Dienstag, 3. März 2020

Von einem B ü c h l e in .. als L e r n h i l f e


Garantiert autobiografisch: Von einigen Lebenstationen:
Von einem wunderlichen Gedeknstesin ... 

Stationen: Goch: Pannofen; Weeze: Vornick; Münster: Ludgerianum, Gaesdonck. Kleve: Buchandel …

         ... in den Buchhandel von Helmut Fingerhut, vorm F(riedrich) Char. Kleve

                                    ... so sieht das gut gehütete Buch noch heute aus (S. 3)


So kam ich 1967 mit einem schmalspurig-aberwitzig-intellektuellen Buch in Berührung; so die Titelei:

Geschichte
des
Herzogthums Cleve,
seit der
ersten historischen Kenntniss bis auf
unsere Zeit.
Mit besonderer Rücksicht
auf die
Haupstadt Cleve.
In volkstümlicher Darstellung
von
Fr. Char.

Cleve und Leipzig.
Verlag von Fr. Char.
1845.

Vor der Titelei - sozusagen als geschäftsmäßiges Frontispiz - ist ein Zettel, überdimensioniert, in meinem Exemplar eingedruckt (samt der 500  anderen Explre.:

Vor 725 Jahren erhielt Kleve
Stadtrechte.
Vor 550 Jahren erhob
Kaiser Sigismund
den Grafen Adolf von Cleve
in den Herzogstand
und rief die Grafschaft Cleve
als Herzogtum aus.
Vor 150 Jahren
gründete Friedrich Char in Cleve
seine Buchhandlung.
Im Jubiläumsjahr 1967 ließen wir
500 Exemplare dieses Buches
fotomechanisch nachdrucken.
Buchhandlung Fingerhut
vorm. F. Char
Dieses Exemplar hat die Nr. 123


Wieviel ich bezahlen musste für das Büchlein als Buchhändlerlehling, weiß ich nicht mehr. Ich weiß nur noch, dass diese Buchhandlung, die ich sofort nach Abschluss der Lehre 1967 verließ, so viele nachgedruckte Historica vertrieb, die man auch in den antiquarischen Suchlisten im Internet verifizieren kann.

Daraus mag ich zitieren, also aus dem Büchlein:

So schildert Julius Caesar die ältesten Bewohner dieser Länder, als er nach der Eroberung Galliens (des heutigen Frankreichs), um die Einfalle der jenHitrheinischen Stämme zu hemmen, seine Legionen an den Rhein führte, und die diesseitigen Stämme eich unterwürfig machte. In dem Landstriche, der:das lIerzocthum Cleve umfasst, wohnten damals diesseits Rheins die Menapier, ein Volk germanischen Ursprungs.  Auf jener Rheinseite hatten ßructerer und Sirrambcr ihre oft wechselnden Wohnsitze. Ihnen zunächst, im nördlichen Theil desselben, und über das jetzige holländische Gelderland verhreitet, wohnten die Bataver, vortreffliche Reiter und Schwimmer. 
Sowohl um die Einwohner der eroberten Länder zu zügeln, als die jenseitigen Sigamber zu schrecken , verlegte Caesar die 5. Legion an den Niederrhein, legte 55 vor Christo in der Nähe von Xanten einen Waffenplatz an, und gründete auch das Schloss zu Cleve, wie ein daselhst als gegrabener, aber jetzt zerstörter Stein mit nachfolgender Inschrift es beurkundete.
ANNO AB VRBE DCXCVIII
                                            C. JVLIVS DICTATOR
HISCE PARTlBVS SVBACTIS
    ARCEM CLIVENSEM
             FVNDAVIT

