Mittwoch, 5. Februar 2025

Von A m o k - Helden und Idioten und Mördern!

 

Amoklauf eines selbsternannten „Rächers"


>> Amaryllis - äh: statt  Amok: Weg da!! - Oder könnte das helfen? <<

Aktuelle Dokumente zu dem Amoklauf des Schülers Sebastian B. (in Emsdetten; bald schon verjährt)


Beitrag von Anton Stephan R.



Neben den vielen dokumentarischen oder literarischen Abschiedsbriefen in Freitodfälleni haben wir, in tragischer Weise, durch den glimpflichen Amoklauf in Emsdettener, einen authentischen „Abschiedsbrief“ erhalten, der ein besonderes Licht auf die vielen Faktoren und Umstände eines jungen Menschen wirft, die als lebensentscheidend letal empfunden wurden und tödlich auch für viele andere Unbeteiligte hätten werden können:


Familien, Freunde, Schule, andere Institutionen, Interessengruppen, mediale Kontakte und Beziehungen in Medien (Internet, Spiele, Film) – sie alle können als Sozialisationsinstanzen so schwer belastet sein, für Außenstehende unverständlich, dass Leben oder Tod in letzter Tragik mit ihnen verknüpft werden.ii



Text 1:


Der Abschiedsbrief des Bastian B. (18 Jahre) ist das erschütternd ehrliche und einfache Dokument eines Suizidanten und Amokläufers.

Als ich diesen Brief las, dachte ich hinsichtlich des Verfassers an ein Wort von Kurt Tucholsky und habe es nachgeschlagen: „Er ist ebenso dumm, wie er ehrlich ist. Und er ist der ehrlichste Mensch, ich jemals gesehen habe.“ (1930) –


Nein, ich kenne diesen Bastian B. nicht; aber ich finde seinen Abschiedsbrief abgrundtief ehrlich – und ungeheuerlich, schamlos, fast unergündlich: theatralisch kathartisch, erschütternd.

Er ist schriftliches Dokument eines (sicherlich kleinen) Teils der jungen Generation unserer Jugend, die sozial verlassen, politisch ortlos und geistig ohne Wertebindung dasteht. Aber technisch und medial „proll und geil drauf“ ist.

Wir haben Glück, dass wir so ein Zeugnis kennen lernen können.


Der Fernsehsender n-tv hat zuerst den Brief vollständig veröffentlicht, samt Rechtschreib- und Denkfehlern und Begriffsschwächen: „Wir dokumentieren im Wortlaut von der Internet-Seite des mutmaßlichen Amokläufers. Die Polizei stuft das Dokument nach ersten Erkenntnissen als authentisch ein“:

URL.: http://www.n-tv.de/734961.html



Sebastians Abschiedsbrief

[- ohne Kürzung, ohne Berichtigung -]


"Wenn man weiss, dass man in seinem Leben nicht mehr Glücklich werden kann, und sich von Tag zu Tag die Gründe dafür häufen, dann bleibt einem nichts anderes übrig als aus diesem Leben zu verschwinden. Und dafür habe ich mich entschieden. Es gibt vielleicht Leute die hätten weiter gemacht, hätten sich gedacht "das wird schon", aber das wird es nicht.


Man hat mir gesagt ich muss zur Schule gehen, um für mein leben zu lernen, um später ein schönes Leben führen zu können. Aber was bringt einem das dickste Auto, das grösste Haus, die schönste Frau, wenn es letztendlich sowieso für'n Arsch ist. Wenn deine Frau beginnt dich zu hassen, wenn dein Auto Benzin verbraucht das du nicht zahlen kannst, und wenn du niemanden hast der dich in deinem scheiss Haus besuchen kommt!


Das einzigste was ich intensiv in der Schule beigebracht bekommen habe war, das ich ein Verlierer bin. Für die ersten jahre an der GSS stimmt das sogar, ich war der Konsumgeilheit verfallen, habe danach gestrebt Freunde zu bekommen, Menschen die dich nicht als Person, sondern als Statussymbol sehen. Aber dann bin ich aufgewacht! Ich erkannte das die Welt wie sie mir erschien nicht existiert, das sie eine Illusion war, die hauptsächlich von den Medien erzeugt wurde. Ich merkte mehr und mehr in was für einer Welt ich mich befand. Eine Welt in der Geld alles regiert, selbst in der Schule ging es nur darum. Man musste das neuste Handy haben, die neusten Klamotten, und die richtigen "Freunde". hat man eines davon nicht ist man es nicht wert beachtet zu werden. Und diese Menschen nennt man Jocks. Jocks sind alle, die meinen aufgrund von teuren Klamotten oder schönen Mädchen an der Seite über anderen zu stehen. Ich verabscheue diese Menschen, nein, ich verabscheue Menschen.


