Freitag, 14. November 2014

Wilhelm-L e h m a n n Ad eins



..  bei  der  Sonnenblumenernte.



Einige, fortlaufende Lehmann-Reminiszenzen

- ad eins -

„Sommergottesfülle"


Den momentanen oder wöchentlichen Angliszimen biete ich einen Germanicismus, der aber kein –cismus ist, sondern eine orginäre Neubildung nach dem Geschmack der Schreibenden W. L. und M. H.:



 Ich biete einen semantischen Widerpart:


Hier nun schreibt ein Dichter, der „hohe Lyriker“ Wilhelm Lehmann, über seinen Dichterfreund und Verlagslektor, der auch ein wichtiger Autor des Deutschen vor 1933 ist, über Moritz Heimann:

?? Ach, sie seien schon verloren, bevor die beiden Autoren des 20. Jh.s im Bewusstsein der nach Angliszimen schreibenden On-, In- oder Outlinern nach Dichtung sich festsetzen könnten?

So die Kunde, literarisch gewichtig, ohne Deute- oder Deutschtümelei:

„Erschüttert lese ich, was er mir am 11. Juli 1903 schrieb, als er Ferientage an der Ostsee verbrachte. Er rühmte die »von den Sommerwinden gekühlte und gereinigte, vom schwachen Salz gewürzte und von einer Sommergottesfülle, von allerlei Strauchwerk wunderbar gesüßte köstliche Luft«. Er hole sich daraus »so viel an Gesundheit Leibes und der Seele, wie Leib und Seele noch anzunehmen vermögen. Denn im Ganzen genommen schmecke ich nicht mehr sehr gut; ich bin ein etwas holziger Spargel geworden und fürchte, Gott wird mich zum größeren Teil ausspeien aus seinem Munde. Oft, gegenüber dem Meere und dem Sande, fühle ich nichts mehr; nur eben noch die Qual, nichts mehr zu fühlen. Und wie eine mögliche Rettung aus solchem Tod überkommt mich zuweilen das Gelüst, Gerichtstag zu halten über diese Not und Armut, daß nicht nur mich umfängt, ‚das bängliche, das graugestrickte Netz'[1]. Ich lese Eichendorffs ,Ahnung und Gegenwart’, und die Gedanken daraus weben sich zu einem Gewebe, darin ich zuweilen Geflügeltes fange; bald eine Motte wie das obige Mich, und bald einen bunten Schmetterling; und das sind Sie«.

Daß ich dem geliebten Manne durch dunkle Stunde als Schmetterling schweben durfte, das tröstet mich noch heute (…)“.

So explizit und kostbar – so können Erinnerung und Sprachvermögen sein - Wilhelm Lehmann in seiner autobiografischen Schrift „Mühe des Anfangs“ (1952) über Moritz Heimann. -

Wenn man hieraus ein kleines literarisches Rätsel bilden und on-, also: ab-setzen würde, es würde diesen Deutsch-Trottelnden nicht auffallen, begierig <kundig, eingedenk, teilhaftig, mächtig, volll> nach den Zusammenhängen zu sein.
Dort ist kein poetisches Bewusstsein mehr, sich nach etwas Deutschem, das nicht Deutschtümelndes ist,  zu sehen, zu sehnen, sich zu bilden.

Geguggelt? „Sommergottesfülle – nur ein-mal nachgewiesen im Netz, bei den geguggelten "books": Hier:, bitte!
 


[1] Goethe (vollständig):
Mich ängstigt das Verfängliche...
XI.
"’Mich ängstigt das Verfängliche
Im widrigen Geschwätz,
Wo nichts verharre, alles flieht,
Wo schon verschwunden, was man sieht;
Und mich umfängt das bängliche,
Das graugestrickte Netz.’
Getrost! Das Unvergängliche,
Es ist das ewige Gesetz,
Wonach die Ros' und Lilie blüht.“ (Aus: Chinesisch-deutsche Jahres- und Tageszeiten)

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