Ver/gebliche B r i e f c h e n # 4
Das Gegenteil von einem Fehler ist auch ein Fehler
Ein Klassen-Buch – Lesen für eine versammelte Mannschaft -
Unschaunbares Örtchen, an meinem Lieblingsfilm-, pardon:-fluß Niers/bei Goch:
Es warten noch ihrer Andere. Ich habe sie nicht vergessen. Aber insbesondere will ich diessn 13 Abiturienten – im REIFE -Verfahren von anno 1965 be/über/übel-denken:
„Wir alle müssen das Leben meistern. Aber dieeinzige Art, das Leben zu meistern, besteht darin, es zu lieben.“ Georges Bernanos - schon vergessener, französischer Schriftsteller (1888 -1948).
Wen und für wen oder was wurde das diskutiert? Wurde es verordnet ... aus den Tagen, als Priester oder Präfekten oder Präfakten-Nachahmer den Georges Bernanos verehren mussten wg. seines Katholizisimus: Tagebuch eines Landpfarrers?('Ich gesteh, ich hab's zu lesen versucht; es war erbärmlich in seiner Weltflucht; stilitisch langweilig; in den Fakten unerheblich.')
Ein Klassenbuch, erstellt nachträglich von A. Reyntjes - Lesen für eine versammelte Mannschaft – einen fünfig-jährigen Treff (ca. 2015) nachdem hat es eine Zusasmamenkunft nicht gegeben; Komischc, wie die Bande sich zersprengt hat:
Es warten noch ihrer andere, aber ich habe sie nicht vergessen. Aber insbesondere will ich diesen 13 Abiturienten – im Post-REIFE-Verfahren von anno 1965 bedenken:
Da sind für alle von uns Geschichten, die ich irgendwie den Trägern zuordne:
Werner Bergengruen: Der grüne Kasten - eine literarische Kostbarkeit (wie ich es empfinde):
Lieber E. M.:
Ein Klassenbuch – Lesen für eine versammelte Mannschaft -
Es warten noch ihrer andere. Ich habe sie nicht vergessen. Aber insbesondere will ich diessn 13 Abiturienten – im REIFE-Verfahren von anno 1965 bedenken:
Ein typischer Vor/Schlag, der Wirklichkeit wurde, ohne dass darüber*in abgestimmt wurde
:„Wir alle müssen das Leben meistern. Aber die einzige Art, das Leben zu meistern, besteht darin, es zu lieben.“ Georges Bernanos - französischer Schriftsteller (1888 -1948).
… ergo. ein AnTeil.. für Dich:
Du warst immer interessiert an deutscher Literatur; auf Dein Zimmer war ich nie; keine Ahnung, warum; ein bisschen eigen warst Du schon, aber verlässlich gegenüber den ewig plappernden, schräg-sportlichen Teil der Klassenkameradschaft: … Bist auch Deutschlehrer geworden; und mit Dir konnte Jahre später, einmal auf der G., dann einmal am Telefon, als Du Deine Frau verloren hatrest, ausführlich sprechen ...
Dann zum Bergengruen
Werner Bergengruen: Der grüne Kasten
>> Dazu einige Texte, die ich in einem Forum als Vorschlag anregte Und andere mir geholfen haben):
https://www.seniorenportal.de/seniorentreff/de/diskussion/archiv4/a441.html
Werner Bergengrün: Der grüne Kasten (verfasst 1916)
Nalewski heißt eine lang gestreckte, einige Male stumpfwinklig gewundene Straße in Warschau. Hier wohnt das Volk Israel Haus an Haus, Laden an Laden, in Enge, Gerüchen und Geschrei. Buntfarbige Namen prahlen auf grellen, mit primitiver Eindringlichkeit gemalten Firmenschildern. Viel Armut und Elend ist hier, viel Herzenshärtigkeit und Geldgier, viel ängstlich versteckter Wohlstand, aber auch viel verborgenes Sehnen und Ausschauen nach dem heiligen Sterne Zions.
Eins der niedrigen hölzernen Hinterhäuser in dieser Straße gehörte dem Händler Aaron Zitron. Es sah aus, als sei noch kein Strahl einer höheren und reicheren Freude in seine Fenster gefallen. Zwischen zwei mehrstöckige Nachbargebäude eingezwängt, blickte es scheu und geduckt wie ein verprügelter Hund auf den engen, schmutzigen, übel riechenden Hof.
