Dienstag, 31. Januar 2023

I n g a .. z u H a u s e

Ver-GessenE s  # 08 


Rotkäppchen auf dem Weg zum Krankenhaus


Exposition: Kinderzimmer der Annika P.

 Morgens, die Vorhänge werden beisite geschoben, de Mutter steht an Anikas Bett:

"Hopp, faules Mädchen - du! Annika! Aufstehen!"

"Aber, Mama, ich hab' doch erst dritte Stunde. Sport und Mathe fallen aus, weil Beikirch in Italien ist mit den Großen aus der 12!"

Mutter hat schon die Rolladen aufgezogen. Sie setzt sich auf Ingas Bett und erzählt: "Oma ist ins Krankenhaus eingeliefert worden heute nacht. Blinddarmdurchbruch. Ist aber schon prima operiert. Es geht ihr gut. Ein bißchen Fieber noch und schmerzen. Na, los! Mal etwas schneller, mein Schätzchen! Und ab an den Frühstückstisch! Zieh dich aber sofort anständig an, du kannst ja schon gleich nachher Oma im Prosper-Krankenhaus besuchen. Ich schreib's dir auf: Station D, Zimmer 312.


Ich habe die Tasche fertig gepackt. Rotwein, Parfüm und Pralinchen. Und frag Oma, was sie sonst noch braucht. Nachher kommst du sofort im Laden vorbei und erzählst mir alles. Kaufe Oma noch ein paar Blümchen. Du weißt, Gerbera hat sie so gern, die süßen blassen Farben. 20 Mark leg ich Dir hin.

Tschüß, Kind, ich bin schon spät dran!"

Komisch - Und jetzt und hier soll ein Kind in der Klasee 7/8/9 anfangen, eine Fortsetzung zu schreiben! Als Märchen-Variation! Mit mindestesns drei verschiedenen Motiven?


Nunnun - stell dir mal ein Kind vor, das hier sofort loslegen kann?

Wie alt ist Inga?

Warum muß die Mutter schon so früh in den Laden? Ist Inga ein Schlüsselkind? Ist sie selbständig oder trödelig? Mag sie ihre Oma gerne? Was darf sie verraten von ihren familiären Beziehungen, ohne daß der Lehrer seinen roten Tintenrüssel da rein hängt?

--- Und I n g a zog los: Äh:

Die Mutter zog Leine. Äh, jep ... zur Kiche, ach: Kirche:


Und Inga zog sich diesen Film reien, äh. rein, im Schlafzimmer ihrer Mama:

https://youtu.be/yaO5YuoRQjE


 

BeiLäufiges: .. eine Abiturarbeit von 1965: Von der T o d e s s t r a f e

Nach-Ge Reich Tes -

Äh, - m e i n  Abituraufsatz von 1965

 BeiZuNachVorLäufiges: P r a e    F e s t u m  mitGeTeilt:

A... R..:  Reifeprüfung 1965 (14. Dezember 1984)

Deutsche Arbeit

Soll in der Bundesrepublik die Todesstrafe wieder eingeführt werden?

  • Besinnungsaufsatz –

Jährlich geht ein- oder zweimal der Ruf nach der Todesstrafe durch Deutschland. Die Anlässe sind beinahe immer dieselben: Ein Taxifahrer wird ermordet; ein Kind fällt einem Sexualverbrecher zum Opfer.

>Wandelbar in Jahren <:

Dann werden von Groschenblättern und Interessenverbänden Aktionen gestartet: „Nur der Tod kann Morde sühnen“; und schon rumort es im Volk. Und treten dann noch gar (sonst) kluge Politiker auf, die die Wiedereinführung der „vollen Gerechtigkeit“ fordern, so ist die Verwirrung vollständig.

Ich finde da bedauerlich; denn: Untersuchen wir doch einmal die Motive, die den Schrei nach der Todesstrafe verursachen! Meistens sind es doch Empörung über das gewiß bestialische Verbrechen, Zorn, also leicht irrende Emotionen, die dann die „Volksseele“ bestimmten. Am liebsten wird dann in Redereien die Abschreckung herbeizitiert: „Jawohl, die Todesstrafe wird abschrecken!“ Diesem Argument scheint am ehesten ein vernünftiger Denkvorgang zugrundezuliegen: Niemand wird mehr morden, wenn er selber dafür sterben muß. Wie steht es nun um die Wirksamkeit der Abschreckung?

Stellen wir uns zuvor eine andere Frage: Warum mordet überhaupt ein Mensch? Ein Mensch wird kaum als Mörder geboren! Ich will damit sagen: Fast jeder Menschen hat von vornherein Achtung vor dem Lebens einer Mitmenschen. Niemand braucht einen anderen zu töten; er will es auch nicht, um nicht selber von anderen getötet zu werden. „Ich will leben, also darf ich nicht töten.“

Aber trotzdem gibt es Mörder! Sicherlich gibt es auch Mörder, die streng logisch jeden Schritt ihrer Tat planen. Am häufigsten dürfte aber der Mord aus einem Affekt sein; eine Kurzschlusshandlung aus Haß, Leidenschaft usw. so ein Mensch denkt bestimmt nicht im Augenblick, da er den Mord begeht, an die später drohende Todesstrafe. In ihm fehlt dann, glaube ich, jeder Platz für rein logische Gedanken. (Sonst beginge er ja auch nicht den Mord!) Ihn wird die Todesstrafe nicht abschrecken, weil er im Augenblick der Tat keine andere Möglichkeit sieht.

Und der Mörder aus Überlegung? Sein Plan, mit dem er ja die Polizei zu überlisten gedenkt, beweist, daß er sich so gut absichern will, dass seine Tat nicht entdeckt wird. Glücklicherweise kommt es meistens anders. Aber festzuhalten ist, er lässt sich nicht abschrecken; er will ja gar nicht „erwischt“ werden.

Man kann diesen Katalog erweitern: Auch de triebhafte Mörder wird nicht abgeschreckt werden; er ist ja krankhaft gezwungen, seinem Treib zu folgen.

Diese Überlegungen stützen Zahlen aus einer Statistik des Bundesjustizministeriums. Danach steht fest: In der Bundesrepublik sind die Morde, die in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts und in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts mit dem Tode bestraft wurden, erheblich zurückgegangen. Und diese ohne dass dem Mörder die Todesstrafe droht. So glaube ich: Die abschreckende Wirkung der Todesstrafe kann zumindest nicht bewiesen, wahrscheinlich besteht eine solche Wirkung überhaupt nicht.

Andere Gesichtspunkte, die für die Todesstrafe sprechen, lassen sich nicht rein rational widerlegen. So wird häufig geäußert: Eine Gemeinschaft muß ihre Mitglieder vor gemeingefährlichen Verbrechern schützen. Tritt also ein Mörder auf, so muß er „entfernt“ werden.

Ich will versuchen, durch eine zweiteilige Antwort diese These zu erschüttern.

