M e i n e G e - Z w e i g e - № 2 -
Zum Beispiel T e r s i t e s
> > In der Abfolge Strauss/Zeig/“Die Schweigsame Frau“/'Blitz von oben'/Goebbels/Rosenberg /All--Hitler:
>> und als ErInnerung für heutige griesgrämig & dys-funktionale-kulturlosen All-Ternativen
Stefan Zweig
als bedrängter Autor seines
„Helden" Tersites - als Parodie des Achilles vor T r o j a (1907)
Der Ideologie Rosenberg in seiner Bürokratie-Sekretär
in Sachen Stefan Zweig:
Léon Poliakov / Joseph Wulf haben
dieses Dokument so überschreiben. „Der Held Achilles stand nicht
sympathisch da" [Ein
Dokument das zuerst „Berlin 1955, dann hier im Druck des Fourier
Verlages in Wiesbaden 1989]
Zm Bild: Frans Masareel (ein verlorengangenes Ölgemälde von Stefan Zweig). Aus: St. Z.: Leben und Werk im Bild. 1981. S. 155.
Zm Bild: Frans Masareel (ein verlorengangenes Ölgemälde von Stefan Zweig). Aus: St. Z.: Leben und Werk im Bild. 1981. S. 155.
>> Schreiben von Alfred Rosenberg an Dr.
Goebbels (gekennzeichnet als „aus Dokument CXLII-246“):
Berlin, den 30. August 1934
An den Präsidenten der Reichskulturkammer Herrn Reichsminister Dr. Goebbels Berlin Propagandaministerium
Sehr geehrter Parteigenosse Dr.
Goebbelst
Ihr Schreiben in Bezug auf die
Veröffentlichung Ihres Briefes an die "Lichtbildbühne"
habe ich erhalten und zur Kenntnis genommen. daß Sie einen
Verantwortlichen in dieser Angelegenheit fristlos seines Amtes
enthoben haben. Immerhin scheint mir, daß der e i g e n t l i c h e
Verantwortliche für die Veröffentlichung der verantwortliche
Schriftleiter der "Lichtbildbühne" ist. Ich stehe nach wie
vor auf dem Standpunkt. daß ein derartiges Rundschreiben den
nationalsozialistischen Grundsätzen widerspricht. jedenfalls habe
ich im Laufe der Zeit Abstand genommen. durch Rundschreiben an mir
unterstellte Dienststellen eine Kritik an Zuständen etwa der
Reichskulturkammer zu üben. trotzdem dazu mehr als einmal
Veranlassung bestanden hätte. Ich muß mir unter Umständen
vorbehalten. auf derartige Rundschreiben Ihrerseits auch ähnliche
Rundschreiben aufklärender Art an die mir unterstehenden Stellen zu
versenden. Selbst für den Fall. daß aus meinem Amt Schreiben an die
der Reichskulturkammer angegliederten Verbände verwandt sein
sollten. deren Tendenz sich mit Ihren Befugnissen gekreuzt hätten.
so wäre das Natürliche gewesen. wenn die Leitung der
Reichskulturkammer sich mit uns in Verbindung gesetzt hätte. und wir
von uns eine Richtigstellung veranlaßt hätten. Es wäre dabei durch
eine Aussprache die Abgrenzung der Tätigkeiten zu klären gewesen.
Im übrigen betone ich nach wie vor. daß der mir vom F ü h r e r
übertragene Auftrag auch dahin lautet. s ä m t l i c h e
gleichgeschalteten Verbände in bezug auf ihre geistige und
weltanschauliche Haltung zu überwachen und daß hier eine andere
Meinung diese Verfügung des Führers nicht aufzugeben in der Lage
ist.
Was die übrigen Punkte Ihres
Schreibens anbelangt. so nehme ich meinerseits dazu folgende
Stellung:
- Wenn Stephan Zweig nicht ein gleicher Emigrant sein sollte. wie Arnold Zweig. so ist das an sich ein Spiel mit Worten. denn Stephan Zweig lebt nicht in Deutschland und wird sich sehr hüten. nach hier zu kommen.