Im Keller dieses Hauses wohnte in einem feuchten, halb finsteren Gelass Chaim Pruzanski, der taube Narr. Außer Aaron Zitron, dem Bruder seiner Mutter, gab es keinen Menschen, der sich um ihn kümmerte. Da er zurückgeblieben am Geiste und verkrüppelt am Körper war, galt er den Leuten als der von Gott Gezeichnete, der gestraft ist um der Sünden seiner Väter willen. Denn die Juden von Nalewski sind ein frommes Volk.
Chaims kleine verwachsene Gestalt mit dem großen, tief zwischen den Schultern ruhenden Kopf, dem leicht gekrümmten Rücken und dem seltsam schleifenden Gang war allen Bewohnern der umliegenden Straßen vertraut. Täglich um dieselbe Stunde ging er denselben Weg und immer lag derselbe Zug von gelassener und gegenstandsloser Heiterkeit um seine großen, etwas vorstehenden Augen, um den stets geöffneten, länglichen Mund mit den fahlen Lippen. Chaims Dasein drehte sich um zwei Pole. Der eine war Aaron Zitron. Er kleidete, nährte, beherbergte ihn und flößte ihm Furcht ein. Chaim empfand jedoch diese Furcht als notwendig, verwachsen mit seinem Leben. jeden Morgen empfing er von Aaron einige Pack Streichhölzer und jeden Abend lieferte er den Erlös und den Rest seiner Ware ab. Der Oheim war ein misstrauischer Rechner und zählte beides genau durch.
Verkörperten sich so für Chaim alle trüben Notwendigkeiten in Aaron Zitron, so sprang auf der anderen Seite eine unversiegliche Qelle, die ihn immer wieder mit Trost und Heiterkeit tränkte. Das war der andere Pol im Leben des tauben Narren und er bestand in nichts mehr als dem hölzernen Warenkasten eines alten Juden, der mit Schuhwichse, Schnürsenkeln, Zigaretten und Apfelsinen hausierte. Chaim hatte seinen Standplatz am Wiener Bahnhof und auf dem Wege dahin begegnete er täglich dem Alten. Nie hatte er ihm einen Blick geschenkt, nie seine Züge sich einzuprägen gesucht. Er war ihm nur der zufällige Träger, der gleichgültige Diener eines Gegenstandes von unerhörter Kostbarkeit. Aber der Kasten, der Kasten! Breit und massig war er gebaut, prachtvoll grün gestrichen, innen und außen. Und die Innenseite des stets geöffneten Deckels zeigte auf giftgrünem Grunde ein himmelblaues Stück Meer neben einem schneeweißen Hause, dessen vorspringendes Dach von zwei Säulen gestützt wurde. Und zwischen Haus und Meer stand in fröhlicher Unbekümmertheit um alle Gesetze der Perspektive eine violett gekleidete Dame mit rabenschwarzem Haar und hielt in der hoch erhobenen Hand eine Dose mit Schuhwichse zum Himmel empor. Diese sandte ihrerseits zwei grelle, breite Strahlen in Gestalt eines schwefelgelben und eines knallroten Balkens aus, die an der grünen Umrahmung wie abgebrochen aufhörten.
Dieses Bild war für Chaim der Inbegriff des Schönen und Erhabenen. Die violette Dame, das blaue Meer, das säulengeschmückte Haus und nicht zuletzt der gelbe und der rote Strahl erschienen seinem armen Geiste als Bürgschaft einer höheren Welt, Verheißung einer unfassbaren, leuchtenden Herrlichkeit, die irgendwo bereitliegen musste. Einmal, das fühlte er, musste sie offenbar werden und ihren Glanz auch über ihn ausgießen. Nie hätte er gewagt, sich diesen Kasten in Gedanken an Stelle des armseligen, geflochtenen Weidenkorbes zu wünschen, in welchem er seine Streichhölzer trug. Ihm genügte es, ihn täglich im Vorbeigehen anzusehen und alles an ihn zu verschwenden, was an Fähigkeit zu Liebe und Verehrung im aschenhaften Düster seiner Natur flackerte. So betet der primitive Mensch ein selbst geschnitztes Stück Holz an, in welchem er doch in höheren Augenblicken Ausdruck und Träger seiner eigenen, noch unerschlossenen Empfindungswelt ahnt.