Ich habe in den 18 Jahren meines Lebens erfahren müssen, das man nur Glücklich werden kann, wenn man sich der Masse fügt, der Gesellschaft anpasst. Aber das konnte und wollte ich nicht. Ich bin frei! Niemand darf in mein Leben eingreifen, und tut er es doch hat er die Konsequenzen zu tragen! Kein Politiker hat das Recht Gesetze zu erlassen, die mir Dinge verbieten, Kein Bulle hat das Recht mir meine Waffe wegzunehmen, schon gar nicht während er seine am Gürtel trägt.

Wozu das alles? Wozu soll ich arbeiten? Damit ich mich kaputtmaloche um mit 65 in den Ruhestand zugehen und 5 Jahre später abzukratzen? Warum soll ich mich noch anstrengen irgendetwas zu erreichen, wenn es letztendlich sowieso für'n Arsch ist weil ich früher oder später krepiere? Ich kann ein Haus bauen, Kinder bekommen und was weiss ich nicht alles. Aber wozu? Das Haus wird irgendwann abgerissen, und die Kinder sterben auch mal. Was hat denn das Leben bitte für einen Sinn? Keinen! Also muss man seinem Leben einen Sinn geben, und das mache ich nicht indem ich einem überbezahlten Chef im Arsch rumkrieche oder mich von Faschisten verarschen lasse die mir erzählen wollen wir leben in einer Volksherrschaft. Nein, es gibt für mich jetzt noch eine Möglichkeit meinem Leben einen Sinn zu geben, und die werde ich nicht wie alle anderen zuvor verschwenden! Vielleicht hätte mein Leben komplett anders verlaufen können. Aber die Gesellschaft hat nunmal keinen Platz für Individualisten. Ich meine richtige Individualisten, Leute die slebst denken, und nicht solche "Ich trage ein Nietenarmband und bin alternativ" Idioten!


Ihr habt diese Schlacht begonnen, nicht ich. Meine Handlungen sind ein Resultat eurer Welt, eine Welt die mich nicht sein lassen will wie ich bin. Ihr habt euch über mich lustig gemacht, dasselbe habe ich nun mit euch getan, ich hatte nur einen ganz anderen Humor! Von 1994 bis 2003/2004 war es auch mein Bestreben, Freunde zu haben, Spass zu haben. Als ich dann 1998 auf die GSS kam, fing es an mit den Statussymbolen, Kleidung, Freunde, Handy usw.. Dann bin ich wach geworden. Mir wurde bewusst das ich mein Leben lang der Dumme für andere war, und man sich über mich lustig machte. Und ich habe mir Rache geschworen! Diese Rache wird so brutal und rücksichtslos ausgeführt werden, dass euch das Blut in den Adern gefriert. Bevor ich gehe, werde ich euch einen Denkzettel verpassen, damit mich nie wieder ein Mensch vergisst! Ich will das ihr erkennt, das niemand das Recht hat unter einem faschistischen Deckmantel aus Gesetz und Religion in fremdes Leben einzugreifen!


Ich will das sich mein Gesicht in eure Köpfe einbrennt! Ich will nicht länger davon laufen! Ich will meinen Teil zur Revolution der Ausgestossenen beitragen!


Ich will R A C H E !


Ich habe darüber nachgedacht, dass die meisten der Schüler die mich gedemütigt haben schon von der GSS abgegangen sind. Dazu habe ich zwei Dinge zu sagen:

1. Ich ging nicht nur in eine klasse, nein, ich ging auf die ganze Schule.

Die Menschen die sich auf der Schule befinden, sind in keinem Falle unschuldig! Niemand ist das! In deren Köpfen läuft das selbe Programm welches auch bei den früheren Jahrgängen lief! Ich bin der Virus der diese Programme zerstören will, es ist völlig irrelewand wo ich da anfange.

