Sonntag, 12. April 2020

Wenn ein Theologe sich über Euthanasie


                                                           Wappen von Papst Franiscus

Euthanasie?

Ein Theologe wütet gegen das Verfassungsgericht

Darf ich erinnern an das BVerfGericht mit seinem Urteil: 
 
BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 26. Februar 2020
- 2 BvR 2347/15 -, Rn. (1-343),
a) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) umfasst als Ausdruck persönlicher Autonomie ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben. (…)
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/02/rs20200226_2bvr234715.html

Guten Tag, Herr Lüke:

Ihr Artikel als Wort zum Sonntag, über Euthanasie:
Das BuVerfassGer hat den Beergiff Euthanasie sehr vorischtig geraucht, wenn er andere, z.B. den Bundestag in seinem Gesetz zur Euthanise erwähnt.
Er bekräftigt aussdrücklich das Recht des Individuums: c) Die Freiheit, sich das Leben zu nehmen, umfasst auch die Freiheit, hierfür bei Dritten Hilfe zu suchen und Hilfe, soweit sie angeboten wird, in Anspruch zu nehmen.

Nach einer Woche kam ein Leserbrief in der RZ, abgedruckt v. 16.03.2020, der leise, zaghaft widerprach. Deshalb noch mein Brief:

Sie schreiben aus einer Warte, eines Theologen, der den Willen Gottes weiß ... oder ihn verkündet und hochheilig hält: So sind alle Suizidanten, die dem Sprachgericht des Herrn anvertraut werden (um es gelinde zu sagen, euphemistisch) ...  von der Euthanasie gepackt? Dem GeRicht unterworfen?

Yeah. Ein Psychoanalytiker konnte zu Ihrem Worten  Angstlust vermuten, und Ihre Es, Ich und Überich ... als sehr stark strukturiert analysieren, nicht an den Fällen der Lebenden, sondern nach Ihrem "Gemüt"; nicht den Gefequälten – sondern an Ihrem GeRicht als der absoluten Instanz.
Etwa 10.000 Suizidanten, vulgo: Selbstmord, begehen in der BRD jährlich den Freitod. Darunter die vielen Sterbewilligen, die ihr Schicksal selber bestimmen wollen.
Kathpäd diktiert: Euthanasie oder Aktive Sterbehilfe ist die schmerzlose Herbeiführung des Todes durch narkotische Mittel, um den hoffnungslos Kranken von den Schmerzen zu befreien oder, in weitem Sinne, um körperlich oder geistig "minderwertige" Personen schmerzlos zu beseitigen. Sie ist als unberechtigter Eingriff in ein Menschenleben niemals gestattet, auch wenn der Kranke selbst darum bittet.
Von der Euthanasie führte ein direkter Weg in die Endlösung.“ (Kwiet, Konrad: Rassenpolitik und Völkermord. In: Enzyklopädie des Nationalsozialismus, Berlin: 1997. S. 146)
Von Euthanasie zu sprechen, müsste sich historisch oder seelsorgerlich verbieten, wenn man nicht einen höheren Daseinsaufttag erfüllen muss, ja: muss. Eine Litanei für Betschwester und Bischof und .. (Ja, deren Bedürfnisse achte ich freilich!) - Nur Sie erstreben wissenschaftliche Aussagen – irgendwie! Wenn sich ein Individuum, medizinisch und qualifiziert ausspricht für Sterbehilfe, hat kein Seelsorger das Recht dies als Euthanasie zu diffamieren: Fast 10.000 Suizide im Jahr in Deutschland können Sie ohnehin nicht mehr erreichen; das dürfte ein Minus an unereichbarer, seelsorgerlicher Arbeit bedeuten ... (Ja, ich hach auch Suizdanten in der Telefonseelsorge im Gasthaus gesprochen; wobei man nicht weiss, ob ich helfen konnte.)
Das ist ein guter, lyrischer Tipp:
Reiner Kunze:
Selbstmord
Die letzte aller Türen
Doch nie hat man
an alle schon geklopft.
(In: R. K.: Zimmerlautstärke. 1972. S. 21)

Die formal logischen Konsequenzen in der Konstruktion sind nicht besser als Sabbereien von Hitler, Goebbels oder Paulus: Sie verwechseln alles, was menschlich-komunikativ-geschichtlich ist, mit dem GeRede, das den Inhalts- und Beziehungsanspekt der Kommunikation verwelchselt.:
1.Kor 15, 14-26: Wenn Christus nicht auferstanden ist, dann ist all unsere Predigt und euer ganzer Glaube sinnlos. (…) Inhaltloses GeSchwätz, das sich in Corona-Zeiten absolut absurd gebärdet. Wir sind alle Menschlein, die der Teilnahme, der Liebe, der Empathie bedürfen. Auferstehung heißt, das wir andere nicht gefährden.- So gebärdet sich Ideologie! Aller Prunk&Protz, alles Verstecken&Verdecken, alle mobilen& immobilen Reichtümer ... helfen nimmer: Das fehlt die Liebe, die sich als Liebe zeigen muss! - Übrigens ein Mann, wie unser Papsst Francisus kann es verkörpern, er es uns überzeugen (nach meinem Bedürfnis).
Ich habe gerade Ihre Artikelsammlung Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom  verliehen: Haben Sie dabei je für Suizid gesprochen? Ich glaube, Sie haben das Thema Suizid - oder vulgo: Selbstmord – noch nie angesprochen. Da befürchten Sie einen Dammbruch: Aber, Sie sagen sich wohl: Gott soll es richten!
Ein anderer Beispiel, bitte, von einer naheliegenden Disziplin, den Geistes-wissenschaften: Thomas Mann an die Friederike Zweig (Zweigs erster Frau), nach dem Suizid von Lotte und Stefan Zweig (1942): Er sagte nach dem Suizid: Nie sei »mit tieferer Bescheidenheit, feinerer Scham und ungeheuchelterer Demut ein Weltruhm getragen worden … Sein Weltruhm war wohlverdient und es ist tragisch, daß die seelische Widerstandskraft dieses hochbegabten Menschen unter dem schweren Druck der Zeit zusammengebrochen ist ... Niemand weiß, in welchem Maß er seinen überall hinreichenden Einfluß, seine hohen Einkünfte, an denen ihm nichts lag, benutzt hat, zu fördern, zu retten, zu unterstützen. Sein literarischer Ruhm wird zur Sage werden wie der jenes anderen großen Pazifisten, des Rotterdamers*]. Aber Liebe wird dem Andenken dieses Sanften, Grundgütigen bleiben.«

Und wie kann man sich in unserer Gemeinschaft von einer Schuld  befreien, wenn er sich an unseren Rechten wie Liebe oder Freiheit oder die individuellen Werte versündigt hat? 

*] Anspielung auf Zweigs Werk über den Erasmus von Rotterdam.

Anton Stephan Reyntjes, Recklinghausen


                                                          Sigmund Freud, als Montage


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