Der für mich interessanteste Gaedoncker Präses der Nachkriegszeit ( -1958) war J o s e f P e r a u:
Auf der Gaedoncker Seite steht er nicht; komisch auch Dr. Reher-Baumeister nicht, der am meisten die Gaedonck, präsidial, architektorisch, ästhetisch (nach einem simplen Rezept der kargen Bedeutungslosigkeit, mit Dinnendahl-Varianten) und schulisch ummodelte:
https://de.wikipedia.org/wiki/Collegium_Augustinianum_Gaesdonck
[Ein Brief, der vom Herrn Josef Perau beantwortet wurde; aber es kam kein Kontakt mehr zustande...! - Ergänzend ergibt sich die Einstellung vom Geburtsjahr 1910/Abitur 1932 und für mich 1944/Abitur 1965. Prägende Gemeinsamkeiten: Niederrhein als Sozialmilieu; Katholische Religion; Gaesdonck als schulische Instanz.]
ANTON
STEPHAN REYNTJES, RE
[Ein Brief, Orignal:
1999 geschrieben]
Herrn
Josef
Perau
Hülmer
Straße 234
< zehn Minuten von der Gaesdonck weg,
hatten Sie Ihren letzten Dienstsitz <
47574
Goch-Hülm
Sehr
geehrter Herr Perau!
Darf ich
unangemeldet brieflich bei Ihnen anklopfen? Ich bin Gocher Junge
(Jahrgang 44) und Gaesdoncker des Abiturjahrgangs 65 - war letztlich
am Samstag, am 25.9., dort, sah Sie auch wohl - und wußte aber zu
wenig von Ihnen, um Sie anzusprechen. „Als Priester im Heere
Hitlers“ . .. hatte ich während meiner Buchhändlerzeit (65-69 bei
Fingerhut in Kleve/Goch) gelesen. Die Brisanz und die Bedeutung der
Thematik hatte ich aber vergessen.
Jetzt, in Ihren Beiträgen
„Priester im Heere Hitlers“ und „Waren wir vorbereitet?“ fand
ich nun explizit formuliert, was ich mich in den letzten Jahren immer
schon fragte: Wie haben Gaesdoncker Lehrer und Verabschiedete,
besonders Priester, sich in den Jahren 33-45 verhalten? Ja,: „Waren
wir vorbereitet?“ - eine solche Frage ist mir noch nie geboten
worden; sie war ein Zentrum meiner eigenen Gewissensfragen. Ihre
klaren Sätzen und verantwortungsbereiten Einsichten haben mich
erstaunt, mich verwundert fragen und vergleichen lassen:
Ich
war in den Jahren vor 65 noch schlechter vorbereitet bzw. darüber
informiert worden auf das, was hinter
uns lag - um es mal paradox auszudrücken. Sicher, es gab da schon
Deutsch- und Geschichtslehrer wie Hövelmann und Abels - sie
verschwanden schnell. Und ich bin von ihnen nicht berührt, nicht
einbezogen worden in ihre Themen. Ich habe nichts
im Unterricht erfahren über das Dritte Reich.
Privat in meiner
Lektüre und durch eine große Fernsehserie damals („Das Dritte
Reich“ in zehn Folgen; ich lernte damals u.a. den Begriff
„Gleichschaltung“ kennen) war ich angeregt worden, mich
umzusehen, historisch zu erkunden, über den Widerstand
hauptsächlich, aber es fand keine
Stunde Unterricht statt über diese Vorgänge; kein Stündchen als
Reaktion auf Anregungen, die von außen, von der Literatur oder
durchs Fernsehen zur stillen Insel Gaesdonck gelangten - wie Sie sie
so plastisch beschrieben haben. Ihre
Auseinandersetzungen mit Lehrern - Hut ab!
Ich für
mein Teil hatte (etwa 63) mit Dr.R.B. nur das Problem, daß er uns
mal befragen wollte, über seinen schleppenden, langweiligen
Philosophieunterricht. Und als er wissen wollte, was wir den aus
Piepers „Was ist Wahrheit?“ gelernt hatten - da habe ich meine
kleine Wahrheit gesagt, daß dieser Text ins
Fach Religion gehöre. Da wurde ich rausgeschickt - und ich habe
mich, weil ich glaubte, mich rehabilitieren zu müssen, entschuldigt.
Ich habe es (in Gesprächen mit Herrn van der Linde z.B.) zwar noch
nie so deutlich gesagt: Aber ich hatte in den Jahren einige
pädagogische Verbrecher als beamtete Fachleute vor mir als Lehrer
sitzen, die nicht ausgebildet waren, nicht fähig waren, eine eigene
Verantwortung zu tragen, Ideen von außerhalb einzubeziehen, um meine
Generation aufzuklären (über die Vergangenheit und die weitehend
zustimmende und arg verantwortungssparsame Rolle der Bischöfe und
Oberhoheiten) und vorzubereiten auf die Realität der 70er Jahre.
Herr van der Linde konnte mich zwar einigermaßen motivieren für
Mathe (auch durch seinen klugen Stil) - aber er hatten keinerlei
Einfluß auf die Inhalte, auf die Themen. Das lief alles, wie Dr.
Reher-B. das inszenierte. Bloß keine frische Luft! Nur Herr Robke
lud uns einmal für wenige Abende zu einem Literaturkreis ein. Ich
empfand die angebotene, verordnete Literatur als Rechtfertigungs- und
Beschwichtigungsversuche der 30er und 40er Jahre. (Le Forts
„Schweißtuch der Veronika“ blieb mir in trüber Erinnerung.) Daß
ich geistig und leiblich auf der Gaesdonck überlebte - ist ohnehin
ein Kuriosum.
Nein,
ich mußte mich erst befreien von den prüd-dummen
Zwangsverhältnissen und der geistig-moralischen Ödnis. Kein Pauker
(bis auf H.v.d.L.) war in der Lage, Themen oder Texte (oder
Fachleute: Ehemalige, Philosophen oder Autoren in ihre Gedanken) aus
der Realität aufzunehmen und so etwas wie eine generationsmäßige
Diskussion anzuleiten. - Konnten Sie damals - in der räumlichen
direkten Nähe - noch irgendwie auf Gaesdoncker Territorium hin
wirken? Ja auch auf Schüler, die Sie doch als Präses und
Religionslehrer kennen gelernt haben?
Wir
- zumindest ich in der 65er Saison - sollten mit Gebet und Sport
stillgestellt werden! Ja, welchen Bildungsbegriff hatte ein Dr. R.-B.
wohl? Eine selige beglückte Innerei? Eine Art Vergeistigung ohne
realen Bezug?! Erreichbar durch Besinnung und Stille und Ruhe und
Nötigung zur Beichte (mit dem 24-Stunden-Thema Selbstbefriedigung).
*
So -
dies mein überfallartiger Brief an Sie! Ich hoffe, Sie fühlen sich
nicht belästigt..
Meine
konkrete Frage: Gibt es Ihr Buch noch irgendwie zu beschaffen? Rainer
Wingen (Verlagsnachfolger im Ludgerus - heute Wingen Verlag Essen) - mein Konabiturient von 1965 - erzählte mir vor
Jahre einmal, er habe Ihnen das Copyright zu Ihrem Werk zurückgegeben. Ich habe es
schon im Leihverkehr der Stadtbücherei bestellt.
Ich
komme wohl noch in den Herbstferien nach Goch - meine Geschwister
wohnen noch dort. Dürfte ich sie besuchen - wenn sie einen Ansatz zu
einem Dialog sehen?
Mit
freundlichen Grüßen
[A. St. Rey ...]
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