Erstens: Sollte man nicht mehr Wert als bisher auf die Erforschung der Ursachen legen, aus denen heraus gemordet wird? Der „Nutzen“ der Todesstrafe ist doch wahrhaftig nicht groß. Zum Abschluß sind (mindestens) zwei Menschen getötet worden, der Gemordete und der Mörder. Besser wäre es gewesen, man hätte den potenziellen Mörder vorher erkannt. Ich gebe zu, es ist schwierig!

Zweitens: ich würde niemandem zumuten, über Leben und Tod eines Menschen zu entscheiden, auch wenn der sein Leben durch ein Verbrechen verwirkt haben könnte. Zumindest in der Volksseele mag dann das Prinzip „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ unbewusst mitschwingen. Unter dem Namen „Gerechtigkeit“ mag dann etwas verborgen sein, was Eltern ihren spielenden Kindern verbieten. Wer verbietet es manchen Erwachsenen: „Wie du mir, so ich Dir“? Sicher: Gerechtigkeit muss sein! Aber eine vollkommene Gerechtigkeit ist uns nun einmal nicht möglich; das sollten wir anerkennen.

So vermag auch nicht de beste Richte, einen Angeklagten zu „analysieren“. Es wird in den meisten Beweisverfahren, um solche handelt es sich ja in den meisten Mordprozessen, ein Rest bleiben, der die Gefahr eines Justizirrtums nicht ausschließt. Um diesem einen Unschuldigen, unter vielleicht hundert Verurteilten willen: Er darf nicht sterben; er hat ein Recht auf Leben wie du und ich!

Ich weiß: Die Kirche z. B. denkt anders, sie hält die Todesstrafe für gerechtfertigt. Aber ich halte es für die gerechtere, meinetwegen: bequemere Lösung: Die neunundneunzig Mörder sollten lebenslänglich hinter Gitter, anstatt dass auch nur ein Mensch unschuldig auf den elektrischen Stuhl oder unters Fallbeil muß. Und hat nicht Goethe eine junge Mutter, Kindsmörderin genannt, auf Schafott geschickt? Im Übrigen glaube ich nicht, dass es eine humane Art gibt, die Exekution durchzuführen: Human bedeutet menschlich, und menschlich, das bedeutet in erster Linie: Leben!

So soll man auch weiterhin die Mörder in Zuchthäuser sperren, auch wenn de Strafvollzug in der Bundesrepublik jährlich Millionen kostet. Dort haben die verurteilten Jahre Zeit zu überlegen, was sie getan haben. So wäre ihnen vielleicht eher geholfen, als wenn sie vor der Hinrichtung in Schnellverfahren auf den Tod vorbereitet werden.

Einem solchen Menschen zu helfen, würde ich sogar als Pflicht betrachten: ihm, wenn er die Tat bereut, den Wege zurück in die Gesellschaft offenzuhalten. Ich glaube, ein Menscher, dem bei seiner Resozialisierung ein Mensche seine Liebe schenkt, wird keinen Menschen mehr töten.

Man sieht: In vielen Punkten lassen sich Gefühl und belegbare Tatsachen nicht voneinander trenn. Aber ich halte es für richtiger, daß Emotionen, wenn sie schon einmal auftreten in einer Sache, die grundsätzliches Menschliches, daß sie dann nicht etwa für das „kleinere Übel“ eintreten, sondern für die großzügigere, für die menschlichere Lösung: Es soll niemand sterben, solange wir es verhindern können.

Es dürfte natürlich, wie schon gesagt, schwer sein, Mord zu verhindern; aber Justizmorde können wir auf jeden Fall verhüten.

Die Väter unseres Grundgesetzes haben recht getan, die Todesstrafe nach den bitteren Erfahrungen eines Terror-„Justiz“ abzuschaffen.



*
Bemerkung des Deutschlehrers Flaß StR.i.K.:

Gaesdonck 11.1.1965: Die Hauptgedanken sind gut ausgeführt und begründet. Von geringfügigen Unklarheiten abgesehen, ergibt der Aufsatz ein überzeugendes und geschlossenes Ganze.

                                                                                 Durchaus: Befriedigend

*

Nachträgiche ErlLäuTerngen:

Meine Kenntisse zur Todestrafe beruhen wohl auf einem Aufsatz in der ZETT ( ~ von 1963/64?) von Albert Camus. -

Die Passage „Die Kirche z. B. denkt anders …“ – ist vom korrigierenden Lehrer mit Fragezeichen und Randkrakelei -, ab er ohne sachlichen Hinweis (Gr. S.) - bedacht.

Meine Bemerkung über Goethes Todesurteil gegenüber einer Kindsmörderin in Weimar, entstammt wohl Informationen einer Buchhändlerin in Goch, Frau Anna Thissen.(Ihr verdanke ich mehr Kenntnisse und Urteile als meinen Gaesdoncker Lehrern. Sie hat mich mit Literatur, persönlichen Hilfen und Freundlichkeit bedacht; später ich dort in der Buchhandlung Fingerhut ja zur Lehre; keine verlorene, aber eine zu lange Zeit. - Hier las ich im Internet von Frau Thissen: http://www.rp-online.de/nrw/staedte/goch/goch-25-jahre-buchhandlung-am-markt-aid-1.4300982)

*

Zeichen- und Rechtschreibfehler habe ich (zumeist) stillschweigend korrigiert.

*  ~ * 


Der geforderte Besinungsaufsatz war immer ein GeSinnungsaufatz: Ich wollte es vemeiden so zu tun, als ob ich eine, also meine Gaesdonckische LebensBeWeis führen müsse/sollte/könnte – ich wollge ehrlich bleibsn – zu meinem Lebsn, men ErLeben, zu menem GeLesenen – ich kam aus der proletatirschen Klasse, war erzkatholisch infiziertes GeWürm, bedürftig nach Liebe&AufKlärung&Wissenschaft:

So, wie etwa Hanrmut von Hentig es beschrieb (abseits der Sauereien, die in der Odenwald-Schule passierten):

Mein Leben, Kindheit und Jugend 2007, S. 319. Speziell gefielen ihm die turnusmäßig stattfindenden UN-Simulationsspiele, bei denen die Interessenvertretung eines beliebig zugewiesenen Landes zu übernehmen, komplexes Informationsmaterial zu sichten, auszuwerten und in einem auch rhetorisch überzeugenden Redebeitrag umzusetzen war. Gewinnbringend erschien ihm auch die im zweiwöchentlichen Rhythmus wiederkehrende Aufgabe, über einen Roman oder ein Drama einen book report zu erstellen: „Indem ich 300 gelesene Seiten auf drei geschriebenen wiederzugeben versuchte, musste ich aus der Fülle das Kennzeichnende herausfiltern. Das fordert Aufmerksamkeit, Genauigkeit und Maß – eine Ökonomie der Worte und Gedanken. Der Besinnungsaufsatz verführt zu Schaumschlägerei – expertus dico.“ (Ebenda, S. 320 f.) - Wiki-Abrug 31.01.2023: https://de.wikipedia.org/wiki/Hartmut_von_Hentig#P%C3%A4dagogische_Leitvorstellungen



Sonntag, 29. Januar 2023

Ein K a c k s p e c h t

Ver-GeSSenE-NE-s # 07 


>Szenerie, beliebig<

    D e r   K a c k s p e c h t


- Offensichtlich: eine  S c h u l-Geschichte -


Im Frühling 1994.10 b: Biologie bei Frau Dr. Walter, genannt Unsere Flotte Lotte.

