Dienstag, 5. Februar 2013

Ein Neger-Scherz- und ein Neger-Schmerz-Zentrum


!!Vors Gesicht: Beitrag und verlinkte Texte können rassistische (oder rasssifizierte) Sprache und Wortbilder enthalten!!

                                                                                 "N e n n t m i c h n i c h t N e g e r!"*]


Hier wird in Ein- und Nachträgen eingerichtet 

ein Neger-Scherz- und ein Neger-Schmerz-Zentrum.

- [Vulgo-Terminus:] eine  W o r t b i o g r a f i e  -


Einleitend, zur Klärung von Instinkt- und/oder Intentionsfragen,

zu der Nennung oder Konnotierung oder Pejoration des Denkbegriffs "N e g e r" 

ein Beispiel wahrer Dienst-, (Auf-)Klärungs- und Dichtkunst:

 

Ein lyrisch-satirischer ProLog:



Erich Kästner:

Die Wirklichkeit als Stoff



Die Zeit zu schildern, ist eure heilige Pflicht.

Erzählt die Taten! Beschreibt die Gesinnungen!

Nur, kränkt die Schornsteinfeger nicht!

Und kränkt die Jäger und die Briefträger nicht!

Und kränkt die Neger, Schwäger, Krankenpfleger

Und Totschläger nicht!



Sonst beschweren sich die Innungen.


Aus: „Kurz und Bündig“. Zürich 1950 [Erstdruck] - Text nach E. K.: Zeitgenossen, haufenweise. Gedichte. Carl Hanser Verlag. München, Zürich.. 1998. S. 290.


*  ~  ~*


Kästner gab dem satirischen Text noch eine Unterzeile mit auf dem Weg in die deutschen Land- oder Literatuschaften:

 „Aus der großdeutschen Kunstlehre“.


 Was ahnte er was, wenn er in der jungen BRD seine ideologiegeprüfte Nase lüftete und in die drohenden Zeiten hinein roch, was man so als „Dummheit an Kunst“ bezeichnen muss oder sollte? – Also schon vor mehr als 50 Jahren hat ein wahrer Sprachdenkeer und -kritiker, der (sicherlich: mit Glück) die Nazis überwand, Neger und -gemäßiges [nicht: „Nigger“ etc.] wahrgenommen für seine fiktionalen, nicht expositorischen Texte verpflichtet. Vgl.: "Die Konferenz der Tiere" (1949).




Und auch das Gedichtete noch vom geistverwandten Ringelnatz, der die Wörter "Neger" oder "Negerin" nicht eigens maarkieren oder erklären musst. (Sie meinten, ws sie meinen.):



 Joachim Ringelnatz:
Abendgebet einer erkälteten Negerin

Ich suche Sternengefunkel.
Sonne brennt mich dunkel.
Sonne drohet mit Stich.
Warum brennt mich die Sonne im Zorn?
Warum brennt sie gerade mich?
Warum nicht Korn?

Ich folge weißen Mannes Spur.
Der Mann war weiß und roch so gut.
Mir ist in meiner Muschelschnur
So negligé zu Mut.

Kam in mein Wigwam
Weit über das Meer,
Seit er zurückschwamm,
Das Wigwam
Blieb leer.

Drüben am Walde
Kängt ein Guruh - -
Warte nur balde
Kängurst auch du.


Und, als Fortsetzung, aucch diese völlig unbelastete Semantik des unmarkierten Nomens.


Joachim Ringelnatz:
Die Kartenlegerin

Das Schiff war schon im Hafen leck.
Man besserte an dem Schaden.
Das Schiff hatte Fässer geladen
Und Passagiere im Zwischendeck.

Mittags stieg eine Negerin
In das Matrosenlogis.
Sie wäre Kartenlegerin,
Bedeutet sie.

"Two shillings" - oder ein Kleidungsstück,
Sie zeigt auf wollene Sachen.
So eine weiss manchmal, wie man sein Glück
Kann machen.

Sie reden voreinander dumm,
Gaben der Alten zu saufen,
Drückten ihr lachend am Busen herum
Und liessen sie dann laufen.

Nachts hockte die alte, schwarze Kuh
An Deck zwischen Fässern und Tauen.
Vor ihr lag Kuttel Daddeldu
Dienstmüde und dachte an Frauen.

Da legte die Kartenlegerin
Die Karten, die ihn betrafen,
An Deck und murmelte vor sich hin.
Kuttel war eingeschlafen.

Sie murmelte Worte in den Wind.
Das Schiff fing an zu rollen.
Das Schiff und die Menschen darauf sind
Verschollen.

<*~ ~*>

Fortsetzung folgt.

Eine Andere? Eine Lyrikerin. Die sich hier selbst vorstellt:
Mascha Kaléko: Einer Negerin im Harlem-Express Dunkles Mädchen eines fremden Stammes, Tief im Dschungel dieser fremden Stadt, Deiner Augen schwarzverhangne Trauer Sagt mir, was dein Herz gelitten hat. Immer möchte ich dich leise fragen: Weißt du, daß wir heimlich Schwestern sind? Du, des Kongo dunkelbraune Tochter, Ich, Europas blasses Judenkind. Von der Schmach, die Abkunft zu verstecken, Schützt dich, allen sichtbar, deine Haut. - Vor der andern Haß, da sie entdecken, Daß sie dir „versehentlich“ getraut. (Aus. Mascha Kaléko: Sämtliche Werke und Briefe. Bd. Werke. 2012. 382.
*] In Analogie formuliert zu dem Titel der Kurzgeschichte "Nennt mich nicht Nigger!" von Josef Reding (veröffentlich im Jahre 1960 in seinem gleichnamigen story-Band. Recklinghausen 1960. Die betreffende Kurzgechichte wird hier eingestellt, zur Untersuchunug der Begrifflichkeit "Neger"/"Nigger". Vgl.: http://de.wikipedia.org/wiki/Josef_Reding

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