Einladung zum " G e r m a n i s t e n "
Einladung zu
meinen Sprach - GeLüsten
- Kapitel I -
Zweimal Einladung“, zweimal Vorwort… zu meiner Anthologie mit Texten, die meinen Sprach-GeLüsten hekommen:
Abraham a Sancta Clara:
Invitatio
Herbei, herbei,
Ihr Herren und Frauen,
Gar schöne Ding sind hier zu schauen,
Mein Füllhorn hat für alle was,
Hier findet Ihr Ernst und findet Spaß,
Der Fürst, der Kaufmann, der Poet,
Was hämmert, meißelt, gräbt und näht,
Was sticht und hobelt, feilt und raspelt,
Was klopft und spinnt und kocht und haspelt,
Was betet, lüget, singt und weint,
Ist alls in diesem Buch vereint.
*
„Invitatio“ meint also eine Einladung in sein Buch…- hier biete ich es als Bekenntnis zu „Illustratio“: nonkonformistische Aufklärung als sprachliches Vergnügen. - Im Mittelalter nannte man das „Witz“.
*
Abseits von Kirche „Professer“ und Gottes Gnaden: die Volksaufklärung, wie Ludwig Thoma sie beschreibt:
Ludwig Thoma:
Sexuelle Aufklärung
Der alte Storch wird nun begraben.
Ihr Kinder lernt im Unterricht,
Warum wir dies und jenes haben,
Und es verbreitet sich das Licht.
Zu meiner Zeit, du große Güte!
Da herrschte tiefe Geistesnacht
Man ahnt manches im Gemüte
Und hat sich selber was gedacht.
Mich lehrte dieses kein Professer;
Nur eine gute, dicke Magd
Nahm meine Unschuld unters Messer
Und machte auf dieselbe Jagd.
Ihr Unterricht war nicht ästhetisch,
Im Gegenteil, sehr weit entfernt.
Und doch, wenn auch nicht theoretisch,
Ich hab es ziemlich gut gelernt.
Ludwig Thoma (1867-1921)
* ~ * ~ *
Sprach - GeLüste
- Folge I -
Hier möchte ich Texte von Autoren vorstellen, die mir am Herzen liegen, von ihrem Humor und ihrem erzählerischen Biss her.
Zumeist sind es Erinnerungen an Autoren, die fast vergessen sind; die deshalb wieder vorgestellt zu werden verdienen.
Die Folgen stellen eine Anthologie der "Literarischen GeLüste" dar.
Heute:
Roda Roda
Und Kurt Tucholsky gratulierte zum Fünfzigsten persönlich als Peter Panter in „Die Weltbühne“ (am 13.04.1922, Nr. 15, S. 386):
(Martin) Roda Roda
(13. April 1872 - 20. August 1945):
DER GERMANIST
In Athen sprach ich bei einem berühmten Gelehrten vor, dem Germanisten der Universität.
Die Leute in Athen sind nicht gewohnt, Besuche zu empfangen; überdies redete der alte Herr fließend nur Althochdeutsch und Isländisch; so zog sich das Gespräch denn fadendünn.
Es galt einem Buch, das ein Kollege des Herrn Professor geschrieben hatte: "Vererbung geringfügiger Eigenschaften". Herr Professor bemühte sich, Beispiele aus seinem Kreis anzuführen.
«Mein Söhnchen», begann er, «eßt aßt?- Äh ißt gerne Bienen."
«Honig», half ich freundlich aus.
«Nein», antwortete der Gelehrte und säbelte eine Gebärde entschiedener Abweisung. «Auch mein Vater eßte nein? - aßte gerne Bienen.»
«Honig nicht wahr? »
«Nein! Schon mein Großvater aßte gerne Bienen.»
Nach so viel Widerspruch ließ ich es in Gottes Namen bei den Bienen. Was geht's mich an? Mögen sie doch! Mögen sie ihre Nah mühsam aus der Luft fangen und unter Qualen verspeisen
Nächsten Tags kommt der Professor zu mir in den Gasthof.
«Mein Herr, ich bin ganze Nacht nicht geschlafen. Ich Ihnen erzählte: Großvater aßte gerne Bienen. Nein! Englisch: Beans; deutsch: Bohnen. »
*
(Roda Roda: Heiteres und Schärferes rororo 1521. S. 57)
Im nächsten Kapitel der "Sprach-Gelüste" erscheint Tucholsky...
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