Wie kultiviert man sich? Sprachlich?
Man übt.
Ein Lyrissement, anstelle einer Rezension:
Gelesenes:
Nicht meine letzte Bemerkung zu Botho Strauss’ „Herkunft“,
im Carl Hanser Verlag. München 2014:
Ja, eine süße Stelle des Erkennens, des Nennens, des
Genanntseins: Strauss zitiert kurzzeilig Wilhelm Lehmann: „Ich bin die Dauer des
Vorbeis“ (S. 76). [Der KonText ist erregend, die Aussage trefflich vorbereitet.
Des Lesers Gewinn lyrisch strukturiert durch die Erinnerung an einen, pardon: „den
knarrenden Eichenschrank der Großmutter“.]
Yeah: Aber sonsstig noch süß-schöner, sauer-herber im
kompakt-komplexen Zitat, aus „Das Vorletzte“: Zeilen 4ff.:
„Und hörte niemand zu: „Ich auch, ich auch!“
Die dünne Schale platzt des Eis:
Ich bin die Dauer des Vorbeis.
Ob eine Gegenrede meine Verse fetzte, (…)“
Und wer ruft’s? Der Kleiber, der am Baum, am Stamm, an den
Krusten und Schrunden der Menschengeschichte hinauf und hinunter laufen kann,
mit seinen Klettenfüßchen.
(W.L.: Werke. Bd. 1.
Sämtliche Gedichte. 1982. S. 202)
Nein, Lehmann wurde nicht
gelesen, zu Zeiten der 668, pardon: 68er. Zu Zeiten der Sammlung seines
Werks in „acht Bänden. Auch heuer nicht.
Strauss nennt Lehmann, eine Zeile seiner Dichtung. ohne KonText,
ohne Charme, ohne Zeichen seiner Dichte.
Nein, im Internet findet man das Gedicht „Das Vorletzte“,
nur bei Books-Google.de. - Nein, in keiner sonstigen Zitation. In keiner
Interpretation.
Memento poeticae: Er bleibt mein Held, Herr Lehmann! Zier-, Zucht- und Markstein meiner Bildung.
Memento poeticae: Er bleibt mein Held, Herr Lehmann! Zier-, Zucht- und Markstein meiner Bildung.
Dazu noch ein Strauss’sches Etepetete: „Aber nur das Gedicht
kann der eruptive Akt der Erinnerung selber sein, der sich gedächtnis-erregend
auf den Leser überträgt.“ (S. 89). Gedächtnishaft-erregend? Wenn man sich
hingibt dem Zauber oder dem Zerwürfnis oder dem Zirkel von Liebe und Versagen.
(Oder ähnlich.)
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