S t i l -S e r i e (plus Nachtrag): Alles – was – mensch – s c h n e i d e n – kann; muss man – nicht b r e c h e n.
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Quicke, ja: quicklebendig-hurtige ... Prosa der 2025-Jahre?: „Katia Mann wird zum Mutter-tier.“ (Florian Illies: Wenn die Sonne untergeht. Ffm. S. 63; **])
Von einer Herabwürdigung eines biologischen Begriffes des mütterlichen/weiblichen Tieres – zu einem unqualifzierten Attribut:
Ein Beispiel eines gender-tümlichen Sinnenwandels im Verbalen; gemeinhin Stil genannt:
# Hellmuth Karasek (Aus der ZEIT Nr. 06/1973. - 09. 02.1973, 8:00 Uhr
Aus dem Horror-Kabinett: Der Hitler des "Kampfes" – das wirkt heute zwangsläufig wie eine ungute Vergangenheitsfigur aus einem psychologischen Horror-Kabinett – eine Figur, deren Selbstmitleid mitten im Satz in puren Terror umschlägt, die bei der Erinnerung an die "Phäakenstadt Wien" unverhüllt obszönen Sexualneid produziert, der sich dann folgerichtig in einer "Weiberverachtung", in der Herabwürdigung der Frau zum bloßen Muttertier niederschlägt.
... oder ein anderes Wort-Exempel (Die Zeit, 25.05.1973)
"Eine jungfräuliche Heilige, eine unnahbare Medusa, eine kokette Hure und ein treues, warmes Muttertier: vier Bergman-Frauen, fragile und unberechenbare Wesen, Schizophrene, Kunstgeschöpfe, anziehende, gefährliche, rätselhafte Kreaturen, wie eine seltene Tiergattung im Zoo mit gebanntem Staunen, Verwirrung und Faszination beobachtet."
Vom „Muttertier“ - eine verbal hingerotzte Bezeichnung eines nur vagen Hintergrundes – reicht, sollte nicht reichen – um eine Bereitschaft und beseeligende Kraft einer Frau und Mutter - ja: auch Großmutter (vgl. das Beispiel Frido Manns) als Leben und Streben und Lieben zu beschreiben - sollte nicht qualifizierend den Duktus eines Schreibers annehmen, der angenehm daher-phantasieren möchte. (Da setzt die gewollte Per-, äh:Prae-, pardon: Pejorisierung dumm-modische Akzente ...)
*] Der Bildschnuck dieses Porzellan-Desings belebt in mir die Erinnerung an unsere Familie auf einem Bauesnrshof in Goch-Vossheide: dem Pannofen; dort hatten wir als niederländische Familie die Barbarei der Nationalsozialisten überlebt; dieses GeSchirr war als eine besondere Habe, vor dem Bauernhof in einer Kiste in dies Erde vor dem Lindenbaum eingegraben; nachdem eine kleine kanadische Fermeldeeinheit März 1945 auf unserem Hof stationiert war, die Habe wieder ausgebuddelt; viel Geschirr zerbrach nach dieser Bergung, einfach im Schrank stehend, mit leisen Klirren; für mir gibt die kleine Gabe einen NachGeSchmaCk an unsere Mutter; die wir, die acht Kinder, von ihr geboren und gesäugt, niemals ein Muttertier nennen könnten. [niedergeschrieben am 2./3. Nov. - dem Namenstag meiner Mutter]
**] Illies (und sein Verlag, vertreten durch Lektoren) erlauchen sich viele Sprachschnitzer, als da geschrieben steht (S. 76f.): "Er [Th.M.] wird seinen eigenen Gönnerinnen später immer das schöne Beispiel von Hesses Haus vor Augen führen, um ihnen auf die Sprünge zu helfen, aber sie wollen nicht springen." - Finden Sie das stilistsch gut? In mir regt sich der Widerspruch; er hätte semantisch ein-deutlicher werden können: '... aber sie wollten sich finanziell nicht bewegen'. - Ergo: Wer redete so: Sprache als surrendes Kleid der gängigen Gedanken?
P.S.: Ich lese gemächlich, mit positivem Empfinden:
Illies (S. 89): „Am 22. April vermerkt das Tagebuch von Thomas Mann: 'Man schläft zu wenig.' Aber in diesem April müsste es inhaltlich und grammatikalisch korrekter wohl heißen: Die Manns schlafen zu wenig.'"
Dort wo ein emotional-individueller Sachverhalt in protokollarischer Wiedergabe in eine Kritik umschlägt, besserwisserisch, ja übergriffig - vermeldet wird, ist mein Stilempfinden gestört; denn dort wird ein psycho-sexuelles Verhalten, der „Schlaf“, wie es „inhaltlich“ heißt, nachempfunden, das ist ungehörig für eine nachempfundene Biografie; denn Illies schreibt selber über das Schlafverhalten des „Herrn Mann“, das von Katia Mann vorsorglich dirigiert wird; man könnte sich Gedanken machen, wie Frau Mann geschlafen haben könnte; sie muss die Missempfindlichkeiten ihres Gatten temperieren, der sich völlig selbst-verständlich ihr und dem Tagebuch preisszugeben beliebt – ja, uneingeschränkt kann:Tag und Nacht!
Zum Dritten:
Florian Illies gelingt ein schönes prodesse et delectare, Seite für Seite: Chronologisches, Jahreszeitlich-Betuchlich-Romantisches; stilistisch Gelungenes, Originales in der sozialen Biografien - zu einem gefälligen Text zu verweben. Chapeau!
Aber auch den vielen achtsamen Seiten gibt es auch Fehlstellen:
„Aber auch ihr Vater hört es mit Rührung (und Genugtuung, weil sein Bruder sich 'beglückwünschend über die Begabung der Kinder äußerte.'“
Wer gratuliert <hier, in diesem Satz!> wem: Heinrich gegenüber Thomas; oder: 'beglückwünscht' er sich selbst? Dann hätte es sich gehört, den Satz so zu drucken: „Aber auch ihr Vater hört es mit Rührung (und Genugtuung, weil sein Bruder sich 'beglückwünschend über die Begabung der Kinder äußerte.'“
?Ach, ja: Wer spielt so, dass man{n} (Heinrich!) sich beglückwünschen darf: Bibi an der Geige und Medi am Klavier – was ich zum Mannschen Glück, hinzufügen muss; und pardauzBellen?, Illies weiß auch, was da Musikalisches gespielt wurde, dass man{n} sich begeisternn konnte (nachzulesen auf S. 130)!
* pardauz, bardauz Interjektion Schallwort für die lautliche Nachbildung eines Knalls sowie eines Geräusches beim Fallen, pardues (nd.), pordutz (Mitte 17. Jh.), perdutz (Adelung 1777), pardautz (Campe 1809); verkürzt bauz (18. Jh.). Vgl. lautnachahmendes bauzen Vb. ‘bellen, kläffen, grunzen’ (16. Jh.), das freilich auch vom nachgebildeten Hundelaut bau-bau (für wauwau, s. d.) beeinflußt sein kann.“[dwds.de: https://www.dwds.de/wb/pardauz] - War mir nicht bekannt!
* Und schon lese ich weiter ...

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