Samstag, 19. Januar 2019

Das Drama "Tersites" von SZ

M e i n e   G e - Z w e i g e -  № 2 -

Zum Beispiel  T e r s i t e s  

> > In der Abfolge Strauss/Zeig/“Die Schweigsame Frau“/'Blitz von oben'/Goebbels/Rosenberg /All--Hitler:

                                         

  >> und als ErInnerung für heutige griesgrämig & dys-funktionale-kulturlosen All-Ternativen






Thamtisch-Inistoricis:  Von Alfred  R o s e n  b e  r g  bis zu den grießgrämigen Brüdern der  A f D

                          

Stefan Zweig 
als bedrängter Autor seines „Helden" Tersites - als Parodie des Achilles vor T r o j a (1907)


Der Ideologie Rosenberg in seiner Bürokratie-Sekretär in Sachen Stefan Zweig:

Léon Poliakov / Joseph Wulf haben dieses Dokument so überschreiben. „Der Held Achilles stand nicht sympathisch da" [Ein Dokument das zuerst „Berlin 1955, dann hier im Druck des Fourier Verlages in Wiesbaden 1989]
                                                                                                


Zm Bild: Frans Masareel  (ein verlorengangenes Ölgemälde von Stefan Zweig). Aus: St. Z.: Leben und Werk im Bild. 1981. S. 155.

                                                                                                        
>> Schreiben von Alfred Rosenberg an Dr. Goebbels (gekennzeichnet als „aus Dokument CXLII-246“):


                                                                                        Berlin, den 30. August 1934

An den Präsidenten der Reichskulturkammer Herrn Reichsminister Dr. Goebbels Berlin Propagandaministerium


Sehr geehrter Parteigenosse Dr. Goebbelst

Ihr Schreiben in Bezug auf die Veröffentlichung Ihres Briefes an die "Lichtbildbühne" habe ich erhalten und zur Kenntnis genommen. daß Sie einen Verantwortlichen in dieser Angelegenheit fristlos seines Amtes enthoben haben. Immerhin scheint mir, daß der e i g e n t l i c h e Verantwortliche für die Veröffentlichung der verantwortliche Schriftleiter der "Lichtbildbühne" ist. Ich stehe nach wie vor auf dem Standpunkt. daß ein derartiges Rundschreiben den nationalsozialistischen Grundsätzen widerspricht. jedenfalls habe ich im Laufe der Zeit Abstand genommen. durch Rundschreiben an mir unterstellte Dienststellen eine Kritik an Zuständen etwa der Reichskulturkammer zu üben. trotzdem dazu mehr als einmal Veranlassung bestanden hätte. Ich muß mir unter Umständen vorbehalten. auf derartige Rundschreiben Ihrerseits auch ähnliche Rundschreiben aufklärender Art an die mir unterstehenden Stellen zu versenden. Selbst für den Fall. daß aus meinem Amt Schreiben an die der Reichskulturkammer angegliederten Verbände verwandt sein sollten. deren Tendenz sich mit Ihren Befugnissen gekreuzt hätten. so wäre das Natürliche gewesen. wenn die Leitung der Reichskulturkammer sich mit uns in Verbindung gesetzt hätte. und wir von uns eine Richtigstellung veranlaßt hätten. Es wäre dabei durch eine Aussprache die Abgrenzung der Tätigkeiten zu klären gewesen. Im übrigen betone ich nach wie vor. daß der mir vom F ü h r e r übertragene Auftrag auch dahin lautet. s ä m t l i c h e gleichgeschalteten Verbände in bezug auf ihre geistige und weltanschauliche Haltung zu überwachen und daß hier eine andere Meinung diese Verfügung des Führers nicht aufzugeben in der Lage ist.