- Daß Stephan Zweig künstlerischer Mitarbeiter eines jüdischen Emigrantentheaters in Basel sei. war unwidersprochen zu lesen im Organ des Preußischen Ministerpräsidenten. in der "National-Zeitung" zu Essen. die sich diese Betätigung von Zweig aus der Schweiz melden ließ. wo in Basel ein derartiges Unternehmen besteht. Die Richtigkeit dieser Angabe der "National-Zeitung" oder der Ihnen gewordenen Information wäre demnach nocheinmal zu überprüfen. Wenn Sie Stephan Zweig als eine Persönlichkeit schildern. die sich politisch bisher absolut zurückgehalten hätte. und erklären. daß der Text der Oper unpolitisch und harmlos sei. so bin ich allerdings der Überzeugung. daß es nur noch gefehlt hätte. daß Stephan Zweig eine p o l i t i s c h e Oper zu bearbeiten hätte; und was seine Zurückgezogenheit anbetrifft. so scheint Ihnen seine Lebensarbeit nicht bekannt zu sein. Stephan Zweig trat besonders im Jahre 1907 mit seinem "Tersites" hervor und stellte große Sympathiebetrachtungen über diesen Verräter am griechischen Heere an. Er stellte ihn dem Helden AchilIes gegenüber und es konnte kein Zweifel darüber herrschen. daß Zweig seine Sympathien dem Tersites schenkte. dessen Erlösungsbedürfnisse und dessen Seelenkämpfe er ausführlich schilderte. während der Held Achill als ein unnahbarer Herr nicht sympathisch dastand. Es war die ganze bewußte Zersetzungsarbeit, die sich durchaus politisch auswirkte, weil jeder Fall von Tersites auf die Pazifisten und Landesverräter in Deutschland schloß. ebenso wie von dem Helden AchilIes auf das deutsche Offizierstum.Aus dem gleichen Instinkt heraus schrieb Stephan Zweig seinen "Amok" und liebte es. pathologische Züge deutscher Größen als für sie c h a r a k t e r i s t i s c h (siehe Nietzsche, Hölderlin) darzustellen. Stephan Zweig ist aber in keiner Weise ein harmloser Literat. wie Sie ihn in Ihrem Brief darstellen, Als Stephan Zweig seinen "Amokläufer" verfilmen wollte. ist gerade I h r e r s e i t s bezw. seitens Ihres Ministeriums diese Verfilmung wegen innen- und außenpolitischer Bedenken verboten worden! Ferner befindet sich Zweig auf der sogenannten schwarzen Liste. seine Werke wurden auch auf Anordnung des Ministeriums für Volksaufklärung und Propaganda bezw. der Reichspropagandaleitung der NSDAP in ganz Deutschland öffentlich verbrannt. Offenbar sind Ihnen diese Dinge nicht bekannt oder aber Ihrem Gedächtnis entfallen.Zweig ist ein ganz besonderer Verehrer des Psychoanalytikers Freud und erklärte triumphierend. dessen Gedanken seien "wie Bazillen eingedrungen in alle Organismen der geistigen Welt". Ferner zählt Stephan Zweig Emil Ludwig-Cohn zu seinen auserlesenen Genossen und hat u. a. in der "Neuen Freien Presse" in Wien Lobeshymnen über diesen Mann gesungen. Der Inselverlag. mit dem Zweig seine Geschäfte machte, mußte dabei wegen unglaublicher Verballhornung der deutschen Sprache deutsche Gelehrte bitten die Manuskripte Zweigs erst auf ihre Fehler im Deutschen durchzusetzen, Aber selbst. wenn das alles nicht wäre und Zweig so harmlos dastünde. wie es sich aus Ihrem Brief entnehmen müßte. so ist es für den Nationalsozialismus doch selbstverständlich, daß in der heutigen Zeit der Präsident einer angeblich nationalsozialistischen Reichsmusikkammer nicht einen jüdischen Mitarbeiter im neuen Reim haben kann.
gez. Alfred Rosenberg
Aus: Léon Poliakvo / Joseph Wulf: Das Dritte Reich und die Juden. Dokumente unBerichte. Wiesbaden. 1989. S. 318 – 320.
*
Aber, warum verschiebt der Chefideologe Alfred R o s e n
b e r g das Gewicht seiner Argumentation zu Zweigs Tersites
statt auf das Thema des Tages
Strauss/Zweig/Die schweigsame Frau
im Jahre 1934/35?
Zu Zeiten, da sich in Homeros Ilias ein unansehnlicher, gar ein leidender Tersites (1907) im Machtkonflikt zwischen Achilleus, Hector und Patroklos in Theater und nachahmenden Tragödien (besonders im Film) als Nullfigur unterschlagen wird, muss man an Zweigs Tersites erinnern.
Schon führte Zweig seinen Intentionen dar, im Brief an Ellen Key:
Auch heute kann sich das Stück noch behaupten:
Zweig ergreift Lessings Parteil für den Tersites „Denn ich empfinde es, daß Tersites auch mein Anverwandter ist, ein Menschen (Lessing 1987, S. 170). Durchaus an Lessings Wirkungskategorie des Mitleids anknüpfend, wie dies für das bürgerlich Trauerspiel des 18.Jahrhundert neu gedeutet wird, lässt sich Zweigs Terstes-Figur“ einordnen. Die Menschwerdung hängt mit der Fähigkeit des Mitleidens zusammen. Es geht Zweig um das Beispiel des 'leidenden Menschen, statt, der durch die Kraft und Zielstrebigkeit dem andern Leiden verschafft.“ Aus: Die Welt von Gestern (1942; S.
