Samstag, 15. Juni 2019

Josef Perau - "Priester im Heere Hitlers"

Anton Stephan Reyntjes:
 
 
          
Gaesdoncker Lehrer-Porträt  II
    Josef Perau:
    Geistlicher, Militärpfarrer (1939-45), Historiker, Pädägoge

Neue Folge II
Literarisches über Gott & die Welt
Verbrechen der Militärs versus Verantwortung der (oder für die) Individuen 
Nebst Leben und Werk des Josef Perau 

Josef Perau, ein Priester im Krieg:

(Adaption und Kommentierung zu den Erinnerungen Josef Peraus: „Priester im Heere Hitlers“. (1962; ²1963. S. 241: Stichwort: Goebbels Führergeburtstag, Hitlers Proklamationen [Aufzeichnungen am Standort der San.-Stabes in Kahlberg/Ostpreußen - Endzeitstimmung, die auf den Wehrmachtspfarrer einwirkt, ohne dass er als Privatperson oder politisch darauf reagieren kann.]

                         Josef Perau als Militärpfarrer (8. Okt. 1942, beim Regiment 427. In: Perau. S. 81)


Aufzeichung: April 1945: Letzter „Führergeburtstag“:
Eintrag am 19.4.1945: in Kahlberg, Ostpreußen, auf der Frischen Nehrung, von wo dann ein Truppentransporter die Rückzugseiligen des San.-Stabes (unter Führung eines überaus kompetenten Generals] über die Ostsee nach Rügen/Saßnitz oder nach Kiel oder Schleswig gebracht werden sollen):

Szenenraum I
(Originalebene Josef Peraus; mIltärpfarrer auf dem Rückzug. Vorzulesen in einer Schreib- oder VorLesesituation)

Kahlberg (Miltärische Station auf der Frischen Nehrung), den 19. 4. 1945

Wir sind dankbar für das trübe, regnerische Wetter, welches zur Zeit herrscht. So bleiben wir doch etwas von den Fliegern verschont. Heute besuchte uns Hptm. Goerke von der Nachrichten-Abt. Er veranlaßte, daß wir Pfarrer einen Kleinempfänger bekamen. Wir hörten die Rede von Goebbels zum Geburtstag des Führers, Ich ertrug die schamlose, Sophisterei nicht bis zum Ende und ging ins Freie. Es gibt immer noch "Gläubige", auch hier.
Hitler hat vor einigen Tagen eine Proklamation erlassen, in der es heißt: "Berlin bleibt deutsch, Wien wird wieder deutsch." [Perau: Priester. ²1963, 241]


Szenenraum II [Historisch-dokumentarische Ebene]

  • Joseph Goebbels:
[Rundfunkansprache; Knatternde Übertragung aus dem Radioempfänger]

Deutschland wird nach diesem Kriege in wenigen Jahren aufblühen wie nie zuvor. Seine zerstörten Landschaften und Provinzen werden mit neuen, schöneren Städten und Dörfern bebaut werden, in denen glückliche Menschen wohnen. Ganz Europa wird an diesem Aufschwung teilnehmen. Wir werden wieder Freund sein mit allen Völkern, die guten Willens sind, werden mit ihnen zusammen die schweren Wunden, die das edle Antlitz unseres Kontinents entstellen, zum Vernarben bringen.
Auf reichen Getreidefeldern wird das tägliche Brot wachsen, das den Hunger der Millionen stillt, die heute darben und leiden. Es wird Arbeit in Hülle und Fülle geben, und aus ihr wird als der tiefsten Quelle menschlichen Glücks Segen und Kraft für alle entspringen. Das Chaos wird gebändigt werden! Nicht die Unterwelt wird diesen Erdteil beherrschen, sondern Ordnung, Frieden und Wohlstand.
Das war immer unser Ziel! Es ist das auch noch heute. Setzten die Feindmächte ihren Willen durch, – die Menschheit würde in einem Meer von Blut und Tränen versinken. Kriege würden sich mit Kriegen, Revolutionen mit Revolutionen abwechseln, und in ihrer furchtbaren Folge würde auch noch der letzte Rest, der von einer Welt, die schön und liebenswert war und wieder sein wird, übrig geblieben ist, zugrunde gerichtet werden.“

[Walter Kempowski (Hrsg.): Das Echolot. Abgesang ’45. Ein kollektives Tagebuch. 2005




Szenenraum III [zusätzliche, persönliche, irreale Ebene]


>> Adolf Hitler:
Hitlers Tagesbefehl vom 13. April: "Berlin bleibt deutsch, Wien wird wieder deutsch, und Europa wird niemals russisch!"
(A.H.: „Proklamationen“)

Proklamation an die Soldaten der Ostfront
  15. April 1945

Soldaten der deutschen Ostfront!