Chaim Pruzanski spürte es nicht, dass die Zeit ein anderes Angesicht gewann. Wie immer stärkte er seine arme Seele im Anschaun des grünen Kastens, wie immer rief er klagend: »Spitschki! Zapalki!«Wie immer tauschte er seine Waren gegen die großen kupfernen Geldstücke und nahm es ohne Neugier hin, dass die Soldaten in den grünlich grauen Hemden immer mehr in der Zahl seiner Kunden überwogen. Er achtete kaum darauf, dass das Leben in der Stadt hastiger und nervöser wurde; bis ein Tag kam, der ihm das ganze Bild der Welt zerriss.
Riesige graue Menschenmassen hasteten durch die Straßen, Wagenzüge, Reiter, Geschütze. Mit Offizieren überfüllte Autos suchten sich einen Weg zu bahnen, oft vergebens trotz aller Rücksichtslosigkeit. Betrunkene Soldaten schleppten Waren aus den Läden. Die Häuser schlossen sich. Das Volk verschwand von den Straßen, die sich immer mehr mit den Scharen der Soldaten füllten.
Und der Taube, dem sich das Geschehen um ihn nicht so deutlich mitzuteilen vermochte wie den anderen, fühlte sich plötzlich vom Strudel erfasst, verschlagen, abgeschnitten von allem Vertrauten. Eine jähe Bestürzung sprang ihn an, eine ratlose Furcht vor dem Unbekannten und Unbegreiflichen, das um ihn geschah.
In dieser Not fiel ihm der grüne Kasten ein. Er war Trost, Ebenmaß und Harmonie in dieser toll gewordenen Welt. So schnell ihn die schwächlichen Beine schleppten, eilte Chaim der Straßenkreuzung zu, an welcher der Alte zu stehen pflegte. Dort herrschte der gleiche Wirrwarr. Soldaten, Soldaten, Soldaten. Einige stießen und drängten sich auf dem Bürgersteig, kniend, suchend, aufhebend. Und als Chaim näher kam, sah er im Rinnstein zertrümmert den grünen Kasten liegen, in dessen verstreuten Inhalt sich gierige Fäuste teilten.
Einen Augenblick stand der Narr wie versteinert. Dann bückte er sich, um die Bruchstücke zu retten. Heißer, nach Schnaps riechender Atem quoll ihm entgegen. Ein vollbärtiger, weißblonder Soldat mit rotem Gesicht, der seine Mütze im Gedränge verloren hatte, brüllte ihn an.
Der Taube spürte die Feindseligkeit in Gesichtsausdruck und Gebärde.
»Belieben Sie doch, Herr, mich in Ruhe zu lassen«, flehte er, und als sei damit alles erklärt, fügte er hinzu: »Das ... das ist doch der grüne Kasten!«
Man stieß ihn zurück, schlug ihm den Streichholzkorb aus der Hand und die Mütze vom Kopfe. Grinsend warf ihn einer dem andern wie ein Bündel zu. Schläge, Stöße, Fußtritte trafen ihn, bis er endlich blutend einen Ausweg aus dem Gedränge gewann und nach Hause flüchtete.
Chaim Pruzanski kauerte, noch an allen Gliedern zitternd, in seines Oheims Stube und starrte durch das zerschlagene Fenster in den Hof, der sich allmählich mit Dämmerung füllte. Im Hause sah es böse aus. Die Möbel waren zertrümmert, Schränke und Kästen umgestürzt, alles Brauchbare weggeschleppt. Wäschestücke, Lumpen, zerbrochene Teller und Schüsseln lagen in wirrem Durcheinander auf dem Fußboden. Von einem der trunkenen Plünderer vergessen, stand in einer Ecke ein Gewehr.
Aaron Zitron war nirgends zu finden. Die Nachbarn zuckten die Achseln.
Die ganze Nacht hockte der Narr zwischen den Trümmern. Die Welt war zerfetzt, es gab nichts mehr, das sein Leben stützen und schmücken konnte. Zitron ließ sich nicht blicken, der grüne Kasten war zerschlagen.
Endlich kam ihm der Gedanke, dass er etwas tun müsse, dass er nicht ewig hier in der wüsten Stube kauern könne. Zum ersten Male sah er Entscheidung und Entschluß von sich gefordert.
Er fand die einzige Zuflucht. Gegen Mittag verließ er langsam das Haus, um in die Weichsel zu gehen.
Die Straßen wimmelten noch immer von Menschenmassen in grauen Uniformen. Aber statt der flachen Tellermützen oder der hohen Lammfellkappen trugen sie graue Helme mit Spitzen. Chaim achtete nicht auf sie, sondern setzte unbeirrt seinen Weg fort.
