Ein bisschen Westfalia; aus der Literatur-Welt: für den Hausgebrauch
>> Vom Ilk&Bär: Von der Walllhecke und der Grubenlamge (äh: Gruben-Geleucht!).
< Vor einer Wallhecke (die ausgeräujt ist); auf dem Friedhof RE-Nord >
U n t e r h a l t e n d-s a t i r i s c h [gut-gemeint]:
In Westfalen auf dem Schlosse des Herrn Baron von Donnerstrunkshausen ward mit der jungen Herrschaft zugleich ein junger Mensch erzogen, ein gar liebes, sanftes Geschöpf, aus dessen kleinstem Gesichtszuge Sanftheit hervorblickte. (Übersetzung, namentlich nicht angegeben: 1782.
I
n Westfalen, auf dem Schlosse des Herrn Barons von Thunder-ten-tronckh, lebte ein junger Mensch, dem die Natur das sanfteste Gemüt verliehen hatte. Sein Antlitz gab Kunde von seiner Seele. Er besaß ein gerades Urteil bei einfachstem Verstande. (1920: Ilse Inden)
*
Piratensturm im Wasserglas. Lummaland, 2009-08-22
Genau diese hierzulande
weitverbreitete Duldungsstarre hat im letzten Jahrhundert zwei
Diktaturen auf deutschem Boden ermöglicht.
2:
language,
langwitch im sandwitch. zintzen.org, 2007-03-29
Versucht, durch
massiven Pheromoneinsatz eine Duldungsstarre beim Weibchen zu
provozieren.
Heimatliche NATURBILDER -
Hermnn Löns.
Da draußen vor dem Tore
Die Wallhecke
Vor Zeiten, als
noch Ur und Wisent bei uns hausten, der Grauhund das Elchkalb hetzte
und der Adler den Wildschwan dort schlug, wo heute keine Spur mehr
von ihnen allen zu finden ist, ließen sich blonde Männer, die von
Norden kamen, hier in dem bruchigen Gelände nieder.
Gerade hier,
an der besten Stelle weit und breit, wo sich sowohl fruchtbares
feuchtes Marschland wie auch sandiger Esch fand, setzte sich ein
Bauer fest und baute sich ein festes Haus, dessen Rohrdach auf beiden
Seiten bis auf den Boden reichte, und das auf einem starken Unterbau
von großen Findelsteinen ruhte. Hoch ragte es mit seinem spitzen
Giebel, aus dem der weiße Herdrauch herausfloß, über das Buschwerk
des Eschs hervor, das erste feste Haus hier in der Gegend, und wenn
abends der rote Feuerschein aus seiner Einfahrt leuchtete, heulten
ihn die Wölfe an, wie sonst das Mondlicht.
An diesem Unzeug
fehlte es in der Gegend nicht und auch nicht an Bären und Luchsen,
und derentwegen und damit ihm sein Weidevieh nicht von den Wildochsen
verführt werde, zog der Bauer einen Wall und einen Graben um den
Hof. Den First des Walles bepflanzte er mit Eichen und Hagebuchen,
Weißdorn und Schwarzdorn, und da der Wind und die Vögel allerlei
Samen von Bäumen und Büschen herbeiführten, so wuchs auf dem Wall
schließlich eine dichte Hecke, zumal da der Bauer, um sie gegen
Mensch und Tier noch undurchdringlicher zu machen, die jungen Bäume
niederbog und mit den Köpfen eingrub, so daß sie sich auch am
Kopfende bewurzelten.
So wie dieser Bauer, so machten es
alle, die sich, jeder für sich, in dieser Gegend niederließen und
den Busch rodeten. Sie umgaben aber nicht nur ihre Hausstätte mit
Wallhecken und Gräben, sondern auch die Weidekämpe und die
Ackerstücke, die sie nach und nach dem Urlande abgewannen, einmal
der Raubtiere wegen und dann auch des Wildes halber, das ihnen sonst
zu viel Schaden an der Feldfrucht tat, denn dem Rotwild gelüstete es
nach dem milchenden Hafer, und die Sauen waren sehr erpicht auf die
Rüben. Da es nun von Jahrhundert zu Jahrhundert immer mehr Bauern in
dem Lande wurden, denn der Boden war fruchtbar, und viele Kinder
galten als schönstes Gottesgeschenk, so überzog sich das ganze Land
bald mit einem Gewirre von Wallhecken, die alle undurchdringlich
waren, und deren Zugänge durch Schlagbäume, die mit
Schlehdornzweigen umwickelt waren, versperrt werden konnten.
Die
wenigen Straßen, die sich der Verkehr allmählich bahnte, waren
zumeist Hohlwege, die zwischen hohen Wallhecken dahinliefen und
ebenfalls mit Schlagbäumen gesperrt werden konnten, denn die Zeiten
waren oft nicht friedlicher Art; fremde Scharen erschienen,
Sommerfahrer von den Inseln im Nordmeere, die plündernd, sengend und
mordend durch das Land zogen, oder Weidebauern, die, von den
Steppenvölkern verdrängt, neue Wohnsitze suchten, auch wohl ganze
Haufen wilder Reiter aus dem Osten, deren Spuren durch
niedergebrannte Weiler und Schädelmäler bezeichnet waren. Sie
richteten aber in diesem Lande nicht allzu viel aus. Es war ihnen
unheimlich mit seinem Gewirre von Verhauen und Schlagbäumen, hinter
denen, von unsichtbaren Händen geschnellt, Pfeile und Speere
hervorgeschossen kamen, und sogar die römischen Truppen waren froh,
wenn sie das ungemütliche Land mit seinen nassen Gründen und dürren
Heiden, seinen Gräben und Hecken, Hohlwegen und Landwehren hinter
sich hatten; als schließlich Varus samt seinen Legionen von den
wütenden Bauern unter die Füße getreten war, ließen sie sich
nicht wieder blicken.
Was sollten sie schließlich auch mit
einem Stückchen Land anfangen, in dem es weiter nichts zu holen gab
als nasse Füße und Schrammen?
Sobald die römische Vorhut
in Sicht kam, ging an allen Ecken das Tuten und Blasen los, und
Hillebillen und Hörner brachten die üble Kunde von Gau zu Gau. Dann
fielen alle Schlagbäume wie von selber herunter, die Gräben und
Hohlwege füllten sich mit Wasser, die Engpässe wurden mit Bündeln
und Dornzweigen ungangbar gemacht, und wenn dann die Legionäre
fluchend und schimpfend bis über die Enkel durch den zähen
Kleiboden wateten und endlich zu einem Gehöfte kamen, dann fanden
sie nicht Kuh und Kalb, nicht Huhn noch Ei mehr vor; alles, was
irgendwie Wert hatte, hatten die Bauern in die entlegene Wasserburg
im unwirtlichen Moore geflüchtet, und da saßen sie, aßen zu ihrem
schwarzen Brote ihren guten Schinken mit Behagen und machten sich
über das hergelaufene Volk lustig, das sich beim Herumkriechen
zwischen den Wallhecken die Gesichter schund. Wenn es sich dann
verkrümelt hatte, so kamen sie aus ihren Verstecken heraus und
lebten wieder wie zuvor.
Späterhin aber brach der Franke in
das Land ein, und mit dem wurden die Bauern nicht so gut fertig wie
mit den Römern, denn er war zähe wie Aalleder. Über das ganze Land
warf er seine Besatzungen, und schlug ihm Herzog Weking auch noch so
oft auf die Finger, kaum waren sie heil, so war er wieder da. Da half
auch die Wallhecke nichts mehr, und knurrend und brummend mußten die
Bauern klein beigeben, dem Wode und der Frigge entsagen und ihre
blonden Köpfe dem Taufwasser hinhalten, und wenn auch manch einer
von ihnen noch ab und zu nach dem Wodeberge hinpilgerte, um nach der
Väter Weise dem Altvater der Götter ein weißes Roß unter dem
heiligen Baume auf dem großen Steine zu opfern, mit der Zeit ließen
sie das sein, denn zu gefährlich war ein solches Werk, dieweil der
Frankenkaiser Todesstrafe darauf gesetzt hatte. So zahlten sie Zins
und leisteten Frone und beugten sich dem Christengotte.
Die
Zeiten kamen, die Zeiten gingen; Gutes und Böses brachten und nahmen
sie; die Wallhecken aber blieben. Es wurden ihrer sogar immer mehr,
obschon sie Bär und Wolf, Ur und Elch nicht mehr abzuhalten
brauchten, denn die waren schon lange ausgerottet, wie denn auch
Hirsch und Sau das dicht besiedelte Land mieden. Aber immer noch
umgab der Bauer seine Hofstatt, seine Weidekämpe und Ackerstücke
mit Wall und Graben, denn er war sie einmal gewöhnt, diese dichten
Verhaue aus Eiche, Hagebuche, Birke und Espe, Weißdorn und Schlehe
über den moosigen, dicht mit den Wedeln des Eichenfarns bekleideten
Wällen, die im Frühling silbern von Schlehenblüten sind, und von
denen im Sommer das Jelängerjelieber seinen schweren Duft in die
Abendluft sendet, in deren krausem Astwerk die Nachtigall schlägt,
Rotkehlchen und Mönch brüten, wo die Elster und der Markwart baut,
und vom knorrigen Eichenstumpfe um die Schummerstunde das Käuzchen
ruft. Ein Land ohne Wallhecken konnte sich der Bauer in dieser Gegend
hier gar nicht vorstellen, und nichts dünkte ihm schöner, als am
Sonntagnachmittag nach der Kirche, seine Eheliebste hinter sich, die
kurze Pfeife im Munde, zwischen Feld und Wallhecke dahinzuschlendern
und seinen Roggen anzutreiben. In der Wallhecke hat er als kleiner
Junge gespielt, hat Sappholz zum Flötenmachen geschnitten,
Vogelnester und Himbeeren gesucht, auch wohl, als er zum Hütejungen
heranwuchs, Hasen und Kaninchen geströppt und die ersten
Rauchversuche gemacht; und so liebt er sie von Herzen.
Hatte
sie doch auch in wirtschaftlicher Hinsicht keine geringe Bedeutung
für ihn. Je stärker das Land bebaut wurde, um so mehr verschwanden
die Wälder und Haine, und so mußte die Wallhecke schließlich zum
Teil den Bauern das Feuerholz liefern. Je nach Bedarf holte er sich
eine der alten knorrigen, krumm und schief gewachsenen Eichen oder
Hagebuchen von ihr und pflanzte junge Heister an ihre Stelle, und
auch die Stecken für die Flachtenzäune, die Peitschen-, Harken-,
Beil- und Spatenstiele und Holz zu allerhand anderen Geräten mußte
sie ihm liefern, desgleichen Maibüsche, um das Haus zu Pfingsten zu
schmücken, und Efeu und Immergrün, um die Gräber zu bepflanzen. So
war sie ihm in vieler Weise nützlich. Außerdem hatte er eingesehen,
daß sie vielen Vögeln Unterschlupf bot, die das Ungeziefer kurz
halten, und von dem Ilk, dem Igel und dem Wiesel, die dort hausen,
wußte er, daß sie dem Mausevolke nachstellen, so sehr, daß seit
Menschengedenken das Land hier keinen Mausefraß ausgestanden hat.
Sollte er darum also die Wallhecke nicht ehren und achten, auch wenn
überkluge Leute ihm vorredeten, sie nähme zu viel Platz ein,
beschatte das Ackerland zu sehr und hagere mit ihrem Wurzelwerke den
Boden aus? Steht anderswo der Roggen so, daß ein großer Mann samt
dem Hute auf dem Kopfe darin verschwindet? Und wo gibt es Weizen, der
solche Ähren hatte, so dick wie ein Finger? Und was sieht wohl
besser aus, so eine schöne grüne, lebendige Wallhecke, bunt von
Blumen und laut von Vogelgesang, oder ein Zaun aus totem Holz und
kaltem Draht?
So dachte er einst; heute denkt er nicht mehr
so. Der neue Wind, der von Ost nach West weht, und der das hohe Lied
von der alleinseligmachenden, baum- und buschlosen Getreidesteppe
nach einer Weise singt, die nicht nach deutscher Art klingt, hat ihm
so lange in die Ohren getuschelt, bis er sich altväterisch und
rückständig vorkam, die Axt von der Wand und die Hacke aus der Ecke
langte und sich daran machte, das Wahrzeichen seines Landes, seiner
Väter Erbe, mit Stumpf und Stiel auszuroden. Wo noch vor zehn Jahren
Mönch und Nachtigall sangen, Elster und Käuzchen brüteten in den
grünen Wallhecken, da reiht sich Feld an Feld, und vom dürren
Zaunpfahle oder vom häßlichen Stacheldrahte schallt das blecherne
Geplärre der Grauammer, des Vogels aus Ostland, des Sängers der
langweiligen Getreidesteppe, ein abstoßender Klang den Ohren der
Einheimischen, aber angenehm den Leuten klingend, die, aus Osten
kommend, bei dem Bauern, dem die Städte das Gesinde nahmen,
schanzen, und deren Sprache und Art ihm ebenso fremd und unschön
dünkt wie das Lied des grauen Vogels, den sein Vater noch nicht
kannte, und der sich unter der Erde umdrehen würde, könnte er
sehen, was aus den Wallhecken wurde, die ihm so lieb und teuer waren.
Es ist nicht nur das Gesicht der Landschaft, das durch das
Ausroden der Wallhecken seine schönsten Züge verliert, es ist nicht
nur die Tierwelt, die dadurch Einbuße erleidet, auch des Bauern
innere Art wird sich, und wohl kaum zum Besseren, verändern, geht
das ureigenste Wesen seines Landes zum Teufel. Die schöne, hier und
da wohl einmal schädlich wirkende, im großen und ganzen aber zur
Vertiefung und Verinnerlichung führende Abgeschlossenheit, die den
Bauern auszeichnete, wird ihm verloren gehen. Kahl wird er in seinem
Gemüte werden, kahl und arm, wie alles Volk, dem sein Land nicht
mehr bietet als Brot und Geld. Verschwinden werden die wundervollen
Sagen und Märchen, an denen das Land so reich ist, verklingen werden
die schönen, alten Lieder, die die Mädchen singen, wenn sie am
offenen Feuer das Spinnrad treten, zu herkömmlichem Brauche wird die
tiefgründige Frömmigkeit verflachen, die des Bauern ganzes Leben
nährte.
Dann, wenn es zu spät ist, wird das Volk einsehen,
was es tat, als es ein Ende machte mit der Wallhecke.
Wikipedia schafft es, die Wallhekc darzustellen, ohne den Löns zu erwähnen:
https://de.wikipedia.org/wiki/WallheckeLöns:
Da draußen vor dem Tore (1911), Heimatliche Naturbilder..
Und: Im "Grimmschen Wörterbuch":
Arikel: wallhecke, f.
WALLHECKE, f. - in Westfalen, zur begrenzung von wiesen u. s. w. dienende hecke: nun schwankte der zug einen andern weg, als den er gekommen war, zwischen kornfeldern und hohen wallhecken fort. Immermann Münchh.² 1, 208; das ungeheuer ... stutzete und schwang sich seitwärts die wallhecke hinauf. 1, 217; über breite, beiderseits von starken wallhecken begrenzte fahrwege. Altum bei Brehm thierl.² 1, 320; inmitten der kämpe, welche durch grünende, mit eschen- und hasel-knubben besetzte wallhecken umsäumt sind. das bauernhaus des deutschen reichs 63. vgl. wall 6, a.
https://www.dwds.de/wb/dwb/wallhecke
* * * *
O k a y - dann noch zur G r u b e n l a m p e : mythisch-fabel-parabelhaft:
Otto WohlgemuthWohlgem:
Meine Lampe
Treue
Grubenlampe,
meiner Seele nah verwandt,
auch du bist
verzehrende Kraft,
tief von der Sonne verbrannt.
Warst mit
mir verschüttet,
trägst Hieb, Schramme und Schlag,
meine Hand
reckte dich ins Verderben,
ich folgte dir immer nach.
Dein
Docht brennt gleiches Leben
wie mein Blut, mein Geist,
dein
Licht und meine Sehnsucht
aus einer Urquelle kreist.
Du
bist mit mir in der Erde
verbrüdert in Not verdammt,
ich
schwing dich zum Geistergruße
dreimal ins Nichts geflammt.
(Ruhrland-Almanach, Erster Jahrgang, Otto Wohlgemuth (Hrsg), Ruhrland-Verlag, Essen, 1924)
https://gelsenkirchener-geschichten.de/forum/viewtopic.php?t=4300
Wohlgem] Otto Wohlgemuth (* 30. März 1884 in Hattingen; † 15. August 1965 ebenda) war Romanautor und Dichter. Er gilt als Repräsentant der Arbeiterdichtung, mit ihm schließt sich diese bewusst an die anerkannte Literatur an.
> U n d <
am [vorläufigen] Ende ein Stimmen-, äh: Zitatfang:
"Das gelobte Land zwischen den Schloten und Schrebergärten sieht schwarz-weißgrau aus wie der Alltag zwischen "Schlamm und Schweinegülle"; der Alltag also, den Simons Eltern in den Fünfzigern hinter sich gelassen haben, damals, als sie Mistgabel und Melkschemel gegen Grubenlampe und Frolleinschürze eintauschten." (Die Zeit, 23.03.2000, Nr. 13)
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