[…] Wer in diesem Augenblick seine Pflicht nicht erfüllt, handelt als Verräter an unserem Volk. Das Regiment oder die Division, die ihre Stellungen verlassen, benehmen sich so schimpflich, daß sie sich vor Frauen und Kindern, die in unseren Städten dem Bombenterror standhalten, werden schämen müssen.

Achtet vor allem auf die verräterischen wenigen Offiziere und Soldaten, die, um ihr erbärmliches Leben zu sichern, im russischen Solde, vielleicht sogar in deutschen Uniformen, gegen uns kämpfen werden. Wer euch Befehl zum Rückzug gibt, ohne daß ihr ihn genau kennt, ist sofort festzunehmen und nötigenfalls augenblicklich umzulegen, ganz gleich welchen Rang er besitzt.

Wenn in diesen kommenden Tagen und Wochen jeder Soldat an der Ostfront seine Pflicht tut, wird der letzte Ansturm Asiens zerbrechen genau so, wie am Ende auch der Einbruch unserer Gegner im Westen trotz allem scheitern wird.

Berlin bleibt deutsch. Wien wird wieder deutsch, und Europa wird niemals russisch. Bildet eine verschworene Gemeinschaft nicht des leeren Begriffs eines Vaterlandes, sondern zur Verteidigung eurer Heimat, eurer Frauen, eurer Kinder und damit unserer Zukunft.

In dieser Stunde blickt das ganze deutsche Volk auf euch, meine Ostkämpfer, und hofft nur darauf, daß durch eure Standhaftigkeit, euren Fanatismus, durch eure Waffen und unter eurer Führung der bolschewistische Ansturm in einem Blutbad erstickt.

Im Augenblick, in dem das Schicksal den größten Kriegsverbrecher aller Zeiten von der Erde genommen hat, wird sich die Wende dieses Krieges entscheiden.

                           Adolf Hitler




Szenenraum IV: Auf dem Wege heim, zu Pfarrdienst, zu eifrigem Schreiben seiner „Erinnerungen von 11944 bis 1945“, seiner Kunde vom Weiterleben des Christlichen nach der übelsten Phase deutscher Gott-, Ideen- und Weltbemächtigung.
Der durchreisende Pfarrer, der im Stab einer Sanitätseinheit an jedem Treck der Einheimischen vorbeiziehen konnte, geschützt durch Kettenhunde – er näherte sich der realen und realistischen Lage an. Er nahm deren NachRichten auf und hielt sie fest als erste dienliche Hinweise auf die Realitätsverschiebungen, dir möglich wurde durch die Niederlage der Wehrmacht, die Ohnmacht der Kirche – und die Gnade der Westalliierten.
Worin bestand seine Schuld-Analyse?
Er erzählte von seinem Leben, seinen Zwängen, seinem Durchhaltevermögen, seinem Mut … in unmenschlichen Zeiten.
Er verlangte, ohne Forderungen zu stellen, von seinen Lesern, seinen Zuhörern, sich die Frage zustellen: Hätte ich das geschafft? Wäre ich christlich geblieben? Wie viel Leid hätte ich zu trösten versucht? Wie viel Liebe hätte zu erwidern vermocht (pardon: zu erwiedern, zu wiederholen vermacht oder vermocht).

Szenenraum V: Nachfrage?

Vom Geburtstag des allgegenwärtigen Führers (durch deutscher Frauen, Männer, auch Bischöfe… Schanden) erfahren wir auch vom 22.4.1941

Perau trägt nach in Roslawl, am 22. 4. 1942, in sein Tagebuch:

Als ich am Montagmorgen ins Kasino kam, lagen für jeden zwei Eier da, eine Tafel Schokolade und Weißbrot: Ich fragte, ob denn wieder Ostern sei. Auch als man mich fragte, ob ich ins K.Z. wolle, kam ich nicht darauf, daß Führers Geburtstag war. Mittags bei Tisch gab es Sekt.
Es geht im Kasino höflich und liebenswürdig zu, aber ein solch herzliches Verhältnis wie in Tomaszow und Lublin kommt nicht zustande. Mein evangelischer Kollege und ich stehen abends früh vom Tisch auf, gehen in unser Heim und schreiben für die Verwundeten.“ (In: Priester, S. 60)



Nachzutragen?