Fast war es das alte Lächeln voll Ruhe und Heiterkeit, das auf seinem blassen Gesicht lag.
An einer Straßenkreuzung staute sich Bettelvolk um einen Wagen mit Schornstein und großem, hochgeklapptem Deckel. Ein Soldat schüttete geringschätzig den Leuten übrig gebliebenes Essen aus einer großen Kelle in die bereitgehaltenen Näpfe und Eimer. Chaim blieb stehen, wie ein Tier überfiel ihn der Hunger. Im Schmutz der Straße sah er eine leere Konservenbüchse, hob sie auf und drängte sich an den Küchenwagen. Der Soldat blickte ihn an, grinste und füllte ihm die Dose. Chaim schlang das dampfende Gemenge hinunter. Dann kehrte er entschlossen um und ging wieder dem Hause seines Oheims zu.
Allein der erste eigene Entschluss, der sich seiner Dumpfheit entrungen hatte, der Gedanke des Sterbens, geboren aus Hilflosigkeit und Verzweiflung, war gedacht und hatte Leben gewonnen. War aus ihm hinausgetreten und wirkte.
Die Granaten, welche die Geschütze der weichenden Russen über die Weichsel warfen, haben in Warschau wenig Schaden angerichtet. Eine von ihnen aber erfüllte das Schicksal des Chaim Pruzanski.
(Aus: W.B.: Baltische Erzählungen. München 2000: nymphenburger verlag. S. 124 - 130)
*
Die Herausgeberin N. Luise Hackelsberger, Bergengrüns Tochter, gibt als Entstehungszeit dieser bis 2000 nicht veröffentlichten Geschichte im Nachwort "um 1918" an. Sie schreibt dort näherhin: "Die früheste der Erzählungen 'Der grüne Kasten' in der Zeit des Ersten Weltkriegs geschrieben, wird hier erstmals veröffentlicht. In prägnanter und zupackender Sprache erscheint uns Heutigen das Geschehen so aktüll wie zur Zeit der Entstehung." - Ich sehe in der Erzählung eine exemplarische Auseinandersetzung mit dem Schicksal des jüdischen Volkes als der fremden, unerwünschten Ethnie, die "nur" die Gemeinschaft einer "anderen", unbekannten Religion im Grenzbereich zwischen Deutschland, Polen und Russland war. Die tödliche Auseinandersetzung ist hier durch die Soldaten gekennzeichnet, von denen im mörderischen Schluß die russischen Uniformen und Waffen explizit benannt sind.
Die Symbolik des "grünen Kastens" erscheint mir als eine kleine, magisch ersehnte Allegorie eines auf das Sehen und ungestalten Sprechen eingeschränkten, tauben Armen, der in der wundervollen Gestaltung des "Bauchladens" eines Hausierers eine kleine Sehnsucht aufblitzen sieht, die ihm in der gemalten, ungewöhnlich farbigen "violetten Dame" und ihrer strahlenden Herrlichkeit ein Stückchen Paradies, ein wenig Heimat, im entsetzlichen Alltag im Warschau des Ersten Weltkriegs. Die offensichtlich erschütternden Worte "Spitschki! Zapalski!" wurden von Bergengrün nicht übersetzt. Dem Leser, wenigstens mir, ist die Geschichte ein Psychohistorie, ein Organon, das mir, wie dem Chaim in der Geschichte, in dieser Imagination und Intention meine "Seele" "stärken", meine Achtung vor anderen Religionen und ihren Betern fordern kann. )
*
Anmerkungen:
Das
Jüdische Ghetto in Warschau heisst Nalewski. Der Historiker Emanül
Ringelblum beschreibt in seinen Tagebüchern aus dem Ghetto in
begeisternder Sprache das kulturelle Leben dort, die Atmosphäre
zwischen Schulen, Universität und den vielen Geschäften entlang der
Leschnostasse und Nalewski Strasse (Nalewski ist auch eine Strasse,
die es immer noch gibt). Weiter schreibt er über die Atmosphäre
nach Feierabend, von Konzerten und Dichterlesungen wie z.B. von
Sholem Alejchem. Ringelblum wörtlich: "An jedem Tag in dieser
Zeit wurde mit voller Kraft gelebt".
Die schwersten Angriffe
und grössten Vernichtungen durch die Nazis fanden zwischen Nalewsi
und Muranowski Square statt - Wer einen Stadtplan hat - die Nalewski
Strasse geht vom Muranowski Square ab.