Im weiten, derb blauben Kittelkleid steht sie vor der Klasse. Hat einen vollendet präparierten Buntspecht in der Hand, läßt ihn herumwirbeln. Manchmal ist sie ja etwas fahrig; aber immer guten Willens. Man kann ihr einen aktuellen Tierbericht aus dem Stern oder aus dem SPIEGEL mitbringen. Da ist sie dankbar.

Ich kann ja nicht alles lesen, was so gedruckt wird. Also Augen auf: ihr Kinder!

Sie ist Tierärztin und unterrichtet im letzten Schuljahr; da sie sich dann ganz ihrer Praxis widmen will.

Die Hausaufgabe zu dem Film der letzten Stunde ist aufgerufen: Unsere munter klopfenden Freunde von der Truppe der Spechte!

Ludger - er fühlt, dass er heut' drankommt, ist in Schwierigkeiten. Da kriegt er flugs von links und rechts je eine Hausarbeit zugeschoben. Unvollständig sind die! Was er so schnell nicht überblickt! Danke, Mädels!

Beruhigt, ohne in der Stimme sich was anmerken zu lassen, liest er ab: Unsere einheimischen Spechtarten

Zuerst ist da der Buntspecht. Und er liest routiniert, was Britta ihm hingeschoben hat...

Dann ist er schon beim Schwarzspecht, und Hildes Text darüber ist furchtbar kurz: Das rote Köpfchen des Männchens ist am deutlichsten, sonst ist er schwarz bis stahlblau. Seine Körperlänge ist - Er kann es nicht genau lesen. Britta, Mensch, deine Schrift ist ein einziger Misthaufen!

Frau Dr. med. vet. Walther blickt weiter durchs Fenster auf den blühenden Kastanienbaum: Herrliche, rote Kerzen hat er eingeschraubt.

Ja, schön, bisher gut! Und nun die dritte Art?

Und der dritte Specht? Warum haben die beiden den dritten weggelassen?

Britta kann sich das Grinsen grade noch verkneifen, sie schreibt aufs Löschblatt, mit einem erdig-braunen Filzer: Kacke, wa?!

Soll wohl eine Art Entschuldigung sein. Was tun, Junge? Ludger setzt mit derselben routinierten Stimme fort: Der dritte ist der, äh, Kackspecht.

Alle halten den Atem an. Aber es passiert nichts.

Frau Walther steht am vorderen Fenster. Schaut nach draußen. Träumt unsere Flotte-Charlotte? Die rechte Hand an die rechte Schläfe gelegt. Massiert ihre üble Migräne. Von daher dräut kein Unheil.

Ludger, noch mutiger: Der Kackspecht ist um einiges kleiner als der Schwarzspecht, aber intelligenter und gewitzter. Seinen Namen hat er vom durchgehend erdig braunen Gefieder. Doch hat auch hier wieder das Weibchen einen roten, rostroten Fleck am Hinterkopf. Auch er bleibt im Winter in den heimischen Wäldern. Auch seine Höhle hat einen ovalen Eingang, sie ist aber kleiner als beim Schwarzspecht. (Logo, will er sagen. Aber um Himmels willen nicht die Tonhöhe verändern; da darf nix passier'n! Ludger bleib bei deinem Leisten! Sonst bin ich geliefert!)

Das Brutgeschäft besorgen beide Vögel abwechselnd. Die Spechtin legt natürlich das Ei, meistens nur eins, höchstens mal anderthalb. Aber wenn der Herr Specht einmal nicht zum Kacken ins Büro muss, setzt er sich auch schon mal gerne ins gemachte Nest. Während der eine auf der Jagd nach Raupen, Larven oder Ameisen ist -

Ludger beobachtet, dass Frau Walther wie verträumt aus dem Fenster kuckt. Hat sie gar nicht mitgekriegt, was er hier redet?

Er räuspert sich, da sieht er ihren Kopf wieder zurückwandern. Er setzt fort: Auch im Flug kann man ihn von dem Bunt- und Schwarzspecht unterscheiden: Er fliegt in seinem wellförmigen Flug von Buche zu Buche.

Frau Walther greift ein: Ja, danke, Ludger -(Sie sucht im Notenbuch -): Winkler, Ludgerus. Gut plus, denke ich! Einverstanden? Ich will dem Ludger ja nicht Unrecht tun. Er macht ja viel Mist, empörend viel, mein Junge, wenn ich bei den Konferenzen so richtig hinhöre. Aber heute war er:- und alle rufen: Spitze!

Nur das mit dem Schwirrflug hast du durcheinander gebracht. Nur der Schwarzspecht fliegt so gerade und häufig über den Wipfeln. Er braucht sich nicht so zu tarnen. Er kann auch den unedel frechen Elstern ein gehämmertes Paroli bieten. Und wenn er will, macht er sich auch am braunen Waldboden oder im Kompost der Waldbauern schaffen, dass der Dreck fliegt.

- War aber besser, als was ich je bisher von dir gehört habe. Ist ja erfreulich, wenn man das mit dem vergleicht, was man von den anderen aufgesagt hört - äh, hören lernt, äh, sagen gehört!

Äh: Es hat doch geschellt - auf dem Flur: 

Mensch! das war kackfech!

 

 

                                 < Gymnasium in der   Magnolienblüte <

Hans, oh, mein LapismusMons

 


V  s  s  s  

 ad discipulum meum -  #  06



Dachmäßig  g u t  be hüt et


Hörzu – Hans!

Im Schlafsaal.

Ja,

Hej – lass mich erzählen: Mit den vier Reihen Bettgestellen und den dürftigen Bezügen, Laken, Kop und Oberbett (wie wir es mitbringen mussten). Ja, da zwischen den mittleren war der Zugang. Die nach außen mussten immer ein bischen rücksichtsvoller sein.

Oberhald, als Decke, die Holzvertäfelung, wir waren im Obergschoss der Turnhalle untergebracht; oben über uns, nur der Dachstuhl.

Eben, wenn ich in der Mitte durchlief –

Ach, von dem Bett an meiner linken Seite. Da bist du zu mir hin ausgestiegen. Und wann haben wir abends wohl miteinander geredet. Ja, wir hatte uns nichts Persönliches zu sagen: Hausaufgaben, Förderkurs, Messedienen, Mittagessen?