Was die übrigen Punkte Ihres Schreibens anbelangt. so nehme ich meinerseits dazu folgende Stellung:

  1. Wenn Stephan Zweig nicht ein gleicher Emigrant sein sollte. wie Arnold Zweig. so ist das an sich ein Spiel mit Worten. denn Stephan Zweig lebt nicht in Deutschland und wird sich sehr hüten. nach hier zu kommen.
  2. Daß Stephan Zweig künstlerischer Mitarbeiter eines jüdischen Emigrantentheaters in Basel sei. war unwidersprochen zu lesen im Organ des Preußischen Ministerpräsidenten. in der "National-Zeitung" zu Essen. die sich diese Betätigung von Zweig aus der Schweiz melden ließ. wo in Basel ein derartiges Unternehmen besteht. Die Richtigkeit dieser Angabe der "National-Zeitung" oder der Ihnen gewordenen Information wäre demnach nocheinmal zu überprüfen. Wenn Sie Stephan Zweig als eine Persönlichkeit schildern. die sich politisch bisher absolut zurückgehalten hätte. und erklären. daß der Text der Oper unpolitisch und harmlos sei. so bin ich allerdings der Überzeugung. daß es nur noch gefehlt hätte. daß Stephan Zweig eine p o l i t i s c h e Oper zu bearbeiten hätte; und was seine Zurückgezogenheit anbetrifft. so scheint Ihnen seine Lebensarbeit nicht bekannt zu sein. Stephan Zweig trat besonders im Jahre 1907 mit seinem "Tersites" hervor und stellte große Sympathiebetrachtungen über diesen Verräter am griechischen Heere an. Er stellte ihn dem Helden AchilIes gegenüber und es konnte kein Zweifel darüber herrschen. daß Zweig seine Sympathien dem Tersites schenkte. dessen Erlösungsbedürfnisse und dessen Seelenkämpfe er ausführlich schilderte. während der Held Achill als ein unnahbarer Herr nicht sympathisch dastand. Es war die ganze bewußte Zersetzungsarbeit, die sich durchaus politisch auswirkte, weil jeder Fall von Tersites auf die Pazifisten und Landesverräter in Deutschland schloß. ebenso wie von dem Helden AchilIes auf das deutsche Offizierstum.
    Aus dem gleichen Instinkt heraus schrieb Stephan Zweig seinen "Amok" und liebte es. pathologische Züge deutscher Größen als für sie c h a r a k t e r i s t i s c h (siehe Nietzsche, Hölderlin) darzustellen. Stephan Zweig ist aber in keiner Weise ein harmloser Literat. wie Sie ihn in Ihrem Brief darstellen, Als Stephan Zweig seinen "Amokläufer" verfilmen wollte. ist gerade I h r e r s e i t s bezw. seitens Ihres Ministeriums diese Verfilmung wegen innen- und außenpolitischer Bedenken verboten worden! Ferner befindet sich Zweig auf der sogenannten schwarzen Liste. seine Werke wurden auch auf Anordnung des Ministeriums für Volksaufklärung und Propaganda bezw. der Reichspropagandaleitung der NSDAP in ganz Deutschland öffentlich verbrannt. Offenbar sind Ihnen diese Dinge nicht bekannt oder aber Ihrem Gedächtnis entfallen.
    Zweig ist ein ganz besonderer Verehrer des Psychoanalytikers Freud und erklärte triumphierend. dessen Gedanken seien "wie Bazillen eingedrungen in alle Organismen der geistigen Welt". Ferner zählt Stephan Zweig Emil Ludwig-Cohn zu seinen auserlesenen Genossen und hat u. a. in der "Neuen Freien Presse" in Wien Lobeshymnen über diesen Mann gesungen. Der Inselverlag. mit dem Zweig seine Geschäfte machte, mußte dabei wegen unglaublicher Verballhornung der deutschen Sprache deutsche Gelehrte bitten die Manuskripte Zweigs erst auf ihre Fehler im Deutschen durchzusetzen, Aber selbst. wenn das alles nicht wäre und Zweig so harmlos dastünde. wie es sich aus Ihrem Brief entnehmen müßte. so ist es für den Nationalsozialismus doch selbstverständlich, daß in der heutigen Zeit der Präsident einer angeblich nationalsozialistischen Reichsmusikkammer nicht einen jüdischen Mitarbeiter im neuen Reim haben kann.