# Herzenshärtligkeit... ist ein absolut seltenes im Deutschen; es kommt vor im den 20./30. Jahren, bei Ernst von Wildenbruch oder Oskar Loerke. Vgl.: https://www.projekt-gutenberg.org/info/search/search.php
# Zapalki heisst Streichholz auf Polnisch. Spicka ("Spitschka" gesprochen) heisst Streichholz auf Tschechisch. So wird die Erzählung ein Exempel, nicht als Märchen von den Schwefelhölzern, sondern eine einmalige Geschichte zur Geschichte der Menschen.
*
Die
Nalewki ist eine einen großen Teil des jüdischen Hitler-Ghettos
durchziehende Straße. Mit ihren Seiten- und Nebenstraßen wurde das
ganze Gebiet (Nowolipki-Swietojerski, Gesia - Franziskanska, Mila,
Muranowska, Niska ) zum letzten Widerstandsnest in den grauenvollen
Tagen des Aufstandes im Warschauer Ghetto.
Hier stand nach der
Befreiung Polens durch die Rote Armee kein Stein mehr auf dem
anderen. Ganz wenige Häuser in der Panska ( Nähe Hauptbahnhof ) und
eine Markthalle erinnern an die "echten" zeitgenössischen
Häuser. Übrigens Jugendstil-Vorderhäuser mit vielen, vielen
Hinterhöfen. Vor der Ghettoisierung lebten in dieser Gegend, die
sich im Westen bis zur Mlynarska erstreckte sehr viele Juden, aber
auch Menschen anderen Glaubens. Viele v.a. reichere assimilierte
Juden wohnten aber auch in allen anderen Stadtteilen Warschaus, bis
sie eben unter unmenschlichen Hygiene- Wohn- und
Grundnahrungssicherungen in dem mit Mauer umgebenen Ghetto zu leben,
zu vegetieren gezwungen wurden.
*
Vgl. Zborowski, Mark und
Herzog, Elisabeth "Das Städtl". Die untergegangene Welt
der osteuropäischen Juden. Beck, 1992.
*
Was ich in dieser
Geschichte, die ja im ersten Weltkrieg spielt, nur ahnte, kann ich
jetzt belegen - auch mit der genannten Literatur, z. B. Basil Singer und
Emil Francos. Diese Geschichte "Der grüne Kasten" ist vom
Thema und dem realistisch knappen Stil her untypisch für
Bergengrün und von ihm selber gar nicht veröffentlicht worden,
sondern erst von seiner Tochter im Jahre 2000. Wahrscheinlich
vermochte Bergengruen die Wirkung einer solchen Geschichte -
insbesondere nach der Judenverfolgung, ja, des europäischen
Holocausts - nicht einzuschätzen. (Andere Texte mit jüdischen oder
christlich-antijudaistischen Themen sind mir von Bergengruen nicht
bekannt.)
Tatsächlich muss der Krüppel Chaim täglich mit einigen Päckchen Streichhölzern in einem Weidenkörbchen los und muss sie in der Bahnhofsgegend tschechisch und polnisch anpreisen.
Den Bezirk Nalewski hat W. B. als Zentrum des jüdischen Lebens in Warschau beschrieben, der auch schon beim damaligen Einmarsch der Russen sehr gelitten hat. Und der Chaim wird von den Granaten "der weichenden Russen" noch getroffen und getötet.
Eine Erzählung, die lange v o r dem Holocaust spielt und uns trotzdem von den Leiden der einfachen und armen Juden in ihrem Viertel mitteilt; lange bevor 1943 der SS-General Stroop das Ghetto liquidierte und nach dem Massaker abschließend mitteilte: "Es gibt keinen jüdischen Wohnbezirk in Warschau mehr."
*
Vgl. neuerdings: den Film von Roland Polanski: "Der Pianist":
Wladyslaw Szpilman , Wolf Biermann (Mitarbeiter): Der
Pianist.
Berlin: Ullstein Taschenbuchverlag 2002.
*
http://www.taz.de/pt/2002/05/28/a0159.nf/textdruck
http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/kulturzeit/tips/38265/index.html
"Der Pianist" ist Polanskis persönlichster Film...Der Film spielt im Warschauer Ghetto und zeigt die Judenvernichtung dramatischer, realitischer und humanistisch-versöhnlicher Absicht.
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