kam. Ich kann nicht mehr kämpfen. Ich weiß, dass ich Dein Leben verschwende, dass Du ohne mich arbeiten könntest. Und das wirst Du, das weiß ich. Du siehst, nicht einmal das hier kann ich ordentlich schreiben. Ich kann nicht lesen. Was ich sagen will, ist: Ich verdanke alles Glück in meinem Leben Dir. Du unglaublich geduldig und gut zu mir. Ich möchte das sagen – jeder weiß es. Wenn mich jemand hätte retten können, wärst Du es gewesen. Mich hat alles verlassen außer die Gewissheit Deiner Güte. Ich kann Dein Leben nicht länger verschwenden.

Ich glaube nicht, dass zwei Menschen hätten glücklicher sein können, als wir es waren.

V.

* ~ *

Virginia Woolf gab ihren inneren Stimmen in ihrer Literatur – weitgehend, mit vielen Schwankungen und Veränderungen - einen finalen Platz (wenn sie den Text veröffentlichte). Sie gilt als eine der ersten Autorinnen, die den inneren Monolog in ihren Werken <teilweise> zur Vollendung brachte und so die Seelenlage ihrer Protagonisten wirkungsvoll ausdrücken konnte [wie es K. Mann (s. u.) beschrieb]. Das gelingt ihr auch in ihrem Abschiedsbrief, in dem sie emotional schildert, was sie trotz aller Liebe zu ihrem Mann zu einer solchen Handlung treibt: Tod & Ergebung in einen 'Wahn', den sie „Verrücktheit“ nennt. Das Schreiben war für sie therapeutisch, ebenso wie ausführliche Gespräche über Literatur, doch letzten Endes schien auch das ihr nicht mehr zu genügen: Sie verschied, sie gab auf, sie wollte sich erlösen. Sie trennte sich <schriftlich> von ihrem Mann (dem sie sich verantortlich fühlte: ein freiwilliges Geständnis zu ihrer SterbeWilligkeit, ohne BeiHilfe zu verlangen: Die Sprache ihres Dokuments ist absolut kunstLos konzipiert, liebevoll-willig ergeben ihrem Ehemann, dem sie sich bedingungslos anvertrauen kann/will. Es ist final, gemeinschaftlich geprägt nach ehelich-liebenden Verständnis (wie sei es zeitlich-ehelich nie erfahren hat; ihrem eigenen Verständis zuFolge).

* ~ *

Ein Auszug aus eine nomal-stimmigen Abhandlung zu Woolfs Symptomen nach Freudschen Theorien:

Obwohl sich in den späten 20er Jahren die enge Verbindung zwischen
Bloomsbury und der Psychoanalyse gefestigt hatte, war Virginia, als
einzige in der Gruppe, gänzlich der Idee abgeneigt, sich analysieren zu
lassen. Alix erinnerte sich kurz vor ihrem Tod: 'James wunderte sich
oft, warum Leonard Virginia nicht überredete, aufgrund ihrer Nerven¬
zusammenbrüche einen Psychoanalytiker aufzusuchen. Es gab damals
Analytiker, die ausreichendes Wissen gehabt hätten, um ihre Krankheit
zu verstehen'"
. (Meisel & Kendrick 1986, S. 308-309)

* ~ *

Klaus Mann (1929), der als erster eine literarische Initiation der V. W. im Deutschen leistete: "Die englische Schriftstellerin Virginia Woolf ist sehr in Mode, was mißtrauisch gegen sie macht. Ein geistreicher Kritiker hat sie als «Joyce für Damen» verulkt; das scheint mir ungerecht, denn sie prätendiert nichts, was sie nicht ist." (Klaus Mann [1929]: Zwei europäische Romane. (Virginia Woolf und Jean Cocteau). - In: Klaus Mann. Auf der Suche nach einem Weg. Berlin: Tansmare Verlag (1931). S. 227-234. - Abdruck aus: K. M.: Die neuen Eltern. Aufsätze, Reden, Kritiken 1924- 1933. Reinbek/Hamburg 1992. S. 207-211.

* ~ *

Im Deutschen: Es gibt komische, von inhärenten, modischen Interessen gespeiste Veröffentlichungen, ob's Kumpel&Füllereien oder von Journaillisten, die nicht literarisch, schon gar nicht psychologisch gebildet erscheinen - ersonnen:

https://www.spiegel.de/kultur/szenen-einer-ehe-a-2d467921-0002-0001-0000-000013529765

* ~ *

Diese Einschätzung des menschlihen & literarischen Falles V. W. ... ergibt sich nach genauen Kenntnissen von 31 suizidalen Fälle in menem Leben >seit dem 16. Jahr>; aufgrund meiner sozialwissenschaftlichen Studien und meines Erlebens mit suizidalen Patienten in einer kirchlichen Praxis der 'Anhörung'  <accueil für Menschen der Straße>. Ich bewerte V. W.s Erklärung als Bekundung ihres iind ividuelle Lebensendes, als finis vitae cantici; aut: Finis coronat vitam et opus [Ovid in Heroides (2, 85)],

1] Wie man auch übersetzt; die verzweifelte, ab eine klar, destikt, nicht lyrisch poinierte Botschaft lautet: "Liebster, ich spüre genau, dass ich wieder wahnsinnig werde".