Ach, ich weiß nicht.

Einpaar mal hat es mich intersssiert, was einer der Primaner uns vor-redete.

Ach, ja, die machten so eine Schlafsaal-Betreuung.

Ja, der Werner.

Jedesmal wenn ich mitten duchlief. Hat irgendeiner mich beläsigt. Da flog mal ein Kopfkissen, so spät dir vor die Füsse. Da das du darauf treten musste.

Und ich musste eimal einen neuen Bettbezug spendieren.

Hans. Wir sollten von deiner weißen Bettwäsche schnuppern.

Äch-noch!

Wenn ich mal ohne Blessuren durchkam?

Aber ich habe nie gemerkt, was da runter – äh, gelitten hast.

Es war ein Katstrophe. Bis ich gelernt habe, einfach da Vater-Unser zu sag-, zu sprechen.

Du hast wenn durch durch den Schlafsaal wolltest –

Ja, das Vaterunser -, später das GegrüßetseistduMaria. Das war fülliger im Kopp. Wohliger! Besonders als ich es Lateinisch sprechen und dann singen konnte.

Immer alleine für dich? Armer Sack. Ja, als durch einfacher durchstolzierst bist, ohne dich zu rächen, ohne zu mucken – das wurde es seltener.

Ja! Ave Maria – (er singsangsingte es: http://www.youtube.com/watch?v=OxjJFB-j5RU

Ja, du hattest eine tiefe Tiefe?

Ich kann mich nicht erinnern, was mein Körper blies:



Mein Hans.

Einer, dessen Anblick ich verloren hatte. Auf einem Besuch in dem entfernt liegenden BlödsinnsBesuchsfest!


Harle, nicht Klinke. Da wurdest du verspottet-

Da bin ich jetzt zum dritten Mal entlang gefahren. Früher hieß es noch Klinke.

Heute Harle -


Das Häuschen. Nachpfingstlich geschmückt mit dem Garten. Das wächst und blüht schon. Bestimmt hatte mich die Pfingstbotschaft bedrängt.

Mit einem Mädchen, mit dem es danach Schluss war. Das ich keine zwei Wochen später absagte.

Mit der Ente unterwegs ins Münsesrland, die erste Reise, wohl über die Weselr Reheinbrücke. Mit einem bescheidenen Email-Schildchen auf der rückwärtein Klappe: U.L.Ente.

Blitzschnell gefunden, wenn ich mich heute erinnere. Wohl zur Kaffeezeit, sonntags. Obwohl das für uns keine Rolle spielt. Ich hatte Tina einiges erzählt. Die Erzählung lief auch stotternd. Aber ich war angekommen. Hatte es überblickt: Ein Haus wie mein Elternhaus: Eine Husche – oder einen Koten, mit langem Garten. Ein kleiner Kotten, eine Kate, der sich in der Mittagshitze duckt. Da döst alles. An der Hecke entlang, die an einigen Stellen bis zur Dachrinnen reckte. Zur Haustür. Ach, ja, auch eine Heckenpforte. Irgendwie. Ich suchte: kein Namensschild. Aber eine Drehklingel. Ratsch. Rätsch macht so ein Dusselchen.

Es döst noch immer.

Noch immer im Bett 23 – krank! Eine Putzfau ruft den Assistent, äh: rufen: Muus oder dergleichen.


* ~ *


So geht es in unserer Küche seit wir im dritten Stock leben: „Verdammt [sei] der Fisch im dritten Wasser!“: Erst schwimmen, dann kochen, aber dann nicht auch noch Wasser dazu trinken. na, ja, das sagt der Aphorisms vom Maledictus piscis in tertia aqua.

Wie Mutter mich vorbereitet hat:
Ja, mein Wunsch stand fest: Kaplan rdne. 50 Mark geschenkt, der Piss-, Pastors annehm -. Nach Münster sich aufmachen. Vom Rektor der Volksschule werabschiedet. Mutter; Vater unerklärbar im Hintergrund (keine Wünche. Empfehlungen, keine Vewünschungen) - Mutter: - "Ja, tu uns das nicht an. Ja, der war ein Doktor. In der Kirche. Nach Münster gesandt. Wurde krank. Gemütskrank - da ..." Sie wusste nicht weiter. "Tu uns das nicht an. - Wie man das anstellen kann. Hat sie mir nicht erklärt. Erklären können – Abr, ich fadn in der Ludgerus-Kapelle,im Coll Ludgerianum, ein Laudate im Goldschnitt, ausgezeichnt mit seinem Namen von Liebfrauen Goch – Das hat dem Aufräumen standgehalten.
 
 
 
Ja, Werneri - du Schelm:

Wo du mich in meinen Leben eingegriffen hat: Als Beichtvater (aber nicht von oder für mich . Als Vertreter der patriachalen Stuktur der Kirch. Der pseudo-väterlichen Kirche - und erklärt mir, nachdem ich ihn daraus aufmerksame mache, ich ich der Frau M. die Gefolghaft verweigerte&sich verliebte, gottsakrament: Ja, da haben wir so gelernt. Und wurde gesagt. Das kan ein Psychologe. Ja, ein Professor zu uns. An einem Abend erlärte er uns: In der ersten Zeit der Ehe. wird das entschieden. Wer die bestimmende vorgebliche Rolle ausübt. Äh, meist der Mann. Da bist du zu kurz - äh. wohl - gegeben, zu kurz gekommen. - Kann mir leid tun –

>> Ja, tief gläubig.


Fünf Begriffe von diesem Kost-Vornehmen kenn ich nicht. Und ich glaube, des Deutschen mächtig zu sein; nein all-mächtig nicht. Aber so ungefähr; auch mit Latin und Griechisch. Aber das packt es hier nicht: das Gerlever Neu-Pekuniäre:

Was Irdisch-Schrottiges, so wohlverpackt mit Fremdwörterischem, das man zupak-, pardon: zubeißen möchte, wenn man sich so vergeistigen möchte, mit „geistlichen Schriftstellern, älteren und jüngeren), potz: was da angeboten wird, von wem und was, da wird vorab nicht mitgeteilt. Das Fressifrassi ist wichtiger - tausend.

Apfelbeignet: So eine Begriffskostbarkeit verwendet man für Obstkrapfen, wohl zumeist im Brandteig, kann aber auch Hefeteig gemeint. Doch auch Beignets aus Fleisch, Geflügel, Gemüse statt Obst, so dass international unter der Speise Beignet wieder Anderes als ein Obstkrapfen verstanden werden kann. Amen. Aufklärung wird man nicht im Römischen Missale finden.

Und da rumpelts: „fangfrisch“, eben mit fangrische rForelle.

Wirhaben mal in der Schweiz zwei Forellen serviert bekommen.

Hans: Wer, wer?

Ich: Hej, Hänschen. Warst du das?

Hans: Ja, ihr? – Wwer da? Ich war nie in der Schweiz. Ein Familie, huj! Ich war nie in einem wir.