Gallische und römische Sitte verbreiteten sich nun allmählig; die besiegten Völker lernten gehorchen; ordentliche Rechtspflege wurde eingeführt, und von Dörfern und Höfen wurden ordentliche Steuern erhoben. Erst von dieser Zeit an erhalten die Länder am Niederrhein einiges historische Interesse.
Aber mit der steigenden Kultur wuchs auch der Druck der römiscben Zwingherren. Die jenseitrheiPitchen Völker vermehrten ihn durch wiederholte Einfalle in die diesseitrheinischen Länder; sogar schlug ein teutscher Haufe, die Sigamber an der Spitze, den römischen Feldherrn Marcus Lollius bei Xanten, eroberte und verbrannte den Adler der 5. Legion. Dies geschah 18 J. v, Christo,
Diesen Einfallen zu begegnen, übertrug der damalige Kaiser Octavianus Augustius Nachfolger, der selbst am Rhein herabgenommen war, …

... und so weiter dem Lateinischen nachempfundenen Deutsch, mit profunden Wissenslücken und sonstigem Quatsch - in amentia pura -, der daraus verzichtet, den behaupteten Tatsachen von nachzuforschen ...
Dass dieses Büchlein, ein Klein-Oktav in schnödem Kunststoff, die Ehre zuteil wurde, für eine Buchchandlung, für die Kreis Kleve und die große Vergangenheit zu werben ...

Von Cleve [mit dem Grabstein aus Caesars Zeiten] retro Gaesdonck, wo uns, hinauf zum Abitur 1965 (mit 13 Männlein): Vorzugsbeamte von kaierlichen, pardon: bischöflichen Gnaden ... sich ermannten, uns, die Schäflein, zur MATURA zu führen, nachdem sie uns mit den für den Zweiten Weltrieg wehrhaft ertüchtigten Prinzipien, uns vorangetrieben hätten ...


Zur Gaedonck bei Goch: Einem solchen Vollzugsbeamten, Studienrat z. A., oblag der Lateinunterricht, mit allen Schikanen. Wen es dem Füchschen gefile, machte der aus jeden Text (Caear, Ciero...) einen Kriegsgeschichte – und babbelten den Alten, OPA genannt, an: Wie das so war in seinem Betonbunker am Westwall, als er die Alliierten aufhalten musste. Und dann quasselte er … - Und wenn das die Lateinarbeit anstand, musste Füchschen sich immer mit seinem PONS zu retten, irgendwo zu glänzen. Einmal vergass er das herausgerissene Blatt auf dem Sitzplatz – und wurde zitiert. (Aber es geschah nix. Da wurde kein Krieg geführt! Ob die Eltern angerufen wurden? )

Ihm zu Ehren vollziehe ich ein Zitat der Elegie auf einen Lateinlehrer (nein, nicht auf meinen Klassenlehrer, aber eines Geistesverwandten zum Abitur 1965, das wir feiern mussten mit einem Zitat von Bernanos: „Wir alle müssen das Leben meistern. Aber die einzige Art, das Leben zu meistern, besteht darin, es zu lieben.“ Georges Bernanos (1888 -1948); dazu schrieb ich später in meinem Tagebuch: Wer oder was wurde das für uns diskutiert? Wurde es verordnet .. aus den Tagen, als Priester oder Präfekten oder Präfakten-Nachahmer den Georges Bernanos verehren mussten wg.seines Katholizissimus: Tagebuch eines Landpfarrers?(Ich gesteh, ich hab's zu lesen versucht; es war erbärmlich in seiner Weltflucht; stilitisch langweilig; in den Fakten unerheblich. Eine Dressurübung!

Jan Wagner:
Elegie auf eine Lateinlehrer

vielleicht nur eine frage der grammatik,
daß sie stets älter wirkten als sie waren;
nur tote sprachen tote sprachen, lateinisch
und griechisch, sie hingegen rückten mutig
morgen für morgen vor, von den barbaren
durch nichts getrennt als den hölzernen rhein der tische.