Monika Meister (in Kapitel 2.1 Tersites (in: ST-ZWEIG-Handbuch, 2018. S. 112-118) zitiert Gabriella Rovagnati, die „die Thematik des Leidens als grundlegend im Leben seiner Personen findet sich schon, in den frühen Erzählungen und bleibt eine Konstante in all seinen späteren Novellen, Biographie und Dramen“ (S. 117).
Eine Aufführungschronik für Tersites ist auch im ST-ZWEIG-Handbuch nicht zu finden.
Die bejubelte, zur Herrschaft bereitete, faschistische Philosophie der Männlichkeit, der Stärke der Macht und das Führerprinzip sah R o s e n b e r g in Zweigs Dramaturgie und Humanismus-Ideal nicht gefördert; der D e u t s c h e hatte stark zu sein, im Mythos, in seinen männlichen und waffentechnischen Streitkräften und in den selbst-gewählen Ausschnitten der Welt- und Literaturgeschichte.
* Statt (hier ein plakatives Warhol-Signet): Franz Kafka . . . - oder in den Fussstapfen
> Holzschnitt von Frans Masereel <
. . . hatte Stefan Z w e i g zeitlebens Ideale und Figuren und Themen innerhalb des humanistischen Tradition und des Konzepts.
Zu Zeiten, da sich in Homeros Ilias ein unansehnlicher, gar ein leidender Tersites (1907) im Machtkonflikt zwischen Achilleus, Hector und Patroklos in Theater und nachahmenden Tragödien (besonders im Film) als Nullfigur unterschlagen wird, muss man an Zweigs Tersites erinnern.
Schon führte Zweig seinen Intentionen dar, im Brief an Ellen Key:
Auch heute kann sich das Stück noch behaupten:
Zweig ergreift Lessings Parteil für den Tersites „Denn ich empfinde es, daß Tersites auch mein Anverwandter ist, ein Menschen (Lessing 1987, S. 170). Durchaus an Lessings Wirkungskategorie des Mitleids anknüpfend, wie dies für das bürgerlich Trauerspiel des 18.Jahrhundert neu gedeutet wird, lässt sich Zweigs Terstes-Figur“ einordnen. Die Menschwerdung hängt mit der Fähigkeit des Mitleidens zusammen. Es geht Zweig um das Beispiel des 'leidenden Menschen, statt, der durch die Kraft und Zielstrebigkeit dem andern Leiden verschafft.“ Aus: Die Welt von Gestern (1942; S.
Monika Meister (in Kapitel 2.1 Tersites (in: ST-ZWEIG-Handbuch, 2018. S. 112-118) zitiert Gabriella Rovagnati, die „die Thematik des Leidens als grundlegend im Leben seiner Personen findet sich schon, in den frühen Erzählungen und bleibt eine Konstante in all seinen späteren Novellen, Biographie und Dramen“ (S. 117).
Eine Aufführungschronik für Tersites ist auch im ST-ZWEIG-Handbuch nicht zu finden.
Die bejubelte, zur Herrschaft bereitete, faschistische Philosophie der Männlichkeit, der Stärke der Macht und das Führerprinzip sah R o s e n b e r g in Zweigs Dramaturgie und Humanismus-Ideal nicht gefördert; der D e u t s c h e hatte stark zu sein, im Mythos, in seinen männlichen und waffentechnischen Streitkräften und in den selbst-gewählen Ausschnitten der Welt- und Literaturgeschichte.
* Statt (hier ein plakatives Warhol-Signet): Franz Kafka . . . - oder in den Fussstapfen
> Holzschnitt von Frans Masereel <
. . . hatte Stefan Z w e i g zeitlebens Ideale und Figuren und Themen innerhalb des humanistischen Tradition und des Konzepts.
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T e r s i t e s: EA: 1907: Übersiedlung in die erste eigene Wohnung, Kochgasse 8. Wien VIII. Das erste Theaterstück Tersites, in Versform, wird veröffentlicht. Rimbaud: Leben und Dichtung erscheint im Insel-Verlag in der Übersetzung von Karl Klammer und einer Einführung von S. Zweig.
1908/1909: Die Uraufführung von Tersites, ursprünglich für das Königliche Schauspielhaus in Berlin geplant, findet am 26. November 1908 gleichzeitig in Dresden und Kassel statt. Gleich anschliessend, auf Anraten von Walter Rathenau, fünfmonatige Reise nach (Ceylon, Gwalior, Kalkutta. Benares, Rangun und Hinterindien. Balzac: seine Weltanschauung, Hrsg. und Einführung von Zweig, Robert Lutz Verlag, Stuttgart.
Die Ausgabe von 1982: S. Fischer Verlag, Ffm.:
Tersites - Jeremias. Zwei Dramen. Edited with an afterword by Knut Beck. 355/(2)p. 2o€
Tersites als Anti-Held - als Alternativ-Figur im Dramatugischen, der kein Held in den Mannschaften der Griechen vor Troja darstellte.
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