Roslawl, in der Oblast Smolensk im Westen Russlands, war Haupteinsatzort des Pfarrers Perau, sowohl im Vormarsch auf Moskau, als auch in den Rückzugsbemühungen bzw. -wirren. Roslawl wurde 1941 im Zuge der Kesselschlacht bei Smolensk von deutschen Truppen besetzt. Dabei kamen im Juli 1941 im Raum Roslawl erstmals die Raketenwerfer vom Typ Katjuscha, deutlich und deutsch „Stalinorgel“ genannt, zum Einsatz. Bis 1943 blieb Roslawl besetzt, ehe die Stadt in der Schlacht von Smolensk von der Roten Armee befreit wurde.


Szenenraum VI:
Fakten eines Lebens:

JOSEF PERAU

1910 Geboren in Wissel (8.11.1910).
1932 Abitur im Collegium Augustiniam auf Gaesdonck
1937 Priesterweihe durch Clemens August von G a l e n (18.7.1937).
1940 Ende der Kaplanzeit in Walbeck und Einberufung zur Wehrmacht
1940 – 1945 Wehrmachtspfarrer in den östlichen Kriegsfeldern in Hitlers Armee.
1948 - 1954 Kaplan in der katholischen Kirchengemeinde St. Maria-Magdalena Goch; auch tätig als Religionslehrer.
1954 – 1959 Präses auf der Gaesdonck
1959 Pfarrer in Mariä Opferung zu Hülm bei Goch.
2004 Gestorben (29.7.2004).
2004 Beerdigt in Hülm (am 4. August 2004 beerdigt im Schatten seiner Pfarrkirche)

Ich mag ihm zuhören, seiner Stimme, seiner Überzeugung, seiner Christlichkeit.
Ich mag ihm zuhören, seiner klaren Stimme, seiner deutschen und menschenwürdigen Sprache, seinen menschengerechten Überzeugungen, seiner jesuanischen Christlichkeit.

Die Predigt zur Todesfeier, vorgetragen von Erzbischof Dr. Werner Thissen, ist nachzulesen:

Ist der immer noch da“, (der Kriegs- und Friedenspfarrer)?

Ja, er ist immer noch da, der am Niederrhein „Engel des Herrn“ genannt wird. Notiz: Ich legte den ersten Stein auf Pfarrer Peraus Grab am 20. Juni 2012.


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Hülm Netz:
Interessantes übe die familie Perau:


Nachzulesen:
Josef Perau: Priester im Heere Hitlers. Erinnerungen 1940- 1945. Ludgerus Verlag Essen 1962.
In der Nachschau:
Film über Pfarrer Perau: „Hirte in Hülm“ von Dieter Bongartz und Wolfram Seeger (1990)

Gaesdonck, Collegium Augustianum: Josef Perau war hier von 1954 bis 1959 Präses auf dem Altsprachlichen Gymnasium

Szenenraum VI: Zur deutschen Militätseesorge:

Ein Blick in die Bibel

Bei unserer Fragestellung „Kann ein Christ Soldat sein?“ empfiehlt sich zunächst ein Blick in die Bibel und hier vor allem ein Blick in das Neue Testament. Wir machen hierbei die Entdeckung, dass im Neuen Testament nur an ganz wenigen Stellen von Soldaten, vom Soldatendienst, die Rede ist. So wird uns beispielsweise im Evangelium nach Lukas (LK 3,14 ff.) berichtet, dass Soldaten zu Johannes dem Täufer gingen und ihn fragten: „Was sollen denn wir tun?“ und er sagte zu ihnen: „Misshandelt niemand, erpresst niemand, begnügt euch mit eurem Sold.“

An anderer Stelle des Neuen Testaments (Mt 8,5-13) ist die Rede von dem
Hauptmann von Kafarnaum, der Jesus bittet, seinen Diener zu heilen.
Als Jesus in sein Haus kommen will, erklärt jener Hauptmann: „Herr ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, so wird mein Diener gesund.“ Jesus rühmt diesen Hauptmann, indem er über ihn sagt: „Einen solchen Glauben habe ich in Israel noch bei niemand gefunden!“ – und erklärt ihm persönlich gegenüber: „Geh! Es soll geschehen, wie du geglaubt hast!“ Schließlich begegnen wir noch dem römischen Hauptmann (Mk 15,39), der, unter dem Kreuz Jesu stehend, nach dessen Tod bekennt: „Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn!“
Weiterhin ist im Neuen Testament noch hauptsächlich in der Passionsgeschichte von Soldaten der römischen Besatzungsmacht die Rede und in der Apostelgeschichte; hier sind es Soldaten, die vornehmlich Kerkerdienst tun. Betrachtet man diesen Befund im Neuen Testament zum Soldaten und zum Soldatendienst, so stellen wir fest, dass eine brauchbare direkte Aussage zu unserer Fragestellung hier nicht zu finden ist. Der Soldat bzw. Soldatendienst spielt in den oben genannten Zusammenhängen keine wesentliche Rolle. Der Soldatendienst ist nicht Thema dieser biblischen Szenen, er wird nicht beurteilt.
Carl Ursprung