Das stimmt doch nicht: Du warst mit 68 Jungen – ja, auf einem Schlafsaal. Weisst du, wie viele mich davon getrietzt haben?

Was meinst du: getrietzt?

Ja, ihr sagt heute: gemobbt. Blödes Wort!

Ja – ich habe dich auch. Na, ja, ich bin mitgellaufen. Und einmal, da war ich der Auslöser für eine langanhaltende Verfolgungsjagd. – Aber du hattest da schon dein Klavierspiel. Wupp – mit dem Flohwalzer:


Der Pantokrator mit den vier Tiersymbolen: Kraftpaket Löwe; Flugbereitschaft Adler und was weiß ich.

Schlag anch!

Mei – wo denn?

Na, im Herder? Was? Ja, im Herder-Lexikon. 12 Bände oder 20. Während der Nazizeit haben die noch rucken dürfen. Immer: pantokratisch:


Das Wort erscheint in der Septuaginta als Übertragung des Zeus-Beinamens pantokratis auf JHWH Zebaot und für El Schaddai, aber für keinen der Begriffe durchgehend. Im Neuen Testament kommt die Bezeichnung nur einmal im 2. Korintherbrief und neunmal in der Offenbarung des Johannes vor, dort immer auf Gott den Vater bezogen. Die Übertragung des Titels auf den Sohn, sachlich bereits unter anderem in Matthäus 28,18 vollzogen, geschah ausdrücklich erst im Verlauf des 4. Jahrhunderts.“

Altarbild

Hast du da immer hingerich-, hingeschaut.

Ja, ich war da zweimal Messdieneer. Utner der Woche.

Und sonntags.


Nur ein einziges Gemälde ziert die Zeuterner St. Martinskirche - das monumentale Abschlussbild an der gesamten Chorwand. Es soll uns die Geschehnisse in der hl. Messe und beim Lobpreis Gottes verdeutlichen und näher bringen.


Buchhandlung „Kloster Gerleve“:


Und as: Da war ich Schuld, das ich mir wieder eine anllass bot: Auch so ein Sonntagserlebnis: Es donnerte in der Nacht: reichhaltig wohl Aber ich hate einen gutenSchlaf. Und


Zwei, drei Bücher: Coesfelder Bauernhäuser. Leben im Westfalen. Kirchen im Wesfalen

Ein alter Büchersmanan wird gerufen: Bruder Petrus:

Ich zeig auf zwie Bücher: Mich interessieren Bauernhäuser. Katen? Sozialisatioin derLandbevölkerung

Bbodenkunde. Ach: heimat!

Ja, wie man früher lebte. Hier habe ich zwei bilder gefunden: Schützenvereein Georgs-Gildd“

Bücher-Petrus: (kuckt den Bexucher an. Lapismos!“ - „Tschü! - (Pause) „Wie alt sind Sie?“ Lapismons (fragend! Ich bin so alt wie Hans Steinberg.

Wusste ich. Da kommt irgendwann wass. Sie sind spsät dran. „Pause hier! - Raus. Äh! Bitte“

Zwei Personen. Gäste des anderern Buchhändlers (Er flüstert den Gästen was zu. Drängt

sie vorsichitig hinaus.

Bücher-Pretrus zieht einen leichten Vorhang zwischen Buchhandlung und Hinterzimmer. „Da. Setzen Sie sich da hin! - Hans' Stuhl. Hat er gschnitzt! - Einen von dem Terzett. Die anderen stammen von mir.Ich hatte mehr zeit.Warum kommen Sie erst so spät.- Warum, Bruder Petrus, sitzen Sie hier – und warten auf mich.

Ich habe – Ihre - Wahrscheinlich habe ich Ihre Briefe seit 50 Jahren!“ - Wie?“ „Nein, nicht hier, in meiner Klause!“

Und – Sie haben – Hans hat Ihnen?

Yeah!“

Ich – äh, ich habe Durst. - Verstehen Sie. Ich bin Diabetiker.“

Sehr wohl. Ich ziehe mir auch gerne einen rein!“

Hans lebt noch in … mir -

Ja, in mir. Mein Bruder. Mein Freund. „Kommen sie an meinen Mund: Mein Freund.Wirklicher. Mein – Geliebter!“

Und Sie haben … - überlebt.?“

Ja, ich pflege noch sein Grab. - Drüben in der Gemeinde. Muss man akzeptieren.“

Bruder Petrus. - ah - Darf ich Sie drüben in die Ludgerirast einladen?“

Wollen Sie mich vergiften? Er schaut hinter den Vorhang. Ach da sind so viele Sonntagsnachmittags-Damen. Die wollen gerne prsönlich behandelt werden. - Ja, ich geh mit. In den Kuhstall! - Ist nah gnug.“ (Er holt eine flache Silberfläschen aus dem Gewand: „Möchten Sie einen Schluck: Ludgeri-Wasser!?“

Danke! - Mir reicht pures Wasser!“

Heje warst du mein geliebter Hans, mein Lapismos?


Der F a r b e n L u s t & L a s t

V  s  s  s  

 -  ad discipulum*am -  #  05

anton@reyntjes.de

-An: Marie-Curie-Gymn. -

Der Farben Lust und Feuer

Schulszene: Oberstufenkurs: Auf den Tischen liegen Taschenbücher: Alfred Anderschs Sansibar oder der letzte Grund (1970. detebe 20055)

Lehrerin Frau Pauen, Schüler (z. B. Jörg)

Jörg (hat den Roman aufgeschlagen in der Hand:) Ist das denn vielleicht metaphorisch gemeint?

Lehrerin Pauen: Was meinen Sie, Jörg? Können Sie den Zusammenhang noch mal aufzeigen?

Jörg: sucht im Text, kommt nicht zurecht.

Lehrerin erzählt (Rückschau:): Ich glaube, die erste Szene des Helden Gregor, des kommunistischen Parteigängers auf Abruf, schon abschließend zusammengefaßt und erledigt zu haben, zwei Minuten vor halb zwölf: Ein Mann vor Rerik, an der Ostsee, von wo aus noch ein Weg in die Freiheit über das Meer führen könnte: nach Sansibar oder anderswo, z. B. den Mississippi hoch! Mit dem Rad unterwegs, er macht Pause; derweil für ihn der personale Autor den Himmel beschreibt; was soll's? Sein Parteiauftrag wartet auf ihn.

Will er ihn noch erfüllen?

*

Eine Schülerin spricht mich an, nach Jörgs Beerdigung, die nach dem Willen der Eltern in aller Stille abgelaufen ist. Auch die Lehrer haben es nicht erfahren. Nur der Direx. Er sollte es verheimlichlichen. -

"… ohne schulischen Zirkus, bitte, Herr Kocher!"

Sie fragt mich: "Meinen Sie denn, der Jörg sei nur so vom Rad gefallen, einfach so!?"