                                                                                          gez. Alfred Rosenberg

    Aus: Léon Poliakvo / Joseph Wulf: Das Dritte Reich und die Juden. Dokumente unBerichte. Wiesbaden. 1989. S. 318 – 320.


 

Aber, warum verschiebt der Chefideologe Alfred  R o s e n  b e  r g das Gewicht seiner Argumentation zu Zweigs Tersites statt auf das Thema des Tages Strauss/Zweig/Die schweigsame Frau im Jahre 1934/35?
Zu Zeiten, da sich in Homeros Ilias ein unansehnlicher, gar ein leidender Tersites (1907) im Machtkonflikt zwischen Achilleus, Hector und Patroklos in Theater und nachahmenden Tragödien (besonders im Film) als Nullfigur unterschlagen wird, muss man an Zweigs Tersites erinnern.
Schon führte Zweig seinen Intentionen dar, im Brief an Ellen Key:
Auch heute kann sich das Stück noch behaupten:
Zweig ergreift Lessings Parteil für den Tersites „Denn ich empfinde es, daß Tersites auch mein Anverwandter ist, ein Menschen (Lessing 1987, S. 170). Durchaus an Lessings Wirkungskategorie des Mitleids anknüpfend, wie dies für das bürgerlich Trauerspiel des 18.Jahrhundert neu gedeutet wird, lässt sich Zweigs Terstes-Figur“ einordnen. Die Menschwerdung hängt mit der Fähigkeit des Mitleidens zusammen. Es geht Zweig um das Beispiel des 'leidenden Menschen, statt, der durch die Kraft und Zielstrebigkeit dem andern Leiden verschafft.“ Aus: Die Welt von Gestern (1942; S.
Monika Meister (in Kapitel 2.1 Tersites (in: ST-ZWEIG-Handbuch, 2018. S. 112-118) zitiert Gabriella Rovagnati, die „die Thematik des Leidens als grundlegend im Leben seiner Personen findet sich schon, in den frühen Erzählungen und bleibt eine Konstante in all seinen späteren Novellen, Biographie und Dramen“ (S. 117).
Eine Aufführungschronik für Tersites ist auch im ST-ZWEIG-Handbuch nicht zu finden.
Die bejubelte, zur Herrschaft bereitete, faschistische Philosophie der Männlichkeit, der Stärke der Macht und das Führerprinzip sah  R o s e n b e r g in Zweigs Dramaturgie und Humanismus-Ideal nicht gefördert; der  D e u t s c h e  hatte stark zu sein, im Mythos, in seinen männlichen und waffentechnischen Streitkräften und in den selbst-gewählen Ausschnitten der Welt- und Literaturgeschichte. 



*              Statt (hier ein plakatives Warhol-Signet): Franz Kafka . . . - oder in den Fussstapfen 

einer anderen zu treten ...



                                                      > Holzschnitt von Frans Masereel <


. . .  hatte Stefan  Z w e i g  zeitlebens Ideale und Figuren und Themen innerhalb des humanistischen Tradition und des Konzepts.


*

T e r s i t e s: EA: 1907: Übersiedlung in die erste eigene Wohnung, Kochgasse 8. Wien VIII. Das erste Theaterstück Tersites, in Versform, wird veröffentlicht. Rimbaud: Leben und Dichtung erscheint im Insel-Verlag in der Übersetzung von Karl Klammer und einer Einführung von S. Zweig.

1908/1909: Die Uraufführung von Tersites, ursprünglich für das Königliche Schauspielhaus in Berlin geplant, findet am 26. November 1908 gleichzeitig in Dresden und Kassel statt. Gleich anschliessend, auf Anraten von Walter Rathenau, fünfmonatige Reise nach (Ceylon, Gwalior, Kalkutta. Benares, Rangun und Hinterindien. Balzac: seine Weltanschauung, Hrsg. und Einführung von Zweig, Robert Lutz Verlag, Stuttgart.