man alterte ja selbst um jahrhunderte, primus
wie klassenletzter, über ablativus
und vocativus, terra, terrae, terram -
letzter botschafter eines imperiums,
der die vokabeltests wie gültige visa
verteilte für jenen unerreichbaren raum,

der nur von seneca, catull und taci-
tus zehrte, von schwarzbrot und mintpastille,
die cordhosen und die strickpullis um die taille
so weit, daß alles immer hin zur toga
zu streben schien, das land, die erde: still
liegt gallien da, zerfallen in drei teile.
>> Jan Wagner: Elegie auf einen Lateinlehrer: Die Live Butterfly Show. Gedichte
Hanser Berlin: 2018,

P. S.:
Als historische Reminiszenz füge ich an:
Als Clades Lolliana (lateinisch: „Niederlage des Lollius“) wird ein Gefecht zwischen römischen Truppen und den germanischen Stämmen der Sugambrer, Tenkterer und Usipeter bezeichnet, das 17. oder 16.v. Chr. stattfand und mit einer römischen Niederlage endete.

Ja, auch der Aufenhalt von Augustus in Gallien ist verbürgt:

Jedoch siegten die germanischen Stämme über Lollius und waren sogar in der Lage, den Adler der 5. Legion zu erbeuten. Dieser Verlust bedeutete einen hohen Prestigeverlust für den Kaiser Augustus, der die Bedeutung des Legionsadlers in der römischen Öffentlichkeit gerade herausgestellt hatte, um das Ende des Konfliktes mit den Parthern, die drei erbeutete Legionsadler an das römische Reich zurückgegeben hatten, in besserem Licht darzustellen. Augustus brach noch im Jahr 16 v. Chr. nach Gallien auf, wo er drei Jahre blieb. Die Lollius-Niederlage wird oft als auslösender Faktor für seinen mit den Drusus-Feldzügen (12 bis 8 v. Chr.) beginnenden Versuch gesehen, Germanien zu erobern.

Wikpedia-Abruf am 02.03.2020: https://de.wikipedia.org/wiki/Clades_Lolliana

Schola … oder so...! - Für uns galt: Gelobt sei, was hart macht!
                                           REIFE im Gehorsam  und Zwangvollzug ...

Die schöne Erinnerung Aus meiner Schülerzeit, die Hermann Hesse schrieb (und 1927 veröffentlichte) stimmt in vielen Tatsachen (in den Fächern, in den Lehrern und ihren Erziehungsmethoden) mit einer Schulzeit in den 50- und 60er Jahre überein. Ein Unterschied bestand aber allerdings: Die Lehrer - im humanistischen Dreck ihrer Fächer in der Penne - leisteten sich keinen indiviuellen Jähzorn, keine groben Verstöße gegen den Anstand; auch über sie schwebten die Laren (der Geistlichen) des Hauses: katholisch-klerikal und bischöflich; zwangsverwaltet. 


                                           ... die S c h u l e  laubbeblättert ... 

Hesse: Aus: Unterbrochene Schulstunde:
Die Kunst des Lügens und der Diplomatie verdanke ich dem zweiten Schuljahre, wo ein Präzeptor und ein Kollaborator mich in den Besitz dieser Fähigkeiten brachten, nachdem ich vorher in meiner kindlichen Offenheit und Vertrauensseligkeit ein Unglück ums andere über mich gebracht hatte. Diese beiden Erzieher klärten mich erfolgreich darüber auf, daß Ehrlichkeit und Wahrheitsliebe Eigenschaften waren, welche sie bei den Schülern nicht suchten. Sie schrieben mir eine Untat zu, eine recht unbedeutende, die in der Klasse passiert war und an der ich völlig unschuldig war, und da sie mich nicht dazu bringen konnten, mich als Täter zu bekennen, wurde aus der Kleinigkeit ein Staatsprozeß, und die beiden folterten und prügelten mir zwar nicht das erhoffte Geständnis, wohl aber jeden Glauben an die Anständigkeit der Lehrerkaste aus“ (Hesse 1987; 393).

Hier aber widerspreche ich:
Man, als Männlein, musste nicht die Lügen und die schulische Diplomatie in oboedientia - im willfährigen Gehorsam - nachahmen als Erwachsener ...


 

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