Szenenraum VII: >> Von der theologischen Theorie zu beobachtbaren Realitäten:


>> Ein Witzchen, ein Vorspiel ob der Verbrechen im Krieg:

Ein entsprechender Witz über Soldaten, Gott/Christus und die politischen Heroen ist überliefert:

Von dem kath. Priester Joseph Müller wird folgender politischer Witz überliefert: „Ein Verwundeter liegt im Sterben und will wissen, wofür er stirbt. Er lässt die Krankenschwester rufen und sagt ihr: ‚Ich sterbe als Soldat und möchte wissen, für wen ich sterbe.‘ Die Schwester antwortet: ‚Sie sterben für Führer und Volk.‘ Der Soldat fragt dann: ‚Kann dann nicht der Führer an mein Sterbebett kommen?‘ Die Schwester antwortet: ‚Nein, das geht nicht, aber ich bringe Ihnen ein Bild des Führers.‘ Der Soldat bittet dann, dass ihm das Bild zur Rechten gelegt wird. Weiter sagt er dann: ‚Ich gehöre der Luftwaffe an.‘ Da bringt ihm die Schwester das Bild von Reichsmarschall Göring und legt es zur Linken. Daraufhin sagt der Soldat: ‚Jetzt sterbe ich wie Christus.‘“
Vgl. die Folgen dieses „Witzes“ im Eintrag der Wikipedia:




Szenenraum VIII:
>> Peraus Beoachtungen im Tagebuch eine Militärpfarrers. Berichtet von einem Verbrechen:

Rudobelka, den 15. 3. 1944

Ich hatte geglaubt, ich hätte schon alle Schrecken dieses Krieges gesehen, aber in den letzten Tagen rollte ein Trauerspiel vor uns ab, wie es selbst Dostojewski nicht zu malen wagte. Es werden hier in einem großen stacheldrahtumzäunten Lager unter freiem Himmel die Zivilisten der ganzen Umgebung zusammengepfercht. Die arbeitsfähigen Männer und Frauen kommen nach Deutschland, die andern werden in einen vorspringenden Frontbogen getrieben, der in einer Nacht zurückgenommen wird - und alle sind beim Russen, der dann für sie sorgen muß. So sagt man mir wenigstens. Als Grund wird angegeben, die Dörfer seien Ansteckungsherde des Fleckfiebers und Partisanennester. Wenn man in die Gegend des Lagers kommt, bietet sich ein Bild des Schreckens. Das ganze Feld ist übersät mit dem Hab und Gut dieser Menschen, das sie nicht weiter mitschleppen konnten. Ich wurde ganz unvorbereitet mit dem Furchtbaren konfrontiert. Ich kam ahnungslos von der H.K.L. zurück. Es fiel ein feiner Nieselregen. die Dunkelheit brach ein. Ich spürte die Veränderung zuerst an einem seltsamen erregenden Geräusch, welches ich nicht näher bestimmen konnte, bis ich in der Ferne das Lager entdeckte. Ein ununterbrochenes leises Wehklagen vieler Stimmen stieg daraus zum Himmel auf. Und dann sah ich, wie man gerade vor mir die Leiche eines alten Mannes abschleppte wie ein Stück Vieh. Man hatte einen Strick um sein Bein gebunden. Eine Greisin lag tot am Wege mit frischer Schußwunde in der Stirn. Ein Posten der Feldgendarmerie belehrte mich weiter. Er wies auf ein paar Bündel im Dreck hin: Tote Kinder, über die er ein Kissen gelegt hatte. Frauen haben ihre Kinder, die sie nicht mehr tragen konnten, am Wege liegen lassen. Auch sie wurden erschossen, wie überhaupt alles »umgelegt" wird, was wegen Krankheit, Alter und Schwäche nicht mehr weiter kann. Ein San.Offizier, dem ich erregt davon berichten wollte, wies mich überlegen ab: »Herr Pfarrer, das überlassen Sie nur uns. Im habe selber aus Mitleid ein paar hilflose Kinder erschossen. Deutschland ist schnell wieder ein Kulturvolk, wenn es diesen Krieg gewonnen hat." So reden aber nur sehr wenige aus der ordentlichen Wehrmacht. Die Soldaten, die diese Dinge nicht aus ethischen Gründen ablehnen, tun es wenigstens aus dem Gedanken: Was wird uns geschehen, wenn wir in Gefangenschaft geraten? Was wird Deutschland geschehen, wenn es den Krieg verliert? Man sagt, die Aktion werde vom S.D.1] durchgeführt. Aber die Truppe ist wenigstens am Rande beteiligt. Der Gottesdienst in Portschje mußte ja ausfallen, weil die Truppe zur »Evakuierung" von Zivilisten eingesetzt war. Das klang harmlos, und die Männer werden selber nicht gewußt haben, wem sie die Leute auslieferten.
Ich saß lange wie gelähmt bei meinem Mitbruder. San.Uffz. Staab, der diese Greuel schon mehrere Tage mitansehen mußte. Aus einiger Entfernung sah ich heute einen General das Feld des Elends entlangreiten. Was mag in den hohen Militärs vorgehen angesichts dieser Dinge. Einen Augenblick kam mir der Gedanke, ich müsse vor ihn hintreten und im Namen Gottes Rechenschaft fordern. Aber der Geist reichte nicht zum Propheten. Ich habe lediglich in allen Gesprächen offen meinen Abscheu kundgetan und einige Kameraden abgehalten, sich am umherliegenden Gut dieser armen Menschen zu bereichern. Sie wollten schon gestickte Decken an ihre Frauen schicken.
Dieser Krieg ist eine furchtbare Katastrophe des autonomen Humanismus. Es geschieht, was Dostojewski in den "Dämonen" prophetisch voraussah: "Zurück zu Christus und Rettung des Humanen oder Versinken in Barbarei und Untermenschentum." Es ist nur die Frage, so ungefähr schreibt er, "ob der moderne Mensch noch an Christus glauben kann". An uns ist es nun also, dem modernen Menschen Christus so zu verkünden in unserm Leben und in der Gestalt der Kirche, daß der suchende Mensch den erkennt, den er sucht. Unsere Antwort auf diese Herausforderung der Hölle kann nur vermehrte Hingabe sein.