Pause. Zum Nachdenken. Sein Gesicht hab ich vergessen. Passiert mir, wenn ich mich an jemadnen erinnern will.

"Der war stinkbesoffen. Der hatte mehr Probleme als Kohle, der blöde Kerl! Daß er vom Rad gefallen ist und dann vom Auto überfahren wurde, das war Zufall - oder -" - sie korrigiert sich, "auch wieder nicht. Das hat ihm schon sein Vater prophezeit..." - „Bitte?“

Wie darauf reagieren, Herr Oberlehrer?

Versuchsweise so: "Waren Sie nicht befreundet mit ihm? Ich hab' Sie doch vor zehn Tagen mit ihm bei der Lesung mit Erich Fried im Kunstbunker gesehen."

"Ja, das war noch okay, aber er trank zu viel, viel zu viel. Zwei- bis dreimal in der Woche war zu und so was von dicke! Meine Eltern haben ihn dann bei mir erwischt, morgens, als wir zur Schule mußten und ich mit ihm rausschleichen wollte. Weil ich ihn doch nachts nicht die Treppe runterjagen konnte. Schicker wie er war."

"Haben Sie darüber mal mit jemandem sprechen können?"

"Mit wem? - Mit einem Lehrer?"

Oh, Pause.

"Und dann war er furchtbar verletzlich. Und in unserer ersten Zeit konnte er mir ja noch dolle Märchen erzählen, in allen Figuren, Formen und Farben - die Rapunzel auf dem Kirchturm von St. Peter." Pause. "Wenn er Geld hatte, nahm er Hasch, später Härteres. Sonst blieb er beim Alk, wenn er knapp bei Kasse war. Und besoffen von Farben! Der konnte Märchen erzählen, solange er sprechen konnte, bis er nur noch lallte, vom itefsten Blau.

Dann erzählte er sich, glaube ich selber, die schönsten Geschichten im Suff!"

Pause. "Einmal zeigte er mir den Himmel am Abend über Rerik. Seine Lieblingsstadt auf dem Wege in die Freiheit. Wohin er mit mir wollte! sagte er immer die blaue Wand. Ich habe einen gesehen, der ohne Auftrag lebt. Einen, der lesen kann und dennoch aufstehn und fortgehen. Da konnte er mit dem Rad über die Abendwolken reiten, so in ein paar Sätzen. Der konnte Farben beschreiben, alle sichtbare und die unsichtbaren! Farben seien das Lächeln der Natur - war seine Rede. Und beim Trakl fand er alle Farben versammelt. Das Silber für das Gedankliche und so weiter, ich weiß es nicht mehr. Und das Rot für unsere -"

Sie stockt.

"Da wurde jeder schöne Abend, der nüchtern anfing, wie zu einem wild glühenden Himmelfahrtstag bei Raffael oder so ausgekleidet, mit Legenden von Herakles oder Ödipus. 'Meinetwegen', sagte er dann immer, wenn ich ihn knuffte, 'auch für deinen Jesus, dem Magister aller Regenbögen, äh'." Pause.

"Sie wußten Bescheid, wie es um ihn stand? Ist das sonst niemandem aufgefallen? Seinen Eltern? Und hier an der Schule?"

"Ich glaube, da konnte ihm niemand helfen."

"Und wie lange ging das schon?"

"Für den Unterricht brachte er meistens Entschuldigungen von seinem Hausarzt: Bronchitis! Einmal Lungenentzündung!

Aber die letzten zwei Monate war es schlimmer. Von seinen Freunden lieh er nur noch Geld, bis die ihn rauswarfen. Ich konnte ihn nicht mehr bei mir reinlassen." Pause. Sie sind jetzt in der Ecke hinter der Turnhalle. Sitzkreis im Grünen.

"Das letzte Farbenspektakel - ein Sonnenaufgang vom Balkon des Zeichensaales aus gesehen, das ich von ihm habe - von dem hat er mir im Stadtpark hinterm Festspielhaus erzählt. Da machte er die Farben der Landesflagge zu einer Art stars and stripes. Und dann ist er noch ins lighthouse gefahren, der Idiot. Er hat mich nicht mal nach Hause gebracht. Und dann hat es ihn auf der Bahnhofstraße vom Rad gerissen."

*

Und Jörg fragte energisch nach, als ich die Stunde schon beendet sah: "Ich meine ... die Farben des Himmels. Genauso wie die Türme das wachsame Aussehen dieses Kaffs da an der Ostsee prägen für ihn, den Flüchtling. Könnten die Farben da auch symbolisch gemeint sein? Weil er doch so naturversessen ist als Gegensatz zur Parteiarbeit und allem Zwang und der politischen Bindung, äh, ich meine Bildung. Das ist doch die Bedeutung des goldenen Schildes von Tarasovka, das ist doch richtig? Und jetzt sieht er Rerik, von wo aus er fliehen will - schieferfarben und rote Blöcke, eingelassen in das Blau der Ostsee. Seite 12, auch Helander! Ich meine, kann man das sagen: blau-grau-rot? So wie wir von der Trikolore sagen: blau-weiß-rot?" Alles lachte. "Hab' ich die Farben vertauscht? Egal! Sah er schon seine Freiheit, ein bißchen verschwommen noch, heraufziehen, ganz sinnbildlich? Oder war es der Abschied?"

Der Lehrer hat mehr gedruckst, als zur Klärung beigetragen: "Können wir das Problem nicht in der nächsten Stunde noch aufnehmen? Denken Sie dran, Jörg, ja? Sie melden sich wieder? Ein weiser Chinese hat mal gesagt: Farben sind das Lächeln der Natur. Also, so weit für heute - Äh -?"

Beim Hinausgehen tätschelte ihn sein Freund: Und der enteilende Magister hörte ihn zu ihm sagen: "Aber, die schwarz-weißen Kühe (Andersch, Seite 21: die Weiden, die Koppeln, von schwarz-weißen Kühen und von Pferden gefleckt, dann die Sadt, dahinter das Meer, eine blaue Wand): sind doch reine Natur - oder siehst du in ihnen die Gegensätze, wie man sagt, als Schwarzweiß-Malerei von besessener Melkpflicht und -schemel zum Ausruhen. Selbstverwirklichung auf einem Ökohof?"

(Solch einen Freund hätte ich als Schüler haben müssen, ging mir da noch durch den Kopf; jetzt in die 6. Stunde, Fontane-Ballade vom tapferen John Maynard; aber meine Gedanken laufen ander - eine kleine, fliehende Erinnerung an meine Schule, wo ich das Abitur machte. Wieder die alte Klasse im Primanerbau vor meinen Augen: "Am farbigen Abglanz haben wir das Leben" - das fand da gespreizt im Faust-Seminar statt, direkt vor dem Abiturtermin, auf dem humanistischen Anstaltspapier. Stockdumme Latein- und Griechisch-Pauker, nur daß sie nicht mehr schlugen wie zu Kaisers zeiten! Warum bin ich da noch heute über die verlorene Zeit böse? Und: Mach ich's besser. Ratschläge seien auch Schläge, meint mein sensibler Zeitgenosse.)

