„Blauwachtig“
„Blauwichtig“ (so ein schneller Verdreher im Kopp) –ein schnell gelesenes Wort, das ich auch auf der Rückfahrt von Hollands kalter März/April-Nordküste 2013 her nicht vergessen mag: „Blauwachtig“: Ja, ich warte auf, ich hoffe auf Blauwichtiges.-Gewichtiges (wenn ich das Adjektiv denn eindeutschen sollte; WortGenaueres später).
Ich las es auf „Nederlands“, in der Übertragung einer Hölderlin-Ode: „De Neckar“. Ja, deutsch, natürlich, völlig klar, einsichtig, gebongt seit dem fürchterlichen Erlebnis im Abitur 1965 (als dieses Gedicht als einer der vorgelegten VorSchläge zu interpretieren war!): „Der Neckar“. Alle von den dreizehn Abiturienten einer PaukerarschSchule, eines „bischöflichen Collegiums“,streikten und nahmen sich ein billigeres Thema („Moralische Aspekte der Todesstrafe“ [oder so!]).
Zuerst Friedrich Hölderlin - deutsch:
Aus „Der Neckar“
(die zweite Strophe):
Auf ihren Gipfeln löste des Himmels Luft
Mir oft der Knechtschaft Schmerzen; und aus dem Tal,
Wie Leben aus dem Freudebecher,
Glänzte die bläuliche Silberwelle.
In der Übertragung von Ad van Besten werden wir ebenbürtig in die lyrische Suggestion der Landschaft (ver)führt:
Vaak op hun toppen heeft mij des hemels lucht
Verlost van’t leed der knechtschap, en uit het dal,
als leven uit de vreugdebecher,
blauwachtig, glinsterd’ uw zilvren water.
(Aus: Friedrich Hölderlin: Gedichten. Vertaald door Ad van Besten. Athenäum Verlag Amsterdam. 2011. S. 61)
„Blauwachtig“
Ein Hölderlin-Überwet-, pardon: ein -übersetzer, ein guter, hat aus dem schön elegischen
Ich habe gern nachgeschlagen im Glosbe-Niederländisch:
http://de.glosbe.com/nl/de/blauwachtig
Dort angeratene Übersetzungen ins Deutsche: „bläulich“ oder „Ins Blaue spielend“: „Naar het blauw neigen“.
Aber noch lieber zitiere ich aus der Übersetzung folgender Hölderlin-Zeile, weil ich blau-versessen bin!
Die Poesie (auch der Himmel) helfe mir!
Also, der ganze niederländische Text:
De Neckar
In uwe dalen is mij het hart ontwaakt
ten leven en uw golven omspeelden mij;
van al de lieve heuvels die u
zwerveling! kennen is geen m' een vreemde.
Vaak op hun toppen heeft mij des hemels lucht
verlost van 't leed der knechtschap, en uit het dal,
als leven uit de vreugdebeker,
blauwachtig, glinsterd’ uw zilvren water.
Der bergen beken snelden naar u ornlaag
en met hen ook mijn hart en gij naamt ons mee,
voort naar de stil-verheven Rijn, naar
steden en eilanden in de verte.
Schoon dunkt mij deze wereld nog, ja mijn oog
verlangt naar alle vreugden der aarde, naar
de gouden Paktolos, naar Smyrna's
oever en Ilions woud. Ach, mocht ik
bij Sounion eens landen en’t zwijgend pad
naar uwe zuilen vragen, Olympion!
nog eer de stormwind en de tijd ook
u in het puin van Athene's temples
en van haar godenbeelden begraven zal;
want lang reeds eenzaam staat gij, o’s werelds trots,
die niet meer is. En o gij schone
Ionische eilanden! waar de zeelucht
De hete oevers koelt en het lauwerwoud
doorsuizelt, als he tonlicht die wijnstok warmt,
ach, waar een gouden herfst va’t arme,
landvolk de zuchten inzang verandert,
als hun granatboom rijpt, alsuit groene nacht
de pomeranzen blenken, de mastixboom
druipt van de hars en pauk ein cimbel
bij labyrinthische dans weerklinken.
O eilanden, wellicht dat mijn goede geest
Mij éénsnog tot u brengt, maar ook dan zahl ik
U niet ontrouw zijn, Neckar, met uw
Lieflijke weiden en wilgebomen.
„Blauwachtig“ - ich werde einige Gedichte über „Blau(es)“ sammeln. Da gibt es ein Blau-Buch, das ich suche mich in meiner Bibliothek. (Zwei Umzüge habe da einiges in Unordnung, in Blau-Loses, ver- oder ge-bracht.
Zum Trost - weil heute fast ein blaureiner Frühlingstag ist, den ganzen Neckarschen Hölderlin:
Der Neckar
In deinen Tälern wachte mein Herz mir auf
Zum Leben, deine Wellen umspielten mich,
Und all der holden Hügel, die dich
Wanderer! kennen, ist keiner fremd mir.
Auf ihren Gipfeln löste des Himmels Luft
Mir oft der Knechtschaft Schmerzen; und aus dem Tal,
Wie Leben aus dem Freudebecher,
Glänzte die bläuliche Silberwelle.
Der Berge Quellen eilten hinab zu dir,
Mit ihnen auch mein Herz und du nahmst uns mit,
Zum stillerhabnen Rhein, zu seinen
Städten hinunter und lustgen Inseln.
Noch dünkt die Welt mir schön, und das Aug entflieht
Verlangend nach den Reizen der Erde mir,
Zum goldenen Paktol, zu Smyrnas
Ufer, zu Ilions Wald. Auch möcht ich
Bei Sunium oft landen, den stummen Pfad
Nach deinen Säulen fragen, Olympion!
Noch eh der Sturmwind und das Alter
Hin in den Schutt der Athenertempel
Und ihrer Gottesbilder auch dich begräbt,
Denn lang schon einsam stehst du, o Stolz der Welt,
Die nicht mehr ist. Und o ihr schönen
Inseln Ioniens! wo die Meerluft
Die heißen Ufer kühlt und den Lorbeerwald
Durchsäuselt, wenn die Sonne den Weinstock wärmt,
Ach! wo ein goldner Herbst dem armen
Volk in Gesänge die Seufzer wandelt,
Wenn sein Granatbaum reift, wenn aus grüner Nacht
Die Pomeranze blinkt, und der Mastixbaum
Von Harze träuft und Pauk und Cymbel
Zum labyrinthischen Tanze klingen.
Zu euch, ihr Inseln! bringt mich vielleicht, zu euch
Mein Schutzgott einst; doch weicht mir aus treuem Sinn
Auch da mein Neckar nicht mit seinen
Lieblichen Wiesen und Uferweiden.
(Es ist die Umarbeitung des Gedichts »Der Main«. Entstanden 1800, Erstdruck 1800)
Ad den Besten hat eien kluge Übertragung gefunden; in der Wortwahl und in Sprachformen hält er die Waage zwischen Übernahme und Neuwortung.
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Samstag, 6. April 2013
"B l a u w a c h t i g" [ndl.]
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