Anm.:
1] S.D.: Von Perau selber so im Buch identifiziert als“ Sicherheitsdienst (SS-Trupp)“.

Ein einfacher Kaplan, ein Mehrwachtspfarrer berichtet von einem barbarischen Verbrechen, die später als die Verbrechen der Deutschen Wehrmacht erkannt und völkerrechtlich klassifiziert werden, zum Begriff Vernichtutngskrieg.
Perau war sich einer Beoachtungen sicher: Es waren Menschheits-verbrechen.

Er hat sie später zusammengefasst in seinem Familien-Buch.


Als Feldgeistlicher Perau: in Rudobelka

Mich interessieren an diesem Bericht zwei Gesichtspunkte:

  1. Die Hinweise auf Dostojewskis prophetische Äußerung über den Verlust der Christentums. Die hier von ihm genannte Quelle aus „Die Dämonen“ liegt mir nicht vor; die Neuübersetzung von Sw. Geier „Böse Geister“ habe ich mir bestellt.
  1. die Einordnung von Zeugnissen verschiedener Feldgeistlicher (z. B. Divisionspfarrer) in die bekannt gewordenen öffentlichen Anklagepunkte zu den Verbrechen der Wehrmacht“.
    Szenenraum IX: Zu seinem Erinnerungen im Original-Text von Perau



Geschrieben in Krasny (5. 9. 1943).

(…) Nicht weit von hier wurde das Massengrab von Katyn aufgedeckt. Es barg die Leichen von 10000 polnischen Offizieren, die durch Genickschuß getötet wurden. Es heißt, eine neutrale Ärztekommission habe festgestellt, daß die Leichen schon in der Erde lagen, ehe die deutschen Truppen das Gebiet besetzten. Es scheint, daß Stalin sie ermorden ließ, um die polnische Führungsschicht auszurotten.
Welche schaurigen Geheimnisse bergen Rußlands schweigende Weiten: Ich denke an das Massengrab von Roslawl, an die Scharen von Juden, die wir in den polnischen Städten sahen und die inzwischen umgebracht sein sollen. Was haben wir zu erwarten, wenn schon das Blut des einen Abel laut aus der Erde schrie!" (Perau. S. 132. Von mir markiert als das schlussfolgernde Zeugnis von J. P., der nicht nur die sowjetische Führung kritisiert, sondern auch das deutsche militärische Vorgehen.)