Jörg hat sich ausgelacht, unsicher, damals, in den abwehrenden Armen seines Klassenkameraden, meine ich.

Und mich hatte die Schelle gerettet.

*

Nichts war mir aufgefallen, damals - als Jörg ein halbes Jahr lang in meinem Deutsch-Grundkurs saß und ab 11/2 in den Lk überwechselte.

"Er kann interpretieren, daß es eine Lust ist zuzuhören. Aber er muß noch methodisch arbeiten lernen", sagte mir einmal beiläufig in einem Gespräch die Kollegin, die ihn im nächsten Halbjahr unterrichtete.

Dann hat es ihn nach zwei Monaten schon hinausgeschleudert - über alle und alles und allerthalben hinweg: Eltern, Freundin, Clique, Kursgruppe, Lehrer – Schüler - radelnd in einen LKW hinein, der noch nachts unterwegs war: von vorne direkt hinein in die Front, unvermittelt (wie der Polizeitbericht schrieb):

Auf seiner Suche nach Farben: Ein Rot, ein Grün, ein Grau vorbeigesendet...?

Später angelesen


Neu als dtv:


Farbig -… ich stutze beim Cover des Taschenbuchs: tief-dunkel-blau, farbiger Strand in Rot. Schwarz und grünerdige Äcker, nach einem Gemälde von Gabriele Münter:“Weg am Iseosee“ (1933; Ausschnitt):


 

 

Samstag, 28. Januar 2023

Im BeTreff : Thomas B e r n h a r d

 

Fragment &Arisches über Th. B e r n h a r d :

 



LITERArISCHe  S T I M M ung E N



Thomas Bernhard: Hamsun


Nahe Oslo haben wir einen etwa sechzig­jährigen Mann kennengelernt, der uns noch mehr über jenes Altersheim berich­tete, als wir schon aus Hamsuns Aufzeich­nungen über sein letztes Jahr kannten, weil er genau zu jener Zeit in dem Altersheim beschäftigt gewesen war, in welcher auch der größte norwegische Schriftsteller dort existierte. Der Mann war uns schon län­gere Zeit durch seine Schweigsamkeit in jenem am Freitagabend naturgemäß lauten Gasthaus nahe Oslo aufgefallen, in wel­chem wir mehrere Tage übernachteten. Nachdem wir an seinem Tisch Platz ge­nommen und uns vorgestellt hatten, erfuhren wir, daß der Mann ursprünglich Philo­sophiestudent und zu Studienzwecken unter anderem vier Jahre in Göttingen gewesen war. Wir hatten ihn für einen norwegischen Schiffskapitän gehalten und waren an seinen Tisch gekommen, um noch mehr über die Seefahrt zu hören, nicht über Philosophie, vor welcher wir ja aus Mitteleuropa nach Norden geflohen waren. Der Mann hatte uns aber mit Philo 

sophie in Ruhe gelassen und gesagt, daß er die Philosophie tatsächlich über Nacht aufgegeben und sich mit siebenundzwan­zig Jahren der Altersfürsorge zur Ver­fügung gestellt habe. Er bereue seinen Ent­schluß nicht. Gleich seine erste Aufgabe sei es gewesen, einem alten Mann aus dem Bett zu helf en und ihm sein Bett zu machen und wieder in sein Bett zu legen. Dieser alte Mann sei Hamsun gewesen. Er habe Hamsun viele Monate lang tagtäglich in den hinter dem Altersheim gelegenen Gar­ten geführt und ihm jene Bleistifte im Dorf gekauft, mit welchen Hamsun sein letztes Buch geschrieben habe. Er sei der erste gewesen, der den toten Hamsun ge­sehen habe. Damals sei ihm naturgemäß noch nicht klar gewesen, wer Hamsun, dem er das Leintuch über das tote Gesicht gezogen habe, gewesen sei. Aus: T. B.: Der Stimmenimitator. 1978. S. 7f.)

*  ~   *

Versus: Thomas Bernhard


Ein Schlittschuhfahrer, ein Fummler, ein zeilenschindender Nörgler, ein Verzapfer syllogistischen Platitüdensalats, ein mottenkranker Unentjungferter, ein schlüpfriger Winkeladvokat, ein Salzburger Korinthen kackender Schmähsabberer, ein Prahlhans, der alles besser kann als die anderen ... ein ungehobelter Bär, der sich selbst mit seinen Schrullen zugrunderichtet, da er stets dieselben Pfotenhiebe austeilt, mit immer derselben dicken, schwe­ren, dickköpfigen, niederländischen Bauernlümmelpfote, dieselben Hiebe nach immer denselben Hirngespinsten, dem Land seiner Geburt und dessen Patrioten, den Nazis und den Sozialisten, den Theatermachern, allen anderen Schriftstellern und mit Vorliebe den guten, genauso nach den Kritikern, die seine Bücher beweihräu­cherten oder verrissen, ja, ein armseliger, selbstverliebter Don Quichote, dieser elende, alles verratende Wiener.

Hervé Guibert (ohne Quellenangabe in: Dichter beschimpfen Dichter. Hrsg. v. Jörg Drews. Leipzig. 1994. S. 15) - Hier gibt es schemenhafte Auskünfte: https://de.wikipedia.org/wiki/Herv%C3%A9_Guibert

*  ~   *

MitteilSammLer B e n d e r ;

Hans Bender:

Eindringlich der kurze Bericht auf der ersten Seite in Thomas Bernhards Prosaband: "Der Stimmenimitator". In Oslo ist Bernhard einem sechzigjährigen ehemaligen Krankenpfleger begegnet. Früher hat er im Altersheim nahe Oslo einen Greis betreut, ihn zu Bett gebracht, in den Garten geführt.' ihm Bleistifte besorgt im nahen Dorf und zuletzt da, Leichentuch über das tote Gesicht gezogen. Erst hinterher hat er erfahren, wer dieser Greis war: Knut Hamsun.

Auch das bezeugt diese Prosa: Viele andere Schriftsteller rei­sen nach Oslo und anderswohin, aber kein alter Mann begeg­net ihnen und gibt ihnen einen so hintergründigen Bericht. Bernhard zwang solche Begegnungen herbei. Es war seine zusätzliche Begabung. Ja. er war versessen darauf, Menschen kennenzulernen, die ihm etwas mitteilten über das Leben und Sterben.