2. Ein Grossteil meiner Rache wird sich auf das Lehrpersonal richten, denn das sind Menschen die gegen meinen Willen in mein Leben eingegriffen haben, und geholfen haben mich dahin zu stellen, wo ich jetzt stehe; Auf dem Schlachtfeld! Diese Lehrer befinden sich so gut wie alle noch auf dieser verdammten schule!


Das Leben wie es heute täglich stattfindet ist wohl das armseeligste was die Welt zu bieten hat!


S.A.A.R.T. - Schule, Ausbildung, Arbeit, Rente, Tod


Das ist der Lebenslauf eines "normalen" Menschen heutzutage. Aber was ist eigentlich normal? Als normal wird das bezeichnet, was von der Gesellschaft erwartet wird. Somit werden heutzutage Punks, Penner, Mörder, Gothics, Schwule usw. als unnormal bezeichnet, weil sie den allgemeinen Vorstellungen der Gesellschaft nicht gerecht werden, können oder wollen. Ich scheiss auf euch! Jeder hat frei zu sein! Gebt jedem eine Waffe und die Probleme unter den Menschen lösen sich ohne jedliche Einmischung Dritter. Wenn jemand stirbt, dann ist er halt tot. Und? Der Tod gehört zum Leben! Kommen die Angehörigen mit dem Verlust nicht klar, können sie Selbstmord begehen, niemand hindert sie daran!


S.A.A.R.T. beginnt mit dem 6. Lebensjahr hier in Deutschland, mit der Einschulung.


Das Kind begibt sich auf seine perönliche Sozialisationsstrecke, und wird in den darauffolgenden Jahren gezwungen sich der Allgemeinheit, der Mehrheit anzupassen. Lehnt es dies ab, schalten sich Lehrer, Eltern, und nicht zuletzt die Polizei ein. Schulpflicht ist die Schönrede von Schulzwang, denn man wird ja gezwungen zur Schule zu gehen. Wer gezwungen wird, verliert ein Stück seiner Freiheit. Man wird gezwungen Steuern zu zahlen, man wird gezwungen Geschwindigkeitsbegrenzungen einzuhalten, man wird gezwungen dies zu tun, man wird gewzungen das zu tun. Ergo: Keine Freiheit! Und sowas nennt man dann Volksherrschaft. Wenn das Volk hier herrschen würde, hiesse es Anarchie!


WERDET ENDLICH WACH - GEHT AUF DIE STRASSE - DAS HAT IN DEUTSCHLAND SCHONMAL FUNKTIONIERT!


Nach meiner Tat werden wieder irgendwelche fetten Politiker dumme Sprüche klopfen wie "Wir halten nun alle zusammen" oder "Wir müssen gemeinsam versuchen dies durchzustehen". Doch das machen sie nur um Aufmerksmakeit zu bekommen, um sich selbst als die Lösung zu präsentieren. Auf der GSS war es genauso... niemals lässt sich dieses fette Stück Scheisse von Rektorin blicken, aber wenn Theater-aufführungen sind, dann steht sie als erste mit einem breiten Grinsen auf der Bühne und präsentiert sich der Masse!

Nazis, HipHoper, Türken, Staat, Staatsdiener, Gläubige ...einfach alle sind zum kotzen und müssen vernichtet werden! (Den begriff "Türken" benutze ich für alle HipHopMuchels und Kleingangster; Sie kommen nach Deutschland weil die Bedingungen bei ihnen zu hause zu schlecht sind, weil Krieg ist... und dann kommen Sie nach Deutschland, dem Sozialamt der Welt, und lassne hier die Sau raus. Sie sollten alle vergast werden! Keine Juden, keine Neger, keine Holländer, aber Muchels! ICH BIN KEIN SCHEISS NAZI) Ich hasse euch und eure Art! Ihr müsst alle sterben!


Seit meinem 6. Lebensjahr wurde ich von euch allen verarscht! Nun müsst ihr dafür bezahlen!


Weil ich weiss das die Fascholizei meine Videos, Schulhefte, Tagebücher, einfach alles, nicht veröffentlichen will, habe ich das selbst in die Hand genommen.


Als letztes möchte ich den Menschen die mir was bedeuten, oder die jemals gut zu mir waren, danken, und mich für all dies Entschuldigen!