Die Ausgabe von 1982: S. Fischer Verlag, Ffm.:
Tersites - Jeremias. Zwei Dramen. Edited with an afterword by Knut Beck. 355/(2)p. 2o€


          Tersites  als  Anti-Held - als Alternativ-Figur im Dramatugischen, der kein Held in den Mannschaften der Griechen vor Troja  darstellte.



  ,,, eine kleine ZuGabe: als Heldenfigur eine Friedenstaube:


Donnerstag, 10. Januar 2019

Stefan Z W E I G : und meine G e- Z w e i g e


 M e i n e  G e - Z w e i g e - №   1 -




Stefan  Z  w  e  i  g :  seine Opera, die ich für Preziosen & Edelsteine halte - ora et labora in eius modi et operis opirandi :

 

                      Auf-s t e i g t sie -- die Zweigsche Treppe zum Kapuzinerberg 5 in Salzurg 
                                                                                       © A.St.Reyntjes

 

Eine    Z w e i g s c h e   Satzmelodie, die sich mir auf-drängte:

  „(...) auf blitzt das Schwert des Henkers, und in einer Sekunde erlischt in dem niederrollenden Haupte für immer das Auge, das als erstes der Menschheit gleichzeitig beide Ozeane geschaut, die unsere Erde umfassen.“


Hier wird das Auge als gleichzeitige Einvernahme der Wahrnehmung der beiden blitzenden Ozeane beschrieben.

Oder, geräumiger rezitiert, in der  Flucht in die Unsterblichkeit; aus Sternstunden der Menschheit; datiert auf Die Entdeckung des Pazifischen Ozeans, 25. September 1513 (zuerst Leipzig 1927; 1977) also dem Leben des Helden Pizarro:

Aber schwer legt ihm Francisco Pizarro die Hand auf die Schulter und erklärt ihn für gefangen. Auch Pizarro lüstet es nach Unsterblichkeit, auch ihn lüstet es, das Goldland zu erobern, und nicht unlieb ist es ihm vielleicht, einen so verwegenen Vordermann aus dem Wege zu wissen. Der Gouverneur Pedrarias eröffnet den Prozeß wegen angeblicher Rebellion, schnell und ungerecht wird Gericht gehalten. Wenige Tage später schreitet Vasco Nuñez de Balboa mit den Treuesten seiner Gefährten zum Block; auf blitzt das Schwert des Henkers, und in einer Sekunde erlischt in dem niederrollenden Haupte für immer das Auge, das als erstes der Menschheit gleichzeitig beide Ozeane geschaut, die unsere Erde umfassen. 


Wikipedia  be-lehret  un sachlicher: 

„Vasco Núñez de Balboa (* 1475 bei Jerez de los Caballeros/Spanien; + Januar 1519 in Acla, in der Nähe von Darien, Panama; hingerichtet) war ein spanischer Entdecker, Konquistador und Abenteurer. Als erster Europäer erblickte er im Jahr 1513 den Pazifischen Ozean vom amerikanischen Kontinent aus.“

 

Hier, mein Thema: 

Aus dem semantischen Potenzial des Verbs cum Präfix: „auf-blitzen“:


„A u f s t e i g t  d e r  S t r a h l  -“ 


Erinnern Sie sich: Eine Replik aus einem Schulstoff zu einem römischen Brunnen, mit der Reminiszenz von einem emphatischen Auftakt:

Conrad Ferdinand Meyer

Der römische Brunnen



Aufsteigt der Strahl und fallend gießt

Er voll der Marmorschale Rund (...)
 (1882)