In einer weiteren Durchgang der Erinnerungen hat Josef Perau aus seinem Schriften nachvollziehend glaubhaft geschrieben, dass er Verbrechen vom (nachmaligen festgestellten) Typus der Verbrechen der Wehrmacht, als spätere Erkenntnis seiner Aufzeichungen.

Zum: „Abel“-Zitat expressis verbis:
Hier war die Massengräber der Juden erkennbar als Volkerverbrechen, dem spär so genannten „Holocaust“, den er so geschichtlich bewerten möchte, dass der Chronist zwei Stellen aufnimmt und sie verbindet: 1. Mos 4,1f – und Heb. 12,24:
Er aber sprach: Was hast du getan? Die Stimme deines Bruders Bluts schreiet zu mir von der Erde. (1 Mose 4,10) - und verbunden mit „Und zu dem Mittler des Neuen Testaments, Jesu, und zu dem Blut der Besprengung, das da besser redet, denn Abels.“ (Heb. 12,24)
Ein beispielhafter Satz, der den ersten geschichtl. Tod, den Mahnruf zum Mord eines Juden, des Abel, verbindet mit dem weiteren weiteren Ermordungen, die er miterlebt – wir sagen „Holo-Caust“ -, der ermorderten Juden in den Jahren 1941/45, wie er es erlebte.
Blut der Besprechungen“ wird in der Lutherschen Übersetzungen (für mich) nicht deutlich: Eine zweite Möglichkeit des „Blut(s) der Besprengung“ (ob um metaphorisch oder sakramental) zu verstehen und umzugehen) gibt mir eine andere Übertragung: „24 Ihr seid zu Jesus gekommen, der als Mittler den neuen Bund in Kraft gesetzt hat, und zu dem reinigenden Blut, das – anders als Abels Blut – Vergebung zuspricht, nicht nach Vergeltung ruft.“ („Gute Nachricht Bibel“)

Neben diesen Verbechen der Wehrmacht (also auch von Perau selbst 2004 so beschrieben) nannte er später auch Vertreibungen und "Sammlungen" der russischen Zivil-Bevölkerungen und der Verschleppung von zivilen Jugendlichen (für die wirtschaftlichen Verfügungen der Nazis).
Enorm – wahrhaftig finde ich Peraus Beschreibnis als eigenes, priesterliches Er-Lebenis von Verbechen, für die wir heute noch "verantwortlich" tragen  - in  staatlicher Gemeinschaft der oder des DEUTSCHEN - also als VerPflichtung (nachvollziehbar mit dem & im „GG Art 16a - (1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“).


Szenenraum X: Oder eine andere Aufzeichnung:


Im Urlaub, den 6. 6. 1944

In der Normandie haben die Alliierten die lange erwartete Invasion begonnen. Eine gewaltige Schlacht hebt an. Auch im Osten werden jetzt bald die Wogen mit neuer Wucht gegen die Deiche rollen, Morgen früh muß ich die Fahrt dorthin antreten. Inniger all je zuvor habe ich das Bild der heilen Heimat in mich aufgenommen: Das Stadtbild von Kleve, Schwanenburg und Stiftskirche hoch über dem weiten Land, unvergleichliches Symbol des Zusammens von weltlicher und geistlicher Gewalt. Die heilige Ordnung ist längst zerbrochen, aber noch immer wirkt sie nach, solange solche Bilder von ihr zeugen. Vielleicht habe ich dieses Bild zum letztenmal gesehen, ehe die Fluten darüber zusammenschlagen. (Perau. S. 163)


>> Josef Perau: Priester im Heere Hitler. Erinnerungen 1940-1954. Essen ²1962. S. 159f.)
Die Site über die Gaesdonck enthält nur eine lapidaren Nennung zu Josef Perau als Historiker. Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Collegium_Augustinianum_Gaesdonck - Abruf am 12.06.2019.

Szenenraum XI: Die deutsche Militärgeistlichkeit im Zweiten Weltkrieg – ein Szenarium, das noch nicht eschlossen ist.

Ich kenne für einen Pfarrer, der sich nicht hat verbiegen lassen in seinem Auftrag, in seinen Wahrnehmungen, in seinen Aufzeichngen.

Seine Seelsorge ist noch zu entdecken. Seine Bücher sind verloren in Archiven und Antiquariaten – aber seine Intentionen sind offen wir ein Messbuch, wie eine HEILIGE SCHRIFT.