Ich bin weg..."


Auf Wiedersehen, Menschheit!

*


Das Abschiedsbild auf Sebastians früherer website:


http://www.bild.t-online.de/BTO/news/aktuell/2006/11/21/amoklauf-schule-emsdetten/mfb-5773305-brief-QF,templateId=renderScaled,property=Bild,width=263.jpg


Ein rätselhaftes Bild: ein verschüchterter Junge, der sich versteckt halten; der nicht erkannt werden will - sich aber präsentiert...


http://www.mittelbayerische.de/newsbilder/afpbilder/2006/11/20/CPS.BEB46.201106181541.photo00.photo.default-341x512.jpg



Sebastian B. war Schüler der Geschwister-Scholl-Realschule in Emsdetten im Münsterland gewesen und hatte seine Tat schon zweieinhalb Jahren zuvor in einem Internetforum angekündigt und um psychologische Hilfe gebeten. Auch führte er eine eigene Internetseite, auf der er sich selbst als Waffennarr inszenierte und kurz vor der Tat auch einen Abschiedsbrief veröffentlichte. Er posierte dort auch auf Fotos mit diversen Waffen. Kurz vor der Tat hatte Sebastian B. auf seine Website vier Videos geladen, auf der die Schulszenerie erkennbar war und er selber mit einer weiteren Person an Waffen und Sprengsätzen hantierte.


Aufgabenstellung:


  1. Geben Sie den Ablauf dieses „Geständnisses“ und Sebastians Versuch einer begrifflichen Argumentation wieder.

  2. Erklären Sie die für die „ältere Generation“ unverständlichen, jugendtypischen Ausdrücke.

  3. Kennzeichnen und bewerten Sie die dokumentierten Leistungen der Moralität und der Verantwortung dieses Amoklers (z.B. in den psychoanalytsichen Begriffen der psychischen Instanzen („Ich“, „Es“ und „Über-Ich“ – oder nach den sozial-moralischen Kriterien: Absicht, Rechtfertigungen, Einsichten und Schuldfähigkeit und Schuld).

  4. Setzen Sie sich mit folgender These auseinander:

Die Zeitdiagnostiker machen den Zeitgeist verantwortlich, die Gesellschaftskritiker die neoliberale Gesellschaft, die Psychotherapeuten den Zerfall der Familie, die Schulkritiker die Leistungskonkurrenz in den Schulen und die Medienkritiker die Scheußlichkeiten der virtuellen Bilderwelt von Computerspielen wie "Counterstrike".



Text 2:


Unerkannt

(Kommentar in der FAZ. 21. 11. 2006; als Autor wird sein Kürzel „Dt." angegeben.)


Bevor er in die Geschwister-Scholl-Schule fuhr, um seine über Jahre aufgestauten, aber nur virtuell ausgelebten Gewaltphantasien in echtes Blut, echtes Entsetzen und echte Macht über Leben zu verwandeln, verabschiedete sich Sebastian B. schriftlich von dieser Welt. Sein Brief enthüllt das Innenleben dieses so harmlos pubertär wirkenden Einzelgängers als einen Abgrund von Haß und Rachegedanken, von tiefer Verletztheit und dem Gefühl, von niemandem gebraucht zu werden. Anflüge solcher Gedanken durchlebt jeder junge Mensch auf dem Weg ins Erwachsenenalter. Darin besteht ja gerade das Erwachsenwerden: daß man lernt, an Widerständen zu wachsen, persönliche Mißgeschicke zu relativieren, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen.

Es muß schon einiges zusammengekommen sein, daß solche alltäglichen Frustrations-erlebnisse bei Sebastian B. nicht vorübergingen. Statt dessen verdichteten sie sich zu einem Lebensgefühl, und das Bedürfnis nach Rache konnte zum Lebensinhalt werden. Düngemittel ist ein harmloser Stoff; Benzin zumindest ein gebräuchlicher. Erst wenn man beides zusammenbringt, wird daraus ein explosives Gemisch. Wie wurde aus einem aufgeweckten, sogar als überdurchschnittlich intelligent beschriebenen Kind zuerst ein Sonderling, dann eine lebende Zeitbombe? Gewiß nicht allein durch Computerspiele, mit denen Gewaltphantasien zwar angeregt, aber auch abreagiert werden können. Brisanter wird es schon, wenn sich solche Beschäftigung mit der Erfahrung paart, ewiger Verlierer zu sein. Es fehlen dann nur noch ein paar Zutaten - Hänseleien, Einsamkeit, Zukunftsangst -, um eine Explosion herbeizuführen, wie sie jetzt von Emsdetten aus die Republik erschütterte.