Aus einer Interpretation: Das Gedicht beginnt mit dem Verb aufsteigen das ist ein Jambus. Dieses Wort betonnt das Bewegung des Wassers. Das Partizip-I (fallend) am ende. der ersten Zeile zeigt auch die Gegenbewegung des Wasserstrahls. Wir bekommen das Bild eines Brunnes, der von Leben und Lebendigkeit scheint, in dem Wasser niemals still steht.
(Korrigiert aus): http://fullentertainwithgerman.blogspot.com/2012/02/der-romische-brunnen.html

*

Weitere Beispiele dieser lebendigen Spielart eines Verbs der Bewegung:

Werfel, Franz: Die Vierzig Tage des Musa Dagh II, Stockholm: Bermann. 1933, S. 406:
Wie auf dem Boulevard einer Großstadt die Lichterreihe aufblitzt, so fuhr der Brand um den Platz, fast gleichzeitig aus jeder Hütte emporschlagend.

*

Dann Theodor Fontane (sozusagen zu seinem Jubiläumsjahr 2019:

Ein Sommer in London - Hastingsfeld:


Auf sprang der König, sein Auge blitzte, sein Herz voll Sieg hatte nicht Raum für die Furcht. Gen London ging's, sein Heer ihm nach; Zuversicht auf allen Gesichtern. Am fünften Tage war's: aufblitzte die Themse - hinüber! und jetzt vor ihrem Aug die Ginsterheiden von Surrey – hindurch! am siebenten Tage aber hielt König Harald auf dem Hügellande von Sussex und sein Schwert in die Erde stoßend, rief er: »Hier sei's!« Herzog Wilhelm kam von Hastings heran. Auf zwei Hügeln, einander gegenüber, lagerten sich die Heere; zwischen ihnen ein breites, nicht allzu tiefes Tal. Hier sollte sich's entscheiden.


*

Und auch eine fast serielle Verwendung in einer (zugegeben beinahen) Trivialdichtung:

Zur gleichen Zeit, als am Himmel die Sterne aufblitzten, und der Bergwind von weitem her über die Ebene eilte und die schläfrigen Baumwipfel schüttelte, gingen drei Männer über den Marktplatz und schlugen den Weg ein, der um den Hügel herum aus dem Orte führte. (Ludwig Thoma: Altaich (1918)


Und noch ein semantisches mixtum compositum (oder Allerlei, Gemisch, Mischung, PotpourriSammelsurium) - aus prosa oder lyrischen Gesten:
Detlev von Liliencron:

Pogfred (1896):


Wenn ich es wagte, solchen Kohl zu schreiben.
    Mein Vorfahr, komm! Du sollst die Farben reiben.

Die Sonne sank, es schrumpft die letzte Helle;
Wie Blinkerart aufblitzt aus schwarzem Blut,
So blitzt aus dunkelrotem Meer die Welle.

Zuweilen zischt der Wind ein Wort der Wut,
Der erste Stern springt vor aus Himmelstüren,
Und über alles stülpt die Nacht den Hut.



*  ~  *

Eduard von Keyserling:

„Schwüle Tage“ (Novelle. 1916): 

»Hast du mich Bolero tanzen sehen?« fragte Ellita plötzlich. »Komm, ich tanze dir vor.« Ich setzte mich auf die Steinbank in der Grotte, und Ellita, mitten unter dem Blätterschatten, tanzte lautlos auf ihren weißen Schuhen, an denen die Schnallen im Mondschein aufblitzten. Sie warf die Arme empor, bog den Kopf, als hielte sie Trauben in die Höhe, und die halbgeöffneten Lippen dürsteten nach ihnen.

* ~ *

Theodor Fontane:  

Unterm Birnbaum (Novelle. Berlin 1885):

Der Oktober ging auf die Neige, trotzdem aber waren noch schöne warme Tage, so daß man sich im Freien aufhalten und die Hradschecksche Kegelbahn benutzen konnte. Diese war in der ganzen Gegend berühmt, weil sie nicht nur ein gutes waagerechtes Laufbrett, sondern auch ein bequemes Kegelhäuschen und in diesem zwei von aller Welt bewunderte buntglasige Kuckfenster hatte. Das gelbe sah auf den Garten hinaus, das blaue dagegen auf die Dorfstraße samt dem dahinter sich hinziehenden Oderdamm, über den hinweg dann und wann der Fluß selbst aufblitzte. Drüben am andern Ufer aber gewahrte man einen langen Schattenstrich: die neumärkische Heide.