* *

Als Manuskript verfasst von:
*
Die Seite der Katholischen Militaerseelsorge bietet nur einen lapidaeren Beitrag über die"Katholische Militärseelsorger unter dem Hakenkreuz":
https://www.katholische-militaerseelsorge.de/geschichte/zweiter-weltkrieg/




    Literatur:
    Josef Perau : Priester im Heere Hitlers. Erinnerungen 1940 – 1945. Essen. 1962, ²1963.
    Josef Perau : Waren wir vorbereittet ? - In: Gaesdoncker Blätter. 1999. Neue Folge Band I. Historisches Lesebuch. Goch 1999. S. 102-108. - Peraus Aufsatz ist eine Ansammlung von Titeln, Thesen, Verhinderungen, Hoffnungen, Nicht-Überschaubarem, Nicht-Einlösbarem. J. P. kommt zu einem vagen Schluss, dass er die «Vorbereitung» der christlichen Erziehung in Kultur und Politik der 30er Jahre des vorigen Jh.s. im Wesentlichen verneint.
  • Josef Perau : Chronik einer niederrheinischen Familie. Wurzeln und Lebensraum Goch 2004. - In dieser Famfileingshcihte kommt J. P. uahc auf seine Aufzeichnugen als Militärpfarrer zu sprechen. Er relativiert seine authentischen Wahrnehmung aus den Feldzügen (S. 586), mit dieser typisch theologischen Frage, eine Sinnstiftung in generalis caelorum:Caelum et terra transibunt, verba autem mea non transibunt. „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.“ (Evangelium nach Markus 13,31) :
  • Er benennt seinen schaurigsten Erlebnisse, ohne von Verbrechen an der Menschheit zu sprechen:
  • den jüdischen Kindern von Bjala-Zerrkow,
  • den russischen Soldaten im Massengrab von Roslawl,
  • der Zivilbevölkerung der polnischen Dorfes Krassowo-Czentri,
  • den russischen Greisen und Kindern am Weg bei Rudolska,
  • und die deutschen Soldaten, die er beerdigt hat,in die Zusammenstellung.
  • Wörtlich so:
  • Aber nutzt es den jüdischen Kindern von Bjala-Zerrkow, den russischen Soldaten im Massengrab von Roslawl, der Zivilbevölkerung der polnischen Dorfes Krassowo-Czentri und den russischen Greisen und Kindern am Weg bei Rudolska, den deutschen Soldaten, die ich beerdigt habe, daß herausgefunden wird, wer die Schuld an ihrem Tode bringt? Ich wäre ohne Trost über ihr Schicksals, wäre ich nicht überzeugt, daß die Stimme, die Moses aus dem brennenden Dornbusch hörte, nicht trägt und ihre Botschaft nicht nur an die Kinder Israels gerichdetet: „Ich sah das Elend meines Volkes, und ihr Schreien ihrer Treiber höre ich, ja ich kenne ihre Schmerzen (2, Moses 3,7) (S. 586)
    Quomodo: So funktioniert die Strategie der theologischen Exculpation Verbi divini et viris minister et vis maior.
    * In der Beziehung zur Religion werden die Menschen gleichgeschaltet, ergo: nicht indivuell-human gewertet. Jeder Mensch trägt stets einen Keim in sich, der seine Originalität ausmacht, jedes Individuum hat seine Geschichte. (August Strindberg)
    * Eine Religion wäscht die andere; sprich, mit Gottes Worten: Das Erstgeburtsrecht sühnt alles Unmenschliche oder lässt die UnTaten vergessen.
    * Fortsetzunug folgt: Dass es einen Fortschritt im Humanen gäbe, von einem Krieg zu nächsten – wird nicht für möglich gehalten.
    * Dass das militärische Handwerk der Männer … - Krieg(e) zu führen und sich zu entschulden, so dass sie ad futuras weitergeht. - Verachte die Lingua Tertii Imperii.
    * Wenn man nicht zu Völkerrechts-Prinzipien bekennt – so enthebt man sich der Verantwortung für individuelle Sanktionen. Ius divinum ist eine AusRede. Iura dare, also eine Verfassung geben, ist ein Prinzip, das ius divinum ist eine Erfindung von Menschen; mensch kann es außer Kraft setzen kann: Freiheit, Gleichheit, Geschwisterlichkeit.
    *  In hoc signo [victoris aut victorum] vinces. Principiis obsta. Sero medicina parata, cum mala per longas convaluere moras. (Ovid: Remedia Amoris. 91)
    * In omnia paratus. Singe und siege in heiligen Gewändern und Dogmen , auf den Lippen In nomine Patris et Filii et Spiritus sancti.