Erschüttern sollte uns vor allem, daß solche hochgefährdeten Einzelgänger selbst nach dem Fanal von Erfurt noch immer unerkannt bleiben können, obwohl sie, wie Sebastian B., vor ihrer Tat reichlich Warnsignale an ihre Umwelt aussandten, und sei es anonym im Internet. War es nicht Warnung genug, daß B. den Behörden schon wegen Waffenbesitzes aufgefallen war? Mit etwas Phantasie hätte man darauf kommen können, daß sich B. durch die gerichtliche Vorladung genauso in die Enge gedrängt fühlte wie einst Robert Steinhäuser - und genauso, wie er darauf reagieren könnte.

*

(Text: F.A.Z., 22.11.2006, Nr. 272. Seite 1)

URL.: http://www.faz.net/s/Rub7FC5BF30C45B402F96E964EF8CE790E1/Doc~E404C78132CF44A04A84654D9BDF086D6~ATpl~Ecommon~Scontent.html

Aufgabenstellung:

Setzen Sie sich mit diesem Kommentar auseinander und prüfen Sie:

Wie hier ein analysierender Journalist mit der Tat, den Ursachen und den gesellschaftlichen Mitschuld(en) umgeht.

  • Warum solche Kommentatoren nicht wissen, wie viele pathologisch verdruckste, beleidigt bekümmerte, sozial ausrangierte, junge Menschen es als Ausgestoßene oder selbsternannte Außenseiter in unserer materiell reichen Mit- und Umwelt gibt.

  • Warum solche Jugendlichen sich in rauschhaften Ersatzwelten zeitweilig auszuruhen oder für Amok-Auftritte zu präparieren vermögen; und ob und wie sie darauf warten könnten oder sollten, von moralisch urteilenden Wissenden „erkannt“ zu werden?

  • Diskutieren Sie, als Abschlussfrage, ob diesen Subjekten der Gewalt (als den Objekten der Erziehungsnot, technologischen Überangebote und wirtschaftlichen Fremdbestimmung) als Vorzeige-Verbrechern der bürgerlichen Moral, nach erfolgter Identifizierung, “geholfen“ werden könnte – juristisch gerecht und medizinisch-psychologisch erfolgreich?

Text 3: Informationen:

Amok - Versuch einer Begriffsklärung.

Das Wort Amok (malaiisch „meng-âmok“: in blinder Wut angreifen und töten) bedeutet, übertragen auf die Verhältnisse und Vorgänge, die es bei uns in den westlichen Gesellschaften erfahren hat, eine psychische Situation, die durch Unzurechnungsfähigkeit und absolute Gewaltbereitschaft gekennzeichnet ist.

Die Täter, die in einer solchen Ausnahmesituation Straftaten begehen, nennt man Amokläufer oder auch Amokschützen, falls sie Waffen gebrauchen, oder Amokfahrer, falls sie Fahrzeuge einsetzen.

Die Selbsttötung ist fest eingeplantes Ziel und Endpunkt dieser Schauläufe des Entsetzens. Die vorbereitete Rache für den großen Aufwand und Effekt des rachsüchtigen Tötens ist der große Unterschied zum normalen Suizid. Dieses Phänomen ist eine moderne Inszenierung, seit Medien (Presse, Film und TV) die Sensationen aufgreifen und Bilder und nachrichten breit streuen, ohne Verhaltenseinsichten, Sozial- oder Berufschancen oder Gegenangebote zu vermitteln.

Hier liegt der große Unterschied zu allen Selbsttötungen, die seit der Antike überliefert sind. Nicht erst seit Goethes "Leiden des jungen Werthers" (1774) gibt es das Phänomen, dass hilflos leidende Neurotiker als Zeitgenossen unter enormem Druck stehen und sich ein tödliches Ventil suchen, wenn es medial oder politisch oder militärisch geöffnet wird...