*  ~   *

Hans Bender:

Thomas Bernhard habe ich gekannt, als er noch jung, nicht so berühmt und abweisend war wie in der zweiten Lebens­hälfte. In einem Hotel-Restaurant in Regensburg saßen wir uns gegenüber beim Mittagessen. Wir löffelten eben die Suppe, als Bernhard einhielt, zur Decke und zur Stuckro­sette, die uns überspannte, aufschaute und zu schildern be­gann, was er befürchtete: Sie könne abbrechen, Brocken des Stucks in unsere Teller fallen, die Suppe werde überschülpen und uns, die Stadt, ja, die ganze Welt ertränken! War's nur ein Scherz? Eine Aufforderung.. einzugehen auf seine apoka­lyptische Schilderung? Ich versuchte es, doch meine Zweifel wollten meine Phantasie nicht so entzünden wie seine. War das Quantum der Suppe nicht viel zu gering, um eine Sint­flut, wie Bernhard sie beschwor, zu verursachen? Ich. der Realist. Er, der Visionär.

*  ~   *

>>> Da gönn ich Ihnen - und mir - eine schönere Erinnerung an Hamsum:


Noch eine schönere Erinnerung an Hamsun - von Astrid Lindgren:

Das Schlüsselerlebnis meiner Jugend war Knut Hamsun.

Ich erinnere mich noch an einen Frühlingstag in den zwanziger Jahren, als ich oben vor der Engelbrektskirche unter einem blühenden Faulbaum saß und Hunger las, ein größeres Leseerlebnis habe ich wohl nie gehabt. Ich war jung und einsam und sehr arm, ich war erst vor kurzem aus Provinz gekommen und kannte niemanden in Stockholm. Die Alltage im Büro waren ja erträglich, aber meine Sonntage waren einsam und trist. Sie konnte ich nur mit Hilfe von Büchern überstehen. [ ... ]

Alles mischte sich zu einem einzigen intensiven Glücksgefühl über das Buch und die Zusammengehörigkeit mit dem jungen Hamsun und allen anderen, die in den Städten der Welt hungerten. Wie zum Beispiel ich selber, na ja, na ja, mein Hunger war wohl nicht annähernd so bitter wie der von Hamsun, der da drüben in Kristiania an einem Holzspan kaute. Hier in Stockholm war es nur so, dass man sich nie richtig satt fühlte. Aber das, reichte, um sich mit dem jungen Narren in Kristiania zu identifizieren - und man stelle sich vor dass er ein so wahnsinnig lustiges Buch über den Hunger schreiben konnte!

(Expressens Leseextra, November 1974; aus: A. L.: Steine auf dem Küchenbord. Hamburg 2000. S. 28)

Freitag, 27. Januar 2023

... auch eine Lehrer-Geschiche < ... Brief ... einer Schülerin >

B r i e f e a n d i e s e & j e n e:

A n/Für

 Lehrer&Schüler&(verlorene)Freunde&Nichtsnutze&'Feinde'&Nachbarn&Pfarrer

Bettina P.

  • geschrieben 1992-

Ein Briefchen an einen Lehrer von einer B. P.


Nun, schöne Grüße von den schönen Häusern, Museen und, und ..!


Am schönsten ist aber die Uni: Im Vergleich zu den Ruhrgebiets-Unis das reinste Märchenschloß - und das auch noch in der Innenstadt. Sie merken sicher schon,, daß ich in Schwärmen geraten könnte. Ich habe wirklich rundherum Glück: mein Zimmer liegt zwei Straßen von der Innenstadt entfernt, genau zwischen Einkauf und Altststadt.

Außerdem hat das Schicksal mir einen Traum-Job gerade hinterhergeworfen: Ich arbeite in der Kunstabteilung einer Buch- und Kunsthandlung mit direkt neben der Uni. Ich berate Kunden, die Kunstdrucke rahmen lassen wollen, schneide Passe-par-tous zu oder verkauf nur Postkarten. Und wenn man niemand da ist, hae ich Zeit, stöbern. Als mir diese Postkarten von A. Anker in die Hand gefallen ist, mußte ich einfach schmuzeln und konnte es mir nicht verkneifen, sie einem Lehrer zu schicken!


                                                               Albert Anker: Schreibender Schüler


Das Beste an dieser Arbeit ist, aber, daß ich Anregungen fürs Malen bekomme und 20 % auf alle Bücher, die ich kaufe. Ein echter Segen!

Mein Studium gefällt mir sehr gut. Es schafft mich glücklicherweise nicht so sehr, daß ich so über meinen „cahier“ einnicke,wie der arme Junge …

In Itatineisch bin ich relativ weit, es macht Spaß und ich fühle mich schon fast unterfordert.!

Ganz anders sieht es in Französisch aus. Die „Franosen“ verlangen sehr viel und sich recht srtreng – eine Fünf im Probedikatat ist nicht Besonders, wenn ich für einen falschen Buchstaben einen orthographischen Fehler bekomme, einen grammtischen und – weil ich das Diktierte phonetisch falsch umgesetzt habe – noch zwei phonetische obendrein...

Ich lasse mich aber nicht demotivieren, sondern sehe es mal schreibt als wohl eher wichtige Erfahrung für eine angehende Lehrerin an, einmal dass Gefühl zu haben, daaß andere nich imGeise die Hände über dem Kopf zusammenschalgen, weil man eine Fünf hat, so wei es in der Schule wasr, sondern die Augenbrauen hochziehen und denken: „Na, die is dann ja wohl nicht die Allerkügelst!“ Dieses Gefühl hat mich am Anfang nicht gerade erfreuet ….

Inzwischen habe ich allerdings mitbekommen, daß es normal ist, daß es nur so Fünfen und Sechsen hagelt und daß einfach nur sehr viele Leute 1) nicht so ehrlich, zu sagen: ich selber auch eine Fünf und 2) nicht realistisch genug sind, daß die Maßstäbe halt sehr, sehr hoch sind.


Nach der ersten kalten Dusche habe ich als mein innereres Gleichgewicht wieder und das Mottto: Klappt es nicht beim erstsen Anlauf, klappt es halt beim zweiten!

Ich freue mich jedenfalls im Moment sehr über die Weihnachtspause, in der ich lernen kann, ohne daß neuer Stoff dazukommt!

Ein paar ruhige Feiertage zu Hause kann ich gut vertragen, und auch das Ruhrgebiet vermisse ich dann und dann [dann&wann]: Bonner sind manchmal etwas spießiger, etwas weniger offen.


Wenn ich also später mal die Möglichkeit haben werde, im Rurhgebiet zu arbeien,werde ich nicht lande zögern, sie zu ergreifen!

Lieber Herr R., ich hoffe, Sie verbringen die Weihnachtsfeiertage gemütlich, erholen sich in Ferien eien bißchen vom Schulstreß und „rutschen gut ins neue Jahr°

Ich grüße Sie ganz herzlich,

                                                       Alles Liebe,


                                                                                 Ihre -


(P. S.: Sie brauchen mir dieses Schriftstück nicht korrigiert zurückzuschicken, die Fehler laufen jetzt bei mir unter >künstlerischer Freiheit< ...! - Viele Grüße!!

 *  *  *


                                                   Ja, danke -  AStRey -