    * Man (mann!) die putzmuntere Art der anthropogenen Vorstellegungen von Gott. - Ein Agonistiker mag sich hüten vor seinen eigenen Bedürfnissen, die er als Gottes als Göttliches ausgibt. Über die Götter allerdings habe ich keine Möglichkeit zu wissen, weder, dass sie sind, noch, dass sie nicht sind, noch, wie sie etwa an Gestalt sind; denn vieles gibt es, was das Wissen hindert: die Nichtwahrnehmbarkeit und dass das Leben des Menschen kurz ist. (Protagoras)* Incredibile dictu … dass jegliches Leben vom Weibe geboren und genährt wird, individuell gesehen, und, gemeinschafltich verstanden, geachtet und geehrt sein soll.

© Autor und Thema sind mir unbekannt ; die Quelle mir nicht mehr feststellbar. - Ich stelelmir vor: Man könnte von der Sternwarte auf der Gaedonck sich abseilen. Trotzdem hat dieses Bild einen hohen symbolischen Reiz für mich: Man könnte zu einigermaßen Gedankenflügen sich anregen, sich motivieren lassen. - Ein Klassengenosse, zeitweilig sogar mein Bankgenosse, prägte mal den Satz: Gaedonck sei die 'Wiege der Bildung'. - Wenn man die Art der Gedankenflüge mitbedenkt : Cogitationis poenam nemo patitur.



    Post Scriptum
    Perau hat viele religiöse und politsische Probleme beschrieben, die informativ, auch wenn sie bedrückend sind: auch mit den liturgischen und emotiolen Festen: Ostern oder Weihnachten.
    Ich verweise z.B. auf die Aufzeichnung vom 26.12.1041, in Juchnow (in: J.P.: Priester. ³1963. S. 46).
    Ich bin aber hier eine andere Szene Perau als Pfarrer und Mensch vorstellen:
  • Die Wahrheit und das Leben ….
    Josef Perau:
    Mechowoje, den 13.12.1943
    Während der Woche war ich mehrmals unterwegs durch Regen und Kälte. Gestern rief das Kriegsgericht an und empfahl einen wegen Selbstverstümmelung der linken Hand zum Tode verurteilten Leutnant meiner Fürsorge. Es wird in der Division viel über den Fall geredet. Der Verurteilte, ein junger Schlesier, der gleich nach dem Abitur Soldat wurde und in der Division als" Theologe" galt, hat zu seiner Entlastung angegeben, er habe sich die Verletzung beigebracht, um sich auf diese Weise vor der Priesterweihe zu retten. Er liebe ein Mädchen, hätte aber keine Möglichkeit gesehen, seiner Mutter diesen Gesinnungswechsel verständlich zu machen. Der evangelische Rgts.Kommandeur, Oberst von Majewski, hält das für ein Märchen. Soviel wisse er als Schlesier vom katholischen Leben, sagte er mir. Aber für manche andere ist jetzt wieder Gelegenheit, die trüben Vorstellungen von katholisdiem Gewissenszwang und vom Zölibat zu befestigen. Ich stehe inmitten dieses Für und Wider mit versiegeltem Mund und verstehe wieder etwas besser das Schweigen Gottes über dem Gerede der Menschen. Ein langes Gespräch, geführt im Angesicht der letzten Dinge, gab mir neue Einsicht in das zielsichere Wirken der Gnade. Dieser Mensch weiß sich von ihr gestellt wie ein Wild in der Schlinge. Trotz der Ausweglosigkeit eines selbstgebauten Labyrinthes sieht er "den Weg" und ist bereit, ihn zu gehen. Über Lüge und Tod geht schon sieghaft "die Wahrheit und das Leben" auf*).
    *) Die letzten Worte des Verurteilten waren: "In te Domine speravi, non confundar in aeternum". So erzählte mir später der Geistliche, der bei der Exekution in einem rückwärtigen Standort zugegen war. - (J. P.: Priester im Heere Hitlers. Essen ²1963. S. 147)
    - Ich trage nach: Jesus sagte zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich. (Johannes 14,6: Einheits-übersetzung 2016)
    Und meine nasen-weisen Fragen würden lauten:
    Was sind das für eherne Gewissensfragen?
    Was sind das für militärische Gewalt-Kommandeure oder -Gerichtsräte, die ob Grundfragen im Zhg. der „Selbstverstümmelung“ mit der Todesstrafe reagieren müssen?
    Was sind das für sexuelle und soziale und geistige, aber ad ultimum hysterische Fragen, die mit dem Zöblibat verbunden?
    Und/aber:
    Die miltärischen Gesetze haben sich schon verändert...
    * *
    Anton Stephan Reyntjes, Recklinghausen

Gesamtansicht des Gaesdonck: des Collegium Augustinum: Paradies&Knast&Himmelische Erhebung ... Tagfürtag.

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