Der Stürmer und Dränger Goethe hatte ja "nur" die eigene Stresssituation bewältigt - und er hat sich gewundert, dass die vielen Nachahmungstäter (ob als Leser, Modenarren, eitle oder zynische oder geniale Parodisten oder … eben: Selbsttöter...) nicht das erprobten (oder sich damit zufrieden gaben, was Goethe vorexerziert hatte (nämlich ein Kunstwerk zu produzieren..), sondern den Schaueffekt der Inszenierung brauchten... - als es „natürlich“ noch keine Hilfen gab, sondern nur die bürgerlichen und kirchlichen Repressionen, gegen die man mit Effekt auftreten konnte, in einer öffentlichen Aktion mit erwartbarem Echo.


Weitere Informationen finden wir: URL.: http://de.wikipedia.org/wiki/Amoklauf_in_Emsdetten

In vielen Beispielen können wir sehen, dass der Begriff „Amok“ oder „Amok laufen“ sehr missverständlich ist.

Ein Beispiel aus der „Zeit“ (14.6.2003): „Väter, die Amok laufen, Rivalen, denen jedes Mittel recht ist, das Paar auseinander zu bringen.“

Wer hier sprachlich Durchblick finden möchte, kann sich folgender umfangreichen Wortschatzsammlungen bedienen:

http://wortschatz.uni-leipzig.de/cgi-portal/de/wort_www?site=22&Wort_id=349978081

Text 4:

Im Forum von www.onlinesucht.de erschien folgender Beitrag:

Was würdest DU tun, wenn Sebastian DIR seine Absichten erklärt hätte?

Habt Ihr Euch mal gefragt, wie Ihr reagieren würdet, wenn Euch jemand wie Sebastian aus Emsdetten seine Tötungsabsicht erklärt und anvertraut hätte? Oder wie würdet Ihr reagieren, wenn Ihr seinen Abschiedsbrief, seine Darstellung im Internet entdeckt hättet? Schaut Ihr weg oder kümmert Ihr Euch darum? Wenn ja, wann und wie?

Mich interessiert Eure Haltung dazu sehr!

Kennt Ihr z.B. Meldestellen, an die Ihr Euch wenden könntet? Ich möchte hier Eure Angebote und Ideen sammeln und veröffentlichen.

Das BKA schreibe ich an, die Antwort gebe ich hier bekannt.

Schaut Euch auf den Seiten selbst mal um:

www.internet-beschwerdestelle.de/beschwerde/einreichen/index.htm

www.jugendschutz.net/hotline/index.html

http://verfassungsschutz.de/de/hinweistelefon/

Lasst uns nicht (noch länger) wegschauen!!

LG, Gabriele

URL.: http://www.cyberlord.at/forum/.?id=4062&thread=822&page=1


Aufgabenstellung:


1. Diskutieren Sie diesen Aufruf und schreiben eine persönliche Antwort als Reaktion auf die Aufforderung - oder einen Beitrag, der von der ganzen Klasse unterschrieben werden kann.

  1. Gibt es Möglichkeiten, im eigenen sozialen Umfeld der Freund- und Nachbarschaft, der Schule und der Vereine mit prophylaktischen Angeboten (Gespräche, persönliches, gezieltes Ansprechen, Vermittlung von Hilfen…) tätig zu werden?

  2. Welche Institutionen kennen Sie, bei denen man Hilfe erwarten kann?

  3. Zusatzangebot: Kommentieren Sie diesen Cartoon (oder fertigen Sie eigene, kreative Beiträge und bieten Sie sie in der örtlichen Presse an.): http://prepolino.ch/bildersammlung/lehrer_und_schueler/was%20schueler%20denken.gif

i Peter Schünemann: Lauter Abschiede. Ein Lesebuch. München 1996. – Eine Sammlung von abschließenden, dokumentarischen oder fiktiven Lebenserfahrungen prominenter oder unbekannter Suizidanten. – Sie enthält kein Exempel zu einem Amokfall.

** Diese Dokumentation versteht sich als Ergänzung zu folgenden Beiträgen in „Religion heute“:

R. Janke u. a.: Sich das Leben nehmen. Suizidprävention in der Schule. Heft 64/Dezember 2005. S 212 -231.

R. Sistermann: Umgang mit dem Wissen um den Tod. Im Heft 65/März 2006. S. 30-41. 

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