Montag, 1. Juli 2024

Schulisches von Heribert T e g g e r s

Von Heribert Teggers, dem Heimatforscher, dem Lehrer, dem Schriftsteller: original:

Heribert Teggers: Der Adjutant

Das Wort kommt aus dem Lateinischen und bedeutet soviel wie "unterstützend". Damit habe ich gleich den Nagel auf den Kopf getroffen. Wenn ich dazu noch erwähne. daß der Zoologe den Marabu auch Adjutant nennt, dann tue ich das lediglich aus dem Grunde, weil der meinige ebenso wie jener Storchenvogel auf verhältnismäßig langen, dünnen Beinen einen kurzgedrungenen Oberkörper trug.

Er hieß Johann, ein nicht gerade repräsentativer 'Name für einen Adjutanten. (Warum muß man sich unter diesem Namen eigentlich immer nur einen Hausdiener, Kutscher oder Lakaien vorstellen?) Wenn ich morgens auf die Straße trat, so erwartete er mich bereits wie eben der Adjutant seinen Kommandeur. Wir begrüßten einander. Dabei reichte er mir stets zuerst die Hand. Das mochte seine Mutter ihm wohl so empfohlen haben. Ließ mich auch immer rechts gehen und nahm mir die Aktentasche ab. Kein Adjutant von Format würde je anders handeln. Dann besprachen wir unseren Dienstplan etwa in folgendem Rahmen:

"Schönes Wetter heute, Johann."

,,Jawohl!" (Auch das war adjutantenmäßig an ihm. Er sagte niemals "ja".)

"Da müßten wir eigentlich in den Wald gehen."

"Das hast du uns schon lange versprochen."

"Allerdings'"

"Du wolltest uns auch noch den Film vom Gruseln zeigen und die Geschichte vom tapferen Schneiderlein erzählen."

"Richtig!" Es ist doch gut, wenn man einen Adjutanten hat.

"Heute aber könnten wir mal in den Wald gehen."

"Du meinst des schönen Wetters wegen?"

"Jawohl! Den Film können wir ja sehen, wenn es regnet."

"Gewiß, das können wir.“

"Du wolltest auch heute dem Paul Janssen seine Tafel extra nachsehen, ob er besser geschrieben hat, und der Heini Schmitz muß noch die Strafarbeit ... "

Aha! Die Strafrapportliste folgt. Er meldet das aber nicht aus schaden-frohen Gefühlen heraus, sondern lediglich der Ordnung halber. Privatgespräche mit mir führt er auf dem Wege zur Schule nicht, nur dienstliche. Auch darin benimmt er sich durchaus adjutantenmäßig. Nach dem Dienst kann man mal ein privates Wort miteinander reden.

Auf dem Schulhof wird er von seinen Kameraden gleich umringt. Als Vertrauter weiß er natürlich mehr als die andern, und ein jeder versucht, etwas Näheres zu erfahren, Keiner verdirbt es gern mit ihm, denn es könnte doch allzu leicht unter vier Augen über seine Person verhandelt werden. In der Schule gibt er höllisch acht, und ich fühle, daß er sich bei gewissen Dingen einhämmert: daran mußt du den Lehrer morgen erinnern. So kann mir nichts entgehen, nichts meinem Gedächtnis entschwinden. Ich laufe nie Gefahr, irgend etwas zu vergessen.

Nur einmal hat sein Adjutantendienst versagt. Das war, als ich der ganzen Klasse eine Strafarbeit angedroht hatte. Ich weiß nicht mehr den Grund, der solch' lässige Dienstauffassung bestimmte. Ob die ganze Klasse sich gegen ihn verschworen und ihm Hiebe angeboten hatte, oder ob der Gedanke ausschlaggebend war, daß er sich selbst damit belastet hätte; denn von der Strafarbeit wäre er ja nicht ausgeschlossen gewesen.

Das ist aber, wie gesagt, die einzige Verweigerung seiner Dienstunterstützung gewesen. Gewiß kein Grund, ihm die Adjutantenschärpe zu nehmen. 

Teggers: ehrlich-liebstens: Seine Betachtungen über Schüler; daraus „Der Adjutant“ - in seinem Schriftch-Beruflichen:„Meine Qecksilberlein“. (Ausgabe 1946; in "Lippia-Volksbücher". Lippstadt. S. 55-57):

Seine Verdienste: http://www.rheinische-literaturnachlaesse.de/authors/teggers-heribert

Mit freud-vollem Gewinn habe ich gelesen: Niederée, Wilhelm: Heribert Teggers (1893 - 1966). In: "An Niers und Kendel". # 28.1993. Ibid.1946. S. 1-13. - In der S. 96 angefügten "Doktrin" formuliert H. T.: "Freundlichkeit, Güte, Hilfsbereitschaft, Erdenwanderschaft, vor allen aber die Liebe" als sein pädagogisches Konzept; und damit hat er auch mich noch heute - 2024 - erfreut.





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