Das tolle Denkmal in Neurupin: Fontane ist bereit, mit uns zu wandern; wenn man/mensch Platz nehmen kann ...
„Blame“ statt 'Blässe': Vom Wert eines werten „Illtums“ (like Ernst Jandl!)
Brief an den Verlag der Großen Brandenburgischen Ausgabe der Werke von Theodor Fontane:
Sehr geehrter Herr T. -
trilcke@uni-potsdam.de
Ich schreibe wg. eines
Zitats, so angegeben: "Von Bedürfnis keine Rede. Respekt ist
etwas, das kaum vorkommt. Immer verdächtig, immer Bläme
..." - Ich glaube, es kann/muss "Blässe"
heißen; aber ich finde keinen Zugang zu der Urschrift der
Fontaneschen Quelle. Aus: WEISHEITEN DEUTSCHER
KLASSIKER. Harenberg 1983. ³ Aufl. 1989. S. 40.
Der Text soll heißen: Ausgewählt: Th. F.: "Die gesellschaftliche Stellung des Schriftstellers" (ohne Datenangabe) soll die Urschrift heißen nach Angabe von Bernhard Pollmann. S. 40.
Können Sie mir eine genaue Quelle geben zu "Bläme" - statt "Blässe"?
G r üs s G # t t (und erhalte uns die Dichtungen; Menschenkind/ern!)
AStRey - 45659 RE-Hillerheide
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Das fand ich in: Theodor Fontane: Die gesellschaftliche Stellung der Schriftsteller. In: Manifeste und Dokumente zur deutschen Literatur 1890-1910. Hrsg. von Erich Ruprecht und Dieter Bänsch. Stuttgart 1981, S. 1-4.
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Natürlich wird der, der seine Miete bezahlt, besser behandelt als der, der sie nicht bezahlt, und der mit einem englischen Musterkoffer in Helgoland Eintreffende darf sich einer besseren Sommerfrische rühmen, als der blos nach Grünau, hin ins Grüne Gestellte, - seine eigentlich gesellschaftliche Stellung bleibt aber auf ihrem sehr mafügen Niveau und selbst die, die sich urn einen solchen Glücklichen anscheinend bewerben, sind meist mehr "erfreut ihn kennen zu leben", als innerlich beglückt und geehrt.
Respekt ist etwas, das kaum vorkommt. Immer verdächtig, immer Blame (nicht so im Text; v. mir hervorgehoben). Das ganze Metier hat einen Knax weg. Am besten gestellt ist der Schriftsteller, wenn er gefürchtet ist.
Da kann er den Kopf (...)
Diese aus dem Meer gerettete demolierte Lokomotive; aus dem Unglück von der "Tay"-Brücke stammt sie: Erklärung zu 'Fontane', bitte selbst formulieren ...:
Zu "Blame": Die beste, deutschsprachliche Formulierng lieferte Friedrich Gladov:
Gladov, Friedrich: A la Mode-Sprach der Teutschen Oder Compendieuses Hand-Lexicon. Nürnberg, 1727: Blame, Verschimpffung, Verläumdung, Schand, Unehr, böses Gerücht; it. Beschuldigung, Anklag, Bestraffung; it. Schuld, Verbrechen.
Buch: https://www.deutschestextarchiv.de/book/show/gladov_modesprach_1727
Ob Fontane darauf zurückgreifen konnte? Ich glaube eher an sein Vermögen, zum Verb 'blamieren' auch den Nominativ zu kennen, ähnlich zu 'Blamage'.
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dwds.de schreibt zur Etymologie:
blamieren · Blamage · blamabel
blamieren
Vb. ‘bloßstellen, lächerlich machen’, Anfang des 17. Jhs. in
der Bedeutung ‘schmähen, beschimpfen’ aus frz. blâmer (afrz.
blasmer) ‘tadeln’ entlehnt; die früher bezeugten Verben mnd.
blamēren, mnl. blameren entlehnen die frz. Vorlage in der Bedeutung
‘tadeln’. Der abgeschwächte, heute übliche Sinn ‘bloßstellen’
entwickelt sich im 19. Jh. Frz. blâmer kommt über vlat. blastemāre
aus spätlat. blasphēmāre, griech. blasphēmé͞in (βλασφημεῖν)
‘schmähen, lästern’ (s. Blasphemie). –
Blamage f. ‘beschämender
Vorfall, Bloßstellung, Schande’, französierende Neubildung der
Studentensprache in der 2. Hälfte des 18. Jhs. zu blamieren,
dementsprechend zunächst ‘Beschimpfung’, dann (1. Hälfte 19.
Jh.) als ‘Bloßstellung’ in den allgemeinen Sprachgebrauch
übergehend.
blamabel Adj. ‘beschämend’, nach frz. blâmable
‘tadelnswert’ (Mitte 19. Jh.).
https://www.dwds.de/wb/blamieren
Hej, da fehlt das Wort „Blame“ - Und in der Wikipedia fehlt ein Eintrag zu Gladov, Friedrich.
Auch hier wird man fündig: Marperger, Paul Jacob: Der allzeit-fertige andels-Correspondent. 4. Aufl. Hamburg, 1717.
> Und nochmals Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.:
"Die Möglichkeit einer schrecklichen Scene, die sein Haus mit einer nicht zu tilgenden Blame behaftet hätte, trat dabei vor seine Seele."
>>>
Handlauf - willst du das wissen, Von mir? - Der Handlauf,, der in die Fluren und Fluten der Literatur führt? Dann: Mörike. Fontane. Tucholsky. (Dann bin ich mitten in der Gegenwart, nach 1945: Böll, Bender (ja: Hans) zuvor noch Borchert (ja: Wolfgang!) – wie du es willst!
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Und so weiter:
Blame, Blâme - Oder, einfacher, fast schon deutsch: „die Blamage“:
In Zweigs Schachnovelle erleben wir, dass ein traumatisierter Mensch ein Schachspiel aufgibt; und seinem Leben einen neuen, pschylogisch gesicherten Halt {gesichert durch den Erzähler!} gibt:
Er, Dr. B., verabschiedet sich von der Schiffs-Gesellschaft [dem Motiv des Lebens gleichgestellt!]:
»Um Gottes willen«, flüsterte er mit blassen Lippen. »Habe ich etwas
Unsinniges gesagt oder getan... bin ich am Ende wieder ...?«
»Nein«, flüsterte ich leise. »Aber Sie müssen sofort die Partie abbrechen, es ist höchste Zeit. Erinnern Sie sich, was der Arzt Ihnen gesagt hat!«
Dr. B. stand mit einem Ruck auf. »Ich bitte um Entschuldigung für meinen dummen Irrtum«, sagte er mit seiner alten höflichen Stimme und verbeugte sich vor Czentovic. »Es ist natürlich purer Unsinn, was ich gesagt habe. Selbstverständlich bleibt es Ihre Partie.« Dann wandte er sich zu uns. »Auch die Herren muß ich um Entschuldigung bitten. Aber ich hatte Sie gleich im voraus gewarnt, Sie sollten von mir nicht zuviel erwarten. Verzeihen Sie die Blamage {hier markiert; ASTR} – es war das letztemal, daß ich mich im Schach versucht habe.« (Aus: Stefan Zweig: Schachnovelle. (1943). [Hier aus St. Z.: Sch. Ffm. SBB 129. 2013. S. 72]


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