1 vita est: non accipimus brevem vitam, sed facimus nec inopes
eius, sed prodigi sumus. (.Seneca, Epistulae morales)

* * *  

Nachtrag: 16.02.2023:

                                                                                                                               Roger Fry: Porträt  Virginia Woolf, um 1917

       

 

Virginia Woolf:

Zitate. ,,Sprüche“ – hehre AusSagen; allenfalls AusDruck von Missbehagen, MissFlüchtigKeiten. (Geheimnivoll Femines. EntSetzen ob maskuliner Überlegenheit, die sie (sehr wohl) gerne selbst an/über/nommen hätte … - wenn sie anders gestaltet – und sozialisiert worden wäre [sie selbat hätte sozialiseren können!]: ein perönliches Unvermögen, das sie theatralisch formuliert (in den verbalen AusFlüchten; was in ihren Romane äußerst selten/dezent/schattenhaft/ver-heimlicht … vorkommt.

Ich vergleiche diesen psychischen BeFunde mit typischen Mörikeschen Angaben für Depressionen, Melancholien, Missbehagen seinem seelischen UnBehagen: – das vollkommen klar-intim ausgedrückt wird (in Briefen an seinen Umkreis - Mutter, Schwester. Freunde/Feundin: Braut (genannt), Literaten - :

Eduard Mörike: Zur Hypochondrie; zu seiner Hypochondrie [egal, wie man sie heuee ärztlich nenen mag:Dystonie; psychische Störungne, affektive Dilemmata,cognitive Dissonanz, schizophren oder schizothyme Beeichträchtigen; etc.:

  „INNERE NOT“: Laße dies Herz alleine haben / seine Wonne, seine Pein.

Ich bin jetzt so ziemlich zufrieden … Ziemlich zufrieden sage ich. wenn der Satan Hypochondrie nicht wäre, denn dafür erkenn ich ihn selber in guten und nüchternen Stunden. (An Ludwig Bauer. 9. 12. 1827. EM: HSK. Bd. 10; 198f.))

Als meiner hypochondrischen Natur ... tepesziere [lat. depascere: abweiden] ich mit Leid und Freude gerne so fort; sonst komme ich aus dem Gleichgewicht. (Brief an Kaufmann v. Juli 1825). EM: HSK. Bd.10. 103f.)

... halb weinerlich und lustig bewegt mich ein sonderbarer Wechsel von freudigem und herzlichem Mute und von zaghafter Schüchternheit. (An Gustav Schwab v. 22. 3. 1828. In.: EM: HSK: Bd. 10. S. 203f.

* ~ *

Kaum bin ich hier angelangt, bestes Kind, so gibt es schon wieder Gelegenheit, die Madel nach Grötzingen zu schicken, und ihr ein liebes Wort an Dich mitzugeben. O Herz! wie seltsam hat es die kurze Zeit, als ich von Dir bin, in meinem Innern gewechselt! So lang ich unterwegs war und in der frischen glänzenden Winterluft, wiegten sich meine Gedanken nur in einer Art von glücklicher Dumpfheit hin und her, kaum saß ich zu Haus, so fehlte mirs an allen Ecken und Enden, eine unerklärbare Unruh kam über mich; nicht blos das Heimweh nach Dir, nicht die Starrheit der alten Einsamkeit, nein, eine ganz neue unbekannte Trauer zog mir die Brust zusammen, aber Deine Gegenwart, ein Wort von Dir hätte mir doch allein geholfen.
Ich warf mich matt und abgespannt aufs Bette und fand, wie seit langer Zeit nicht, wieder eine Zuflucht in dem Troste unverhaltner Tränen. Es ist das einer von den rätselhaften Augenblicken, von denen es heißt: sind wir ein Spiel von jedem Druck der Luft?
Du hast Dich deswegen auch nicht drum zu kümmern und ich hätte füglich nichts davon gesagt, wenn mirs nicht eine Erleichterung, ein Bedürfnis wäre, Dich eben in dieser Wehmut herbei in meine Arme zu ziehen, gerade jetzt Dir zu sagen, wie ganz Du mich durchdringest! (…)
- (An Luise Rau: lattenhardt, den 2. Dezember 1829. Mittwoch Abend)



 

 

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen