Mittwoch, 13. März 2019

Goethe - Zweig - Auburtin - Walter Benjamin

 Meine  G e - Z w e i g e -  № 5 -

                                             Stefan Zweig mit Büchern im Garten. Salzburg.

Stefan Zweig  zu  Goethe ...

hat mehrfach über Goethe geschrieben in einer Reclam-Ausgabe hat er Goethes Gedichte gesammelt und ein Vorwort geschrieben:

Stefan Zweig: Goethes Gedichte. 1927
Herausgeber und Einleitung zu "Goethes Gedichte". Eine Auswahl. Verlag: Reclam in Leipzig. Reihe: Reclam's Universal Bibliothek 6782/84.

Schauen wir in der Kleine Verlagschronik von Reclam jun. nach:
1936
Einführung einer neuen Umschlaggestaltung (Entwurf: Friedrich Häder) und eines neuen Signets (Entwurf: Carl Bruns).
Eine von Stefan Zweig 1927 herausgegebene Auswahl von Goethes Gedichten kann nur noch ohne Nennung Zweigs erscheinen, der am 9. Mai aus dem Londoner Exil an Ernst Reclam schreibt: »Ich danke Ihnen sehr für Ihren freundlichen Brief und erkläre mich gern einverstanden, dass Sie die Auswahl der Goethe-Gedichte ohne Nennung meines Namens und des Vorworts weiterhin verwerten. Ich weiss ja, dass Sie nicht persönliche Intentionen zu diesem Entschluss geführt haben, wie ich ja auch meinerseits nur sehr bedauere, dass die für mich immer so ehrenvolle Verbindung mit Ihrem Verlage durch äussere Umstände unterbrochen worden ist.« Auch dieses Manöver trägt indes nicht weit, der Band muß zugunsten einer von Heinz Kindermann (Professor für deutsche Sprache und Literatur) gemachten Auswahl aus Goethes Lyrik aus dem Programm genommen werden. Stefan Zweigs Anthologie erscheint erst wieder 1948 in der Stuttgarter Produktion.

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Stefan Zweig: in Rezensionen 1902 - 1939

Zu Goethes Gedichten

Goethes Leben im Gedicht:
Vorrede zu meiner Auswahl von Goethes Gedichten im Verlag von Philipp Reclam jun.
Das erste Gedicht Goethes malt die ungelenke Kinderhand des Achtjährigen auf ein Geburtstagsblatt für die Großeltern. Das letzte Gedicht Goethes schreibt die zweiundachtzigjährige Greisenhand, einige hundert Stunden vor seinem Tode. Innerhalb so patriarchalischer Weite des Lebens schwebt unwandelbar die Aura der Dichtung über diesem unermüdlichen Haupt. Es gibt kein Jahr, in manchem Jahr keinen Monat, in manchem Monat keinen Tag, wo dieser einzige Mensch sich das Wunder seines Wesens nicht selbst in gebundener Rede erläutert und bekräftigt hätte.
Mit dem ersten Federzug beginnt also bei Goethe die lyrische Produktion, um erst mit dem letzten Atemzug zu enden: Dichtung ist ihm ebenso unentbehrlich und selbstverständlich für die ständige Interpretation seines Lebens wie Strahlung dem Licht und Wachstum dem Baum. Sie wird durchaus organischer Vorgang, eine Funktion des Elements Goethes, eine nicht wegdenkbare, und fast wagt man nicht, sie Tätigkeit zu benennen, weil Tun schon etwas an den Willen Gebundenes ausdrückt, indes sich bei dieser notwendig schaffenden Natur die dichterische Reaktion gegen den Andrang des Gefühles gleichsam chemisch und bluthaft vollzieht. Der Übergang von der prosaischen Sprache ins gereimte und dichterische Wort geschieht bei ihm völlig zwanglos: mitten im Brief, im Drama, in der Novelle rauscht die Prosa plötzlich beflügelt in die ungebundene Form dieser höheren Gebundenheit. Jede Leidenschaft schwebt in ihr hoch, jedes Gefühl löst sich auf in ihren Sphären. Kaum wird man darum in der ganzen fülligen Breite seiner Existenz irgendeinem wesentlichen Geschehnis des Menschen ohne poetische Verdichtung begegnen. Denn wie selten das Gedicht bei Goethe ohne Erlebnis, so auch selten ein Erlebnis ohne den goldenen Schatten des Gedichtes.(...)
In: ST. Z.: Begegnungen mit Büchern. Hrsg. Kurt Beck. Ffm. 1984: # 2292.  S. 23-33.

Und in seinem Porträt zu Anton Kippenberg schrieb Zweig:

Das Erste, das Wesentlichste, das Kippenberg damals tat, war, dem vorgebauten Kreise einen Mittelpunkt zu finden, eine Urzelle voll lebendiger, zeugender Keimkraft. Und das gelang ihm, indem er Goethe in den Mittelpunkt des Verlages stellte, ihn, den ausstrahlendsten, unerschöpfbarsten, keimträchtigsten Genius unserer deutschen Welt. Damit schien scheinbar der Zeiger der Zeit zurückgerückt, der Verlag entmodernisiert. In Wahrheit aber ist dieser Goethe, den die Insel offenbarte, das neueste und gegenwärtigste Element der deutschen Bildung geworden, und es ist nicht zuviel gesagt, wenn man behauptet, er sei erst durch sie zu seiner wahren Wirksamkeit in unsere deutsche Zeit gelangt. (1924)

Zweigs schönste Goethe-Widmung Die Marienbader Elegie (Zuerst: Denkwürdiger Tag. Zum hundertsten Geburtstag der Marienbader Elegie. In: Neue Freie Presse (Wien) 2.9.1923. Morgenblatt):

St. Z.: Sternstunden der Menschheit: München 2017. Salzburger Ausgabe. Bd. 1. S. 32ff.

>> Dazu später in diesem Berichten ... <
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Victor Auburtin:
An Weimar vorbei

Im Speisewagen Berlin-Frankfurt, ein Uhr, gegen Ende des ersten Mittagessens. An meinem Tisch drei große, umfangreiche Herren, die offenbar zur Frankfurter Messe fahren.
Französischer Rotwein, viele Schnapsgläser, Zigarren so groß wie die Zeppeline.
Seit einer Weile hält der Zug auf einer mittelgroßen, leeren Station.
»Wo sind wir denn hier?« – »Weimar.« – »Na, warum halten wir denn so lange in dem Drecknest?«
Unter den eisernen Trägern des Bahnhofs hinweg kann man ein Stück der Landschaft sehen. Graues oder schwärzliches Hügelgebilde, über das gerade jetzt ein geistreiches Aprilschneewehen hinwegwandert.
Der blendendweiße Strich dort ist eine Straße. Diese Straße ist er oft gefahren mit seinem Eckermann, auch bei schlechtem Wetter. Und Hügel und Schnee haben damals ebenso ausgesehen wie jetzt, haben ihm nicht mehr geboten, als sie uns bieten.
Die Rohstoffe seines Werkes sind unvermindert heute noch vorhanden und allgemein zugänglich.
Inzwischen wird am Tische der Wert Weimars erwogen und besprochen. »In Weimar ist gar nichts los.« – »Ein ganz totes Nest.« – »So schlimm ist es nun doch nicht, hier ist doch die große Pianofortefabrik von ... na ... Dingsda ... von Römhilt.«
Gott sei Dank, daß es wenigstens Pianofortes sind, denn es hätten ja auch Gummikragen sein können. Dann hieße es heute im deutschen Volksmund: Weimar, richtig, das ist ja die Stadt mit den Gummikragen.
Nun setzt sich der Zug doch so allmählich in Bewegung und rückt über Neudietendorf auf Frankfurt a.M. zu. Dort steht das Haus, an dem immer so viele schöne Reden gehalten werden. Über unseren Dichter, der in diesem Sinne als wahrhaft volkstümlich bezeichnet werden muß.
Victor Auburtin: An Weimar vorbei. In: Sündenfälle. Feuilletons. Berlin. (Ursprünglich aus: Ein Glas mit Goldfischen. 1922). S. 194f.
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Von Walter  B e n j a m in  sind keine kritischen Berichte über Zweig überliefert.

Als Ersatz:
Rezension zu Emil Ludwigs: Goethe, Geschichte eines Menschen. Volksausgabe in einem Band. Stuttgart und Berlin, 1924.
Das Werk befriedigte bekanntlich die Bedürfnisse des breitesten Publikums. Es ermöglichte dem Leser, wenn nicht sich in Goethe zurecht, so gewiß einen kleinen Goethe in sich selbst vorzufinden.
In: Walter Benjamin: Kritiken und Rezensionen 1932 – 1940.


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Anders ausgerichtete Essays über Zweig und Weimar aus unseren Tagen:

 

Zur zeit- und ideengeschichtlichen Einordnung:

„Darüber hinaus erlaubt Zweigs Bestimmung der Besiegten als den „zu früh Gekommenen“ (Zweig GWE, Castello gegen Calvin, S. 21) Assoziationen mit dem utopischen Denken von Ernst Bloch; in seinen Biografien von Erasmus oder Castello – um nur zwei prominente Beispiele zu nennen – lebt in der Tat ein besonderer „Geist der Utopie“, der, wie jeder Ernst Blochs, dem Humanismus verpflichtet ist. (...)“ So Arturo Larcati: Das Motiv des Besiegten. In: Stefan-Zweig-Handbuch. 2018, S. 722 – 732; S. 730)

Zu dem Goethe-Studium, auch mit den vorgelegten, scheinbar abseitigen Texten, wie Walter Benjamin es empfahl – tritt hier noch einmal Zweig (im Brief an Joseph Roth v. 25.09.1937 (Roth/Zweig 2011. S. 357f., Herv. i. O.): 

“Nein, Roth, nicht hat werden, nicht unerbittlich, weil die Unerbittlichen durch ihre Brutalität triumphieren – Sie lieber widerlegen durch das Anderssein, sich höhnen lassen für seine Schwäche statt seine Natur zu verleugnen.“

Diese Kultur der Humanität  ist Zweigs eigentliches Vermächtnis.

  

P.S.: Stefan Zweig ... Goethe ... in Weimar: 


" ... gerade gerne in Weimar - Stefan Zweig und die Klassikerstadt:verborgene Verbindungen – werkgeschichtliche Wirkungen. Von Burkhard Stenzel:
Burkhard Stenzel / 25.08.13 -

Und ein anderer Essay:

Der Schriftsteller Stefan Zweig und die Welt von Weimar

Und im  Goethes Haus in Weimar:
Das Motiv des Aufwärtsstrebens im Treppenhaus von Goethes Wohnhaus am Frauenplan. Von Hannah Schell :


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