* ~ *

Die vielen variablen Einsätze aus deutschen Verb mit Vorsilbe – als funktionale Verwendungsbeispiele zu *steigen *auf – mit Worttrennung auf-stei-gen- verwundern mich in ihrem Klang, im gestischen Eingreifen.

Stefan Zweig haben ein schönes Beispiel mit Kontext gegeben, das mich angeret – inspiriert - die schönen Sprachmelodien in anderen Satzzusammenhängen auszukosten.

Wie mir (als *Sprachgeist, aus Bildung und Verlangen, in poetica licentia) ein semantische, emphatische Spielart eines Verb – in sich > und c o n t r a > aufeinander steigender Modus - und mich zu einigen, geradezu, fast völligen - a u f - steigenden Entdeckungen von modalen Bewegungen anregte …- fast gesangsmässig ...   

 

Ach, wie heißt es doch, in gnädiger memoria aus Kindertagen:

Sursum corda. „Empor die Herzen!“ – Erhebet die Herzen! Aus der Präfation der katholischen Messe.

Was so anheimelnd in Gebetshäuschern -  Kirchen oder Kathedalen -  auf-gebauscht, so emphatisch auf-ge-bracht - in animo aut amiicitia aut in amore fati  - wird, hat eine nach-barocken Ursprung und keine Kraft zu cordialer Ergötzung:

Sursum Corda, auf aufwerts mit euren Augen; auf aufwerts mit euren Gedancken
und betracht lieber das Ewige
tracht lieber nach dem Ewigen
gedenckt doch
daß euch GOtt der Allmächtige das Hertz also erschaffen
daß es unten-her zugespitzt
über sich aber ausgebreit
als solle der wenigste Theil des Menschlichen Hertzens gegen der Erde sehen
sondern das Meiste hinauf gegen den Himmlischen und Ewigen. 
(So frischwärts in jeglichersomatischen Begrenzung: Abraham a Sancta Clara: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692).

Ja, oder yeah – erheben wir unsere Herzen ... ob für Dichtung, Gesang oder De- Re-flexion.

Ich widme i h m,  den Literarischen  H e i l i g e n  meiner letzten  TAGE  - diesen meinen Text, der lebt in Verehrung und Begeisterung - seit Horaz uns allen Poeten geschenkt: Aut prodesse volunt aut delectare poetae:

 

                  Stefan Zweig; Grafik von Frans Masereel (1926) - Montage von A.St. Reyntjes


Und - bitte schön - ein POST Scriptum im Auszug:
 "(...) vom Körperlichlebenden zum Seelischen aufsteigt". Auf-steigen? ... und was s t e i g t denn hier  a u f : Was was vermag denn hier auf-zu-steigen: "(...)vom Körperlichlebenden zum Seelischen aufsteigt"?

                                                    . .. wie im auf-steigendem Temperament des Tanzes

Und in schöner Un- oder Ur-Odnung, ein Brief von Sigmund F r e u d:
Ihre Erfahrungen tragen doch nicht weiter als bis zur Erkenntnis, daß der psychische Faktor eine ungeahnt große Bedeutung auch für die Entstehung organischer Krankheit hat? Aber macht er diese Erkrankungen allein, ist damit der Unterschied zwischen Seelischem und Körperlichem irgendwie angetastet? Es scheint mir ebenso mutwillig, die Natur durchwegs zu beseelen wie sie radikal zu entgeistern. Lassen wir ihr doch ihre großartige Mannigfaltigkeit, die vom Unbelebten zum organischen Belebten, vom Körperlichlebenden zum Seelischen aufsteigt. Gewiß ist das Ubw die richtige Vermittlung zwischen dem Körperlichen und dem Seelischen, vielleicht das langentbehrte ›missing link‹. Aber weil wir das endlich gesehen haben, sollen wir darum nichts anderes mehr sehen können? - Sigmund Freund an Georg Groddeck. Datiert: Wien IX, Berggasse 19, 5. Juni 1917 - In toto zu lesen: http://gutenberg.spiegel.de/buch/briefe-auszuge-6433/24


>> Aber z u r ü c k - zum  a u f - gesteigertem Pathos in der Poesie:


Der Jubel dröhnt! Aufflammen alle Lichter - 

Wir sind am Strand, daran die Träume scheitern. 

 (Stefan Z w e i g: Der Dirigent. In memoriam Gustav Mahler [Endzeilen des Gedichts])

Donnerstag, 3. Januar 2019

A d v e n ts- Zeit

Schon-heftig an der Wortkante der Adventszeit 2018

NRW – feiert Advent 2018“ auf dem pinkobello hergerichtetem Aachener Dom:
Darin ein Menschlein, vor einer Kleinen Kiste, die extra für ihn gezimmert wurde, dass er rüber hinwegschauen konnte: Der von der Wortkante sich abplärren musste. Ohne Schlips oder Schleife; eine Stola hätte ihm gestanden, ob seiner gestischen Bemühungen, mit vorstoßendem rechten Arm; immer rechts!: Und brummend, ja, grümmelnd, abgrübelnd, eine Gedichtskante als advendliche Intention, pro Text; die er sich abringen musste, auch einmal „harzduftende Weihnachten“ schön gestikulierend. Die Namen der Poeten oder Lyriker verschwieg er, da redet aus seinem Mund - alles ohne Unterscheide selbst geschaffen: gesund; ohne von Saar oder zu nennen..

"Frohe, harzduftende, heilige Nacht!“ - Sehr schön herbeigezetert, mit Doppelarm!

Einzig ein Text von ...; man hätte ihn gar nicht verunstalten können; natürlich ungenannt der Essayist, aber der Texte stimmte - von Walter Benjamin („Mit den Tannenbäumen begann es (...)“. für die heftig Festlich-Gestimmten im Dom oder on-air.
Auf der Seite vom wdr: Da existiert keine Leselist der Texte - er ist Unsinn danach zu fragen!


Da gibt es Freuden, „zum halben Jauchz“; und der “Mädchenchor am Aachener Dom“, zusätzlich zu Armin und Tom, den Prätendenden!

… um die eingeblendeten Poeten-Namen zu erfassen, muss man den „ganzen Jauchz“ nochmals hören.

Susanne Wieseler moderiert mit ihrem lockigten Haar die Sendung.*]

Nachragend:
  
Advẹnts-
Rel.: -brauch, der;
-kalender, der für Kinder bestimmter Kalender der Adventszeit;
-kerze, die: die Adventskerzen anzünden;
-kranz, der Kranz aus Tannengrün mit vier Kerzen für die vier Adventssonntage;
-sonntag, der: der erste, vierte A.;
-zeit, die

  "Adventszeit“, in: Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache (1964–1977), kuratiert und bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/wdg/Adventszeit>, abgerufen am 03.01.2019. 


"Man muß ihnen daher gern den etwas unnatürlichen stillen Schwur verzeihen, vor Advent und während der Adventzeit nicht im mindesten zu lieben, und käme ein Engel vom Himmel, ihn nicht freundlicher anzusehen, als jeden Andern." -  Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219.
                           Adventszeit - an unserer Gartenplanke. © A..St. Reyntjes


*]

„[Sie] trug jetzt einen silbern glänzenden Anzug und einen ebenso silbernen [Mut], unter dem goldene Locken hervorquollen.“ (Par example idèal: Martin Walser: Ein springender Brunnen, